An Rhein und Ruhr. ÖPNV-Unternehmen der Region haben Elektroroller in ihren Fahrzeugen verboten. Branchenverbände und der TÜV halten das für überzogen.
Das seit dem 1. März bestehende Verbot von E-Scootern in Bussen und Bahnen der Region stößt auf scharfe Kritik von Branchenverbänden. ÖPNV-Unternehmen hatten mit dem Verweis auf eine Brandgefahr die Mitnahme untersagt. Branchenverbände sehen dieses Risiko nicht. Auch der TÜV und der Fahrgastverband ProBahn NRW üben Kritik.
E-Mobilität: Verband wirft Unternehmen „Unwissenheit“ vor
„Verbote dieser Art – grundsätzlich oder teilweise – halten wir nicht für zielführend“, kritisiert BEM-Vorstand Markus Emmert. „Oft werden solche Verbote angedacht, weil es ohne großen Aufwand das augenscheinliche ‚Problem‘ löst, ohne sich weiter mit dem Thema beschäftigen zu müssen. Gepaart wird dies oft mit maximaler Unwissenheit oder Unsicherheit der handelnden Akteure“, sagt er der Redaktion. Dieses Vorgehen nehme einigen Menschen die Mobilität.
Zum 1. März hatten die Düsseldorfer Rheinbahn, die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG), die Essener Ruhrbahn, die niederrheinische Niag und die Oberhausener Stoag die Mitnahme von E-Scootern in ihren Bussen und Bahnen verboten. Sie hatten damit, wie zahlreiche andere deutsche Betriebe, eine Empfehlung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) umgesetzt.
Erstes E-Scooter-Verbot
Eines der ersten E-Scooter-Verbote für den ÖPNV in Deutschland kam aus Hamburg. Die Hochbahn AG, die in der Hansestadt U-Bahnen und S-Bahnen betreibt, untersagte im August vergangenen Jahres die Mitnahme der kleinen Flitzer.
Hintergrund war ein von der Hochbahn in Auftrag gegebenes Gutachten der Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen (STUVA). In diesem wurde schließlich hinsichtlich der vielen Tunnel auf den Bahnstrecken in Hamburg vor einem zu hohen Risiko durch Rauchentwicklung gewarnt.
„Unter anderem in Barcelona und London wurden Fälle beobachtet und dokumentiert, in denen sich E-Scooter selbst entzündeten“, teilte die Hochbahn damals mit. „Die Folge war eine enorme Rauchentwicklung und die Freisetzung gesundheitsgefährdender Schadstoffe.“
Als Grund hatte der VDV den „niedrigen Sicherheitsstandard der verbauten Lithium-Ionen-Akkus und damit verbunden ein erhöhtes Brand- und Explosionsrisiko sowie