Berlin. Scholz‘ Erfahrung gegen frischen Wind von Merz. Welcher Kandidat im Bundestagswahlkampf kann die Wähler überzeugen? Der große Vergleich.
Nun weiß Olaf Scholz, mit wem er es bei der Union im Bundestagswahlkampf zu tun bekommt: CDU-Chef Friedrich Merz hat sich mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder darauf geeinigt, dass der 68 Jahre alte Sauerländer Merz Kanzlerkandidat werden soll. „Wir gehen mit großer Zuversicht in die Bundestagswahl 2025“, sagte Merz bei einem gemeinsamen Auftritt mit Söder. „Wir sind aufgestellt.“ Ein Check der beiden Kontrahenten ums Kanzleramt:
Wer kann besser regieren?
Die Liste der Regierungsämter im Lebenslauf von Olaf Scholz ist lang: Innensenator von Hamburg, Bundesarbeitsminister, Regierungschef in Hamburg, Bundesfinanzminister und Vizekanzler und schließlich seit Ende 2021 Bundeskanzler der Ampel-Regierung. Der 66-jährige Scholz verfügt über zahlreiche Kontakte zu ausländischen Staats- und Regierungschefs. Fachminister bescheinigen dem Kanzler zudem, sich bis in Detailfragen bestens auszukennen.
Scholz und sein Umfeld heben die umfangreiche Regierungserfahrung immer wieder hervor. Allerdings liegt in dem Punkt auch ein Schatten auf Scholz‘ Vita. Im vergangenen Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht die Haushaltspolitik der Ampel für nicht zulässig erklärt. Die beanstandeten Finanzkonstrukte waren die Idee des Bundeskanzlers gewesen. Damit kamen bei den Koalitionspartnern Zweifel an der Darstellung auf, Scholz beherrsche das Regierungshandwerk wie kein anderer.
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Merz hat trotz seiner langen Karriere noch nie Regierungsverantwortung getragen. Er war Abgeordneter des Europaparlaments und des Bundestags und schließlich Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Im Streit mit Angela Merkel verließ Merz für mehrere Jahre die Politik und arbeitete als Rechtsanwalt und Lobbyist. 2018 kehrte er mit einer zunächst erfolglosen Kandidatur für den CDU-Vorsitz auf die politische Bühne zurück. Die SPD wird den Wählern die Frage stellen: Wem wollt ihr das Land in diesen unruhigen Zeiten lieber anvertrauen? Dem unerfahrenen Merz oder dem bisherigen Kanzler? „Es ist mir recht, wenn Herr Merz der Kanzlerkandidat der Union ist“, sagte Scholz am Dienstag. Fazit: Vorteil Scholz.
Wer ist beliebter?
Ihre Beliebtheitswerte sind ein Schwachpunkt, sowohl von Scholz als auch von Merz. In der letzten Deutschlandtrend-Umfrage sagten nur noch 18 Prozent, dass sie mit der Arbeit von Scholz zufrieden sind. Dies sei ein neues Sympathietief für den SPD-Politiker, heißt es in der Analyse. Scholz ist damit deutlich unbeliebter als sein Parteikollege Boris Pistorius. Mit der Arbeit des Verteidigungsministers sind 53 Prozent zufrieden. Angesichts dieser Werte reißt die Diskussion nicht ab, ob die SPD nicht besser auf Pistorius setzen sollte.
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Merz schneidet in der Umfrage deutlich besser ab als Scholz: 31 Prozent sind mit der Arbeit des Oppositionsführers zufrieden. Allerdings hielt in der Anfang September durchgeführten Umfrage weniger als jeder Vierte (23 Prozent) Merz für einen geeigneten Kanzlerkandidaten. CSU-Chef Söder und der bis zu seinem öffentlich erklärten Verzicht ebenfalls als möglicher Kandidat gehandelte nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst wurden von 41 Prozent beziehungsweise 33 Prozent der Befragten als gute Kanzlerkandidaten bewertet.
Ein Nachteil kann für Merz zudem sein, dass er bei Frauen schlecht ankommt. In einer Forsa-Umfrage vom März sagten 28 Prozent der Männer, dass sie sich bei einer Direktwahl des Kanzlers für den CDU-Chef entscheiden würden – aber nur 18 Prozent der Frauen. In der Frage der persönlichen Beliebtheit haben Scholz und Merz viel Luft nach oben. Fazit: unentschieden.
Wer hat mit seiner Partei die bessere Ausgangslage?
Vor der letzten Bundestagswahl war Scholz lange Zeit beliebter als seine SPD. Erst kurz vor der Wahl steigerten sich die Werte der Partei, am Wahltag lagen die Sozialdemokraten mit 25,7 Prozent schließlich als stärkste Kraft knapp vor der Union. In den vergangenen drei Jahren sind aber nicht nur die Beliebtheitswerte von Scholz eingebrochen, auch die Lage der Kanzlerpartei hat sich massiv verschlechtert. Aktuell kommt die SPD auf 14 bis 15 Prozent.
Die Union ist in Umfragen derzeit deutlich die stärkste Kraft mit 32 bis 34 Prozent. Allerdings müssen Merz und seine Strategen sich fragen, warum CDU und CSU trotz der großen Unzufriedenheit mit Scholz, der Regierung und den Ampel-Parteien nicht deutlich besser dastehen. Der Unmut in der Bevölkerung kommt offenbar vor allem AfD und BSW zugute. Dennoch hat Merz Stand heute die deutlich bessere Ausgangsbasis als Scholz. Vorteil für den CDU-Chef.
Wer ist der bessere Wahlkämpfer?
Scholz ist kein besonders guter Redner, seine öffentliche Kommunikation gilt auch in den eigenen Reihen als großer Schwachpunkt des Kanzlers. Dies verbunden mit den dürftigen Umfragewerten dürfte es dem Amtsinhaber schwer machen, sich wieder ins Kanzleramt zu kämpfen. Scholz glaubt allerdings fest daran, dass er den Coup von 2021 wiederholen kann. Und Glaube verleiht bekanntlich Kraft. Für Scholz spricht, dass er unter Druck kaum Fehler macht oder unbedachte Aussagen trifft. Zudem reibt sich Scholz immer wieder an Merz, dies führte etwa im Bundestag zu den besten Auftritten des Kanzlers. Die Hoffnung im Scholz-Lager ist daher, dass Merz den Kanzler im Wahlkampf zu seiner Bestform treibt.
Merz ist ein guter Redner. Mit seinen Formulierungen trifft er immer wieder den Nerv der Bevölkerung. In den Tagen nach dem islamistischen Messeranschlag von Solingen brachte Merz mit dem Satz „Es reicht“ auf den Punkt, was viele Menschen dachten, während Scholz sich schwer damit tat, die richtigen Worte zu finden. Allerdings zittern Teile der Union, wenn Merz loslegt. Der Parteichef gilt als impulsiv, in der Vergangenheit mussten Aussagen von Merz wiederholt nachträglich eingeordnet werden. In der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes können solche Fehler schwerwiegende Folgen haben. Dennoch: Wenn Merz sich im Griff hat, ist er im Vorteil.
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Was ist ihre größte Gefahr?
In der SPD gibt es einige, die Scholz einen erfolgreichen Wahlkampf nicht mehr zutrauen. Sie würden lieber auf Pistorius setzen. Die Diskussion wird Scholz in den kommenden Monaten nicht loswerden, wenn sich die Umfragewerte nicht verbessern. Wenn die Landtagwahl in Brandenburg am Sonntag zu einer Enttäuschung für die SPD wird, könnte es bereits ungemütlich für Scholz werden. Die größte Gefahr für ihn ist daher, dass er das Image eines sogar in der eigenen Partei ungeliebten Kandidaten bekommt, dem sich in der SPD niemand traute zu sagen, dass er den Weg besser frei machen soll.
Die größte Gefahr für Merz ist – neben ihm selbst – Markus Söder. 2021 hatte der CSU-Chef den Wahlkampf von Unionskandidat Armin Laschet nach allen Regeln der Kunst sabotiert. „Ich unterstütze Friedrich Merz bei dieser großen Aufgabe“, versprach Söder zwar am Dienstag. 2021 werde sich nicht wiederholen. Merz kann sich dennoch nicht sicher sein, dass Söder nun plötzlich ein Teamspieler ist. Fazit: unentschieden. Für Scholz und Merz ist der Weg bis zur Wahl noch lang und voller Stolpersteine.
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