Essen. Was kann man gegen Arthrose machen? Und wann lohnt sich eine Operation? Solche Fragen haben drei Fachärzte bei der NRZ-Telefonaktion beantwortet.

Viele sind seit Jahren betroffen, ohne es zu wissen. Arthrose wird häufig erst dann entdeckt, wenn die zunächst schleichende Entwicklung Fahrt aufnimmt und Bewegung immer schmerzhafter wird. Zu diesem Thema konnten sich betroffene Leserinnen und Leser im Rahmen der NRZ-Telefonaktion an Fachärzte der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Rheumatologie am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch wenden. Rede und Antwort standen hier Chefarzt Dr. Tim Claßen, Oberarzt Michael Metz und Oberarzt Frank Lorenz. Für alle, die nicht teilnehmen konnten, fassen wir die wichtigsten Fragen und Antworten zusammen.

Eine 86-Jährige Patientin hat Arthrose in mehreren Gelenken. Sie berichtet: An meinem linken Oberarm wird es immer schmerzhafter. Ich habe versucht, es mit einer Eigenbluttherapie in den Griff zu bekommen, aber das hat nicht besonders gut funktioniert. Was kann man noch tun?

Claßen: Wenn es Schmerzen im Oberarm sind, ist wahrscheinlich das Schultergelenk von der Arthrose betroffen. Das Problem ist, dass man die Arthrose nicht wieder rückgängig machen kann. Man kann entweder die Schmerzen mit Medikamenten lindern, Physiotherapie durchführen oder operativ ein künstliches Gelenk einsetzen. Aber ob eine OP notwendig ist, ist davon abhängig, wie stark die Schmerzen sind. Das müssen Sie selbst entscheiden.

Eine Patientin fragt: Kann man auch in Händen und im Gesicht (Kiefer) Arthrose bekommen? Was kann man dagegen machen?

Metz: Im Gesicht eigentlich nicht, da dort bis auf die Kiefer keine Gelenke vorkommen. In den Finger und Händen kann Arthrose auftreten, weil die Gelenke verschleißen. Im Kieferbereich kann man operativ nichts machen. Man könnte womöglich Spritzen setzen oder den Kiefer per Physiotherapie mobilisieren. Bei den Fingergelenken hilft Ergotherapie. Von Arthrose in den Fingergelenken sind vor allem Frauen nach den Wechseljahren betroffen. Das hat hormonelle Ursachen.

Eine Anruferin berichtet von einer Großzehengrundgelenksarthrose. Sie habe Einlagen getragen, gekühlt und nehme Schmerzmittel. Sie fragt, was ohne Operation noch gemacht werden könne.

Lorenz: Vielleicht hilft es, nochmal passende Einlagen zu finden. Damit kann das Gelenk entlastet werden. Dabei kann ein Orthopäde helfen. Bandagen helfen nur, wenn die Arthrose noch nicht zu weit fortgeschritten ist. Und Schmerzmittel dauerhaft zu nehmen, ist nicht die Lösung. Wenn das Gelenk zerstört ist, dann macht es Sinn, es zu versteifen. Dazu gibt es Abrollhilfen für die Schuhe, die das Laufen erleichtern. Für eine Operation sollte man sich einen Arzt suchen, der auf Fuß-Chirurgie spezialisiert ist.

Frank Lorenz ist Oberarzt am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch.
Frank Lorenz ist Oberarzt am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Eine 78-jährige Patientin möchte wissen: Ich habe schwere Arthrose in beiden Händen, die Feinmotorik ist schon nicht mehr da. Reicht das, um eine Pflegestufe zu beantragen? Außerdem habe ich unruhige Beine und einen Gesichtsschmerz.

Metz: Wenn es sich nur um eine Fingerarthrose handelt, reicht es wahrscheinlich nicht für eine Pflegestufe. Was den Gesichtsschmerz und die unruhigen Beine betrifft, ist dies eher kein orthopädisches Problem. Hier sollten Sie sich mit ihrem Hausarzt in Verbindung setzen. Der kennt Ihre gesamte Krankengeschichte. Bezüglich der Pflegestufe kann dann gegebenenfalls der Medizinischen Dienst der Krankenkasse kontaktiert werden.

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Eine Anruferin berichtet von ihrer Omarthrose im Schultergelenk mit einem Sehnenabriss. Dazu sei auch das Kniegelenk betroffen. Ihr Arzt habe ihr gesagt, beide Gelenke müssen operiert werden. Sie fragt: Gibt es dazu eine Alternative? Wenn nicht, welches sollte zuerst operiert werden? Und wie viel Zeit muss zwischen den OPs liegen?

