Essen. Eine Politik, die Themen verengt, Ängste schürt und Lügen verbreitet, spaltet die Gesellschaft. NRZ-Chefredakteur Ralf Kubbernuß kommentiert die US-Wahl.
Donald Trump hat die US-Wahl gewonnen! Als er 2016 antrat, um Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, lag es hierzulande für viele außerhalb der Vorstellungskraft, dass so eine – freundlich formuliert – eigenartige Figur ins Weiße Haus einziehen könnte. Acht Jahre später hatte jetzt kaum noch jemand in Frage gestellt, dass ein Mann auch Präsident werden kann, wenn er behauptet, Migranten würden in Springfield Katzen und Hunde essen.
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In den zurückliegenden Jahren war es nicht gelungen, die von Trump während seiner ersten Amtszeit tiefer gebuddelten Gräben zuzuschütten, die von ihm angefachten Feuer auszutreten. Im Gegenteil: Amerika ist tief gespalten. Es scheint kaum mehr möglich, dass jemand den Graben überwindet. Und sei es nur, um dem anderen zuzuhören, seine Argumente abzuwägen, mit ihm zu diskutieren.
Stattdessen hat sich die Politik in zwei Lagern verschanzt, vor allem Trump schürte Neid und Ängste, nahm dabei die gesellschaftliche Spaltung in Kauf, um seine Ziele zu erreichen. Die Rechnung ging auf: Dass er am Ende so klar und deutlich vor seiner Gegnerin lag, hatte kaum jemand kommen sehen. Ebenso lässt es sich kaum vorhersagen, was seine zweite Amtszeit und die deutliche Senatsmehrheit für die Republikaner für Amerika und die Welt bedeuten.
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Im Wahlkampf hatten sich die beiden Lager vor allem auf zwei große Schlachtfelder konzentriert: Wirtschaft und Migration. Dort können besonders leicht Emotionen geweckt, populistisch Ängste geschürt und Neid erzeugt werden, bis daraus blanker Hass entsteht.
Der Nährboden dafür: Viele Menschen, besonders in den mittleren und unteren sozialen Schichten, fühlen, dass am Ende des Geldes immer mehr Monat übrig bleibt, während oben die Gewinne steigen und der Wohlstand wächst. Viele haben - teilweise geschürte - Angst davor, dass es für sie persönlich weiter bergab geht. Und dann wählen sie den, der das Gegenteil verspricht. Womöglich übersehen Sie dabei, welchen Preis sie am Ende für die Chance auf ihr persönliches Wohlergehen zahlen. Worüber reden wir hier? Über Amerika? Über Deutschland?
Wenn wir zulassen, dass die politische Diskussion auf wenige Themen reduziert wird, die vor allem unsere Emotionen ansprechen, man sich nicht mehr zuhört, sich Lager bilden, Ängste wie Neid geschürt und Lügen verbreitet werden, dann können wir beim Blick über den Atlantik möglicherweise in unsere eigene Zukunft schauen.