Moers. In Moers und Recklinghausen wurden Männer von der Polizei erschossen. Ab wann dürfen Polizisten schießen? Welche Regeln gelten in solchen Fällen?
Erst in Moers, am nächsten Tag dann auch in Recklinghausen: In beiden Städten mussten in dieser Woche Polizeibeamte zu Einsätzen ausrücken, weil je ein Mann mit Messer bewaffnet randaliert haben soll. In beiden Fällen sollen die Männer nicht mit den Einsatzkräften kooperiert haben, sondern sich diesen bedrohlich genähert haben. Beide Einsätze endeten tödlich für die Angreifer. Immer wieder kommen bei solchen Vorfällen ähnliche Fragen auf: Ab wann darf auf einen Menschen geschossen werden? Warum sind die Treffer oft tödlich? Hätten die Polizisten den Angreifer auch mit einem Schuss ins Bein stoppen können, um dessen Tod zu verhindern?
Ab wann dürfen Polizisten schießen?
Welche Regeln für Polizisten gelten, ist im Landespolizeigesetz festgelegt. Laut Paragraph 64 dürfen Schusswaffen gegen Personen gebraucht werden, „um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren“. Auch die Flucht vor einer Festnahme kann ein Grund zum Schusswaffengebrauch sein. Ob ein Schuss dann tatsächlich verhältnismäßig war, wird im Einzelfall untersucht.
Ann-Sophie van Hall, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Kleve, erklärte den Grund für die Schüsse in Moers am Mittwochnachmittag so: „Als die Beamten vor Ort eingetroffen sind, soll der 26-Jährige mit zwei langen Messern mit einer Klingenlänge von circa 30 Zentimetern in der Hand auf die Polizeibeamten zugerannt sein.“
Keine Zeit für Pfefferspray oder Taser
Dass den Beamten in solchen Situationen nur ein äußerst kleiner Handlungsspielraum bleibt, hatte ein Sprecher des Innenministeriums nach einem ähnlichen Vorfall in Dortmund vor wenigen Monaten bereits betont. „Wenn jemand mit einem Messer auf Beamte zuläuft, bleibt meist keine Zeit, es zuerst mit Pfefferspray oder mit dem Taser zu versuchen.“ Einen Leitfaden oder eine festgelegte Reihenfolge von Maßnahmen gebe es deshalb nicht.
Auch sei es schwer, in einer Angriffssituation auf bestimmte Körperteile zu zielen. Ein Fuß oder ein Bein ist immerhin leicht zu verfehlen. „Wenn der Angreifer zehn Meter entfernt ist, und das ist im städtischen Raum schon viel, dann ist es schwer, in Kürze der Zeit noch mit Kimme und Korn zu zielen“, hieß es aus dem Ministerium.
Schüssen wurden mehrfach angedroht
Bei dem Angreifer in Moers sei dafür ebenfalls keine Zeit gewesen. Nach derzeitigem Ermittlungsstand geht die Staatsanwältin davon aus, dass sich die Polizisten angesichts des schnellen Handelns nicht anders verteidigen konnten. „Die Polizisten haben ihren Dienstwaffengebrauch mehrfach vorher angedroht, wovon sich der Angreifer nicht hat abschrecken lassen“, so van Hall.