Lorenz: Bezüglich des Schultergelenkes: Das hängt davon ab, wie groß der Verschleiß ist. Man muss jedenfalls Schmerz und die Funktion des Gelenks trennen. Bei wenig Schmerzen, aber einer eingeschränkten Funktion, kann auch eine Physiotherapie in Betracht kommen. Aber auch eine Gelenkprothese kann eine Option sein. Diese ist aber nicht mit eine Knieprothese zu vergleichen. Die eingeschränkte Funktion der Schulter wird nicht vollständig wiederhergestellt. Der Alltag (Tätigkeiten wie Haare kämmen oder die Schürze binden) kann damit aber bewältigt werden. Überkopfarbeiten kann die Schulterprothese meist nicht leisten.

Prinzipiell wird das Gelenk zuerst operiert, das einen mehr einschränkt. Den Arm und die Hand brauchen Sie, um sich beim Laufen und Treppensteigen abzustützen. Also wäre es hier sinnvoll, zuerst das Knie und dann die Schulter zu operieren. Der Abstand zwischen den OPs sollte mindestens sechs Wochen bis drei Monate dauern.

Eine Leserin schildert: Im Alter von 60 Jahren ist bei mir eine Hüftdysplasie festgestellt worden. Ich habe 2021 eine neue Hüfte bekommen, doch ich habe noch immer Schmerzen. Warum macht man eine neue Hüfte, wenn man weiterhin Schmerzen hat? Das führt auch zu Fehlstellung beim Laufen. Zudem ist mir die rechte Hüfte beim Fußabtrocknen rausgesprungen. Ich habe Angst, dass das nochmal passiert.

Metz: Es liegt eine komplexe Situation vor. Ein künstliches Hüftgelenk funktioniert in der Regel sehr gut, es passiert selten, dass nach der Operation noch Schmerzen im operierten Hüftgelenk auftauchen. Es ist jedoch möglich, dass der Schmerz von der Wirbelsäule ins Gesäß und Bein ausstrahlt. Daher sollte man gegebenenfalls zusätzliche Röntgenaufnahmen machen.

Wenn ein künstliches Hüftgelenk einmal rausspringt, sollte man zunächst versuchen, konservativ zu behandeln. Dies geschieht durch Anpassung einer Orthese, die bestimmte Bewegungen verhindert und für etwa 3 Monate getragen werden soll. Wenn es ein zweites Mal passiert, sollte man über eine Operation nachdenken.

Michael Metz ist Oberarzt am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch.
Michael Metz ist Oberarzt am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Eine 88-jährige Frau fragt: Ich habe Arthrose und im Jahr 2021 eine Schlittenprothese im linken Knie eingesetzt bekommen. Richtig gut ist es nie, inzwischen schmerzt das ganze Bein. Kann ich mich in meinem Alter noch operieren lassen?

Metz: Eine Schlittenprothese ersetzt nur die Innenseite, die restlichen Anteile im Knie bleiben erhalten, auch die Bänder. Der Vorteil ist: Die Patienten kommen nach diesem kleineren Eingriff besser zurecht und werden schneller wieder fit. Später aber kann weiterer Verschleiß hinzukommen, dann besteht die Möglichkeit, die Schlittenprothese auszubauen und ein komplettes Knie einzusetzen. Das ist allerdings ein großer Eingriff. Das Alter allein ist kein Entscheidungskriterium, es kommt auch auf den Allgemeinzustand und Begleiterkrankungen an.

Ein Patient wird von Schmerzen in der Schulter geplagt: Ich hatte zuerst auf Rheuma getippt, ein MRT hat dann aber die Diagnose Arthrose ergeben. Ein Jahr lang habe ich Cortison genommen, um die Schmerzen zu reduzieren. Nachdem ich es wieder abgesetzt habe, habe ich wieder Schmerzen in der Schulter, aber auch im Knie und in den Händen.

Claßen: Das ist bei Rheuma nicht ungewöhnlich. Man sollte in solchen Fällen mindestens bei der Erhaltungsdosis bleiben. Das ist die minimale Menge, die für den gewünschten Effekt eingenommen werden muss. Wenn Sie die Cortison-Menge reduzieren wollen, benötigen Sie eventuell ein anderes Rheumamedikament. Sie können es auch mit Ibuprofen als Ergänzung kombinieren. Ibuprofen allein wird wahrscheinlich nicht genug helfen. Grundsätzlich kann man sowohl Rheuma als auch Arthrose haben.

Dr. Tim Claßen ist Chefarzt am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch.
Dr. Tim Claßen ist Chefarzt am St. Elisabeth Hospital in Meerbusch. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Eine 96-jährige Dame fragt: Ich habe seit fünf Jahren Arthrose in den Knien, hatte Akkupunktur, Röntgenreizbestrahlug und immer mal wieder Physiotherapie. Die Linderung war immer nur von kurzer Dauer. Kann ich Voltaren auftragen? Ich reagiere allergisch auf Diclofenac.

Metz: Salben sind ungefährlich, wirken nur lokal und gehen nicht ins Blut. Eine Salbe hat nur eine gewisse Eindringtiefe, auf oberflächliche Strukturen, wie beispielsweise Sehnen, wirkt sie gut, sie kann den Schmerz lindern. Eine Allergie auf eine Salbe zeichnet sich durch eine Hautreizung aus. Gegebenenfalls muss dann eine andere Salbe angewendet werden. Es gibt viele Salben zur Linderung von Arthrosebeschwerden, die alle ähnlich wirken.

Eine 70-jährige Patientin erzählt: Links habe ich schon eine künstliche Hüfte, rechts bahnt sich das inzwischen auch schon an. Doch jetzt kommen noch Probleme mit der Schulter dazu, am linken Unterarm habe ich immer wieder brennende Schmerzen. An der linken Herzklappe habe ich einen Herzklappenfehler. Kann das vielleicht auch daran liegen?

Claßen: Gerade linksseitig können diese Schmerzen tatsächlich von dem Herzproblem kommen, das sollte aber kardiologisch untersucht werden. Wenn Sie für Ihre Herzerkrankung nur Bisoprolol nehmen und keine Verengung der Herzkranzgefäße vorliegt, können Sie in Absprache mit Ihrem Kardiologen bis dahin auch Schmerzmittel, wie zum Beispiel Ibuprofen, nehmen. Sollte sich Ihr Schultergelenk entzündet haben, können auch dort entzündungshemmende Antiphlogistika helfen.

Eine Anruferin klagt über seit Langem bestehende Beschwerden im Kniegelenk. Sie trage eine Kniebandage und nehme Schmerzmittel und fragt, was man noch unternehmen könne.

Lorenz: Wenn kein Knorpel mehr im Gelenk ist, dann hilft auch keine Behandlung, zum Beispiel mit Hyaluronsäure mehr. Wenn Knorpel noch vorhanden ist, dann kann eine solche Infiltration helfen, um die Entzündung zu einzudämmen. Aber auch die Beinstellung kann man überprüfen. Bei X- oder O-Beinen wird eine Seite des Kniegelenkes stärker belastet. Hier kann man mit einer Einlage die Schuhsohle um 3 Millimeter anheben, um die Belastung zu verlagern. Auch ein MRT kann gemacht werden, jedoch ist eine Ersteinschätzung durch eine Untersuchung sinnvoll.

Ein 67-jähriger Patient schildert: Ich habe schon länger Schmerzen an der Leiste, ein Orthopäde hat am Hüftgelenk dann Arthrose dritten Grades festgestellt. Jetzt habe ich auch immer wieder Schmerzen in beiden Schultern. Hilft Sport dabei, die Arthrose abzumildern? Und was hilft sonst noch?

Claßen: Sport kann helfen, wenn Sie dabei gezielt die Schulter- und Hüftmuskulatur trainieren. Das mildert zumindest den Verlauf der Arthrose und stabilisiert das Gelenk. Man könnte außerdem eine Infiltrationstherapie oder Schmerztherapie probieren. Wenn das auch nicht hilft, kann man über eine Operation und ein künstliches Gelenk nachdenken.

Eine Patientin hat schon seit 10 Jahren Arthrose in den Händen und jetzt auch im Fuß: Ich mache Sport so gut es geht, aber was kann ich sonst noch tun? Kann ich auch etwas an der Ernährung ändern?

Claßen: In der Hand haben sie wahrscheinlich eine Rhizarthrose, also ein Verschleiß des Daumensattelgelenks. Dafür gibt es Bandagen für die Stabilisierung. Für die Schmerzen im Fuß gibt es spezielle Einlagen für die Schuhe, die helfen können. Einige Rheuma-Patienten haben auch schon berichtet, dass ihnen eine mediterrane Ernährungsweise geholfen hat, also viel Obst und Gemüse und wenig Fleisch. So richtig bewiesen werden konnte das für Arthrose zwar noch nicht, aber es schadet ja nicht, es auszuprobieren.