Recklinghausen/Dorsten. Zum Polizeieinsatz in Recklinghausen, bei dem ein 33-Jähriger starb, nennen die Ermittler neue Details. Das ist bisher bekannt.
Den tödlichen Polizeischüssen auf einen 33-Jährigen am Mittwochabend in Recklinghausen geht nach aktuellen Ermittlungen möglicherweise ein gescheiterter Suizidversuch voraus. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilen, soll es Hinweise geben, dass der 33-Jährige kurz zuvor versucht haben soll, sich das Leben zu nehmen. Wie bei dem tödlichen Polizeieinsatz in Moers einen Tag zuvor zeichnet sich ab, dass sich der Getötete wohl in einer psychischen Ausnahmesituation befand.
Die Polizei war am frühen Mittwochabend zu dem Wohnhaus im Ortsteil Suderwich gerufen worden, weil der 33-jährige Deutsche dort „randaliert“ haben soll - es handelte sich möglicherweise um einen Familienstreit. Für die Einsatzkräfte habe sich eine Bedrohungssituation entwickelt, hieß es zunächst. Nach Zeugenangaben hatte der 33-Jährige ein Messer bei sich geführt.
Polizisten sollen mindestens fünf Schüsse abgegeben haben - Bodycam war eingeschaltet
Wie sich die Situation bei dem Einsatz am Hochfeld genau dargestellt hat, darüber gibt es noch keine genauen Informationen. Antworten dazu liefern womöglich Aufnahmen einer Bodycam, die die Polizisten trugen und die offenbar auch eingeschaltet war. Diese würden derzeit ausgewertet.
Wie die Ermittler der Dortmunder Polizei, die den Fall aus Neutralitätsgründen untersuchen, berichten, hätten die Beamten aus Recklinghausen fünf Schüsse auf den 33-Jährigen abgefeuert. Drei Kugeln hätten den 33-Jährigen laut Obduktion getroffen.
Weitere Auseinandersetzung mit Messer in Dorsten - 21-Jähriger schwer verletzt
Noch während die Ermittlungen in Recklinghausen laufen, der nächste „Messer-Alarm“ in der Dorstener Innenstadt. Auch vom Tatort in Suderwich machen sich Streifenwagen auf den Weg nach Dorsten. In einer Wohnung am Ostwall waren zwei junge Männer in Streit geraten. Ein 18-Jähriger soll einen 21-jährigen Dorstener zunächst beleidigt und dann unvermittelt mit einem Messer angegriffen haben. Dabei wurde der 21-Jährige schwer verletzt.
Der mutmaßliche Täter wurde laut Polizei am darauffolgenden Tag festgenommen. Dem 18-Jährigen, bei dem es sich um einen deutschen Staatsangehörigen handelt, wird später versuchter Mord vorgeworfen, er sitzt nun in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat laufen weiter.
Im Kreis Recklinghausen ist dies der bereits dritte Einsatz in Zusammenhang mit Messergewalt an nur einem Tag. Bereits am Mittwochmorgen hatte die Polizei eine Auseinandersetzung im Recklinghäuser Ortsteil Grullbad schlichten müssen, bei der auch ein Messer Tatwaffe war. Im Flur eines Mehrfamilienhauses soll ein 49-Jähriger einen vier Jahre älteren Mann verletzt haben. Den vermeintlichen Täter konnten die Einsatzkräfte festnehmen.
Polizei tötet Messer-Angreifer in Moers
Erst am Dienstag hatte es in Moers im Kreis Wesel einen Einsatz gegeben, bei dem ein 26-Jähriger von der Polizei erschossen wurde. Der offenbar psychisch kranke Mann soll Polizisten mit zwei Messern bedroht haben, woraufhin diese mehrere Schüsse abgaben, die den Mann tödlich verletzten.
Der neuerliche Vorfall, nun in Recklinghausen, ereignete sich fünf Tage nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag mit drei Toten in Solingen. Dabei hatte ein Angreifer am Freitagabend auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der in Untersuchungshaft sitzt.
Messergewalt in NRW: Pro Tag rund 17 Straftaten mit Messern oder Stichwaffen
Angesichts eines deutlichen Anstiegs der Messergewalt in NRW und unter dem Eindruck der Bluttat von Solingen will NRW-Innenminister Herbert Reul den Kontrolldruck insbesondere auf junge Männer massiv erhöhen. 2023 war die Zahl der Straftaten mit Messern drastisch gestiegen. Laut Statistik gab es in NRW allein im vergangenen Jahr 6221 Straftaten mit Messern und sonstigen Stichwaffen, also rund 17 pro Tag. » Lesen Sie dazu: Immer mehr Messergewalt: So will NRW die Täter stoppen
Elf Menschen wurden im laufenden Jahr von der Polizei erschossen, die aktuellen Fälle in Moers und Recklinghausen eingeschlossen. Dies berichtet Statista.de, die Auswertung stammt von der Fachzeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP. Demnach gab es bei sechs Fällen Hinweise auf eine psychische Ausnahmesituation. Bei 45 von 116 Todesfällen seit dem Jahr 2014 verzeichnet die Datenbank Hinweise auf psychische Ausnahmesituationen.
Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr kamen acht Menschen durch Polizeischüsse um, einen Zehn-Jahres-Höchststand gab es 2017 mit 16 Toten.
Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.