Essen. Von Merkel ausgebootet und jetzt Kanzlerkandidat. Auf Friedrich Merz kommt viel Arbeit zu - auch bei der Abgrenzung zur AfD.

Über Monate ließen Markus Söder und Hendrik Wüst ihren CDU-Parteichef und die Öffentlichkeit wissen, dass sie sich selbst für den besseren Kanzler-Kandidaten hielten. Doch nur binnen weniger Stunden stellten beide Ministerpräsidenten ihre Ambitionen urplötzlich ein – und heben Friedrich Merz freudig aufs Schild. Also alles gut, beste Freunde? Kaum zu glauben.

Immerhin gibt es seitens der Union nun Klarheit für die nächste Bundestagswahl. Für den Sauerländer Merz, der einst von Kanzlerin Merkel ausgebootet wurde, muss das eine späte Genugtuung sein.

An der Abgrenzung zur AfD muss Friedrich Merz noch arbeiten

Tatsächlich hat er die Union wieder auf konservativ getrimmt. Die Partei ist (anders als in der GroKo) wieder von der SPD zu unterscheiden. An der Abgrenzung zur AfD muss Merz aber noch arbeiten. Es wird für ihn nicht leicht sein, sich staatsmännisch und ebenso als Verfechter von Recht und Ordnung darzustellen. Von seinen bisherigen Beiträgen zur Migration profitiert eher die AfD, die die Urheberschaft für Rückführungen und Härte für sich reklamieren kann.

Zugleich wird die Merzsche Union nach einer Wahl kaum allein regieren können: SPD, Grüne und wer-weiß-sonst-noch könnten Partner werden, auf die aktuell noch genüsslich draufgehauen wird.

Hendrik Wüst ahnte wohl, dass ihm noch etwas fehlt

Dass Wüst den Anstoß zur raschen Merz-Wahl gab, hat nicht nur edle Motive. Er ahnte wohl, dass ihm zur Kanzler-Kandidatur noch etwas fehlt. Zudem hat Solingen gezeigt, dass in seinem Kabinett und in NRW-Behörden Fehler gemacht wurden. So etwas kann im Wahlkampf ziemlich beschädigen.

Für Merz bleibt als großes Manko, dass er nicht sonderlich beliebt ist, besonders bei Frauen. Apropos: Seine langjährige Kontrahentin Angela Merkel wird in zwei Monaten ihre Memoiren veröffentlichen. Wie Merz darin wegkommt, dürften nicht nur Wüst und Söder interessieren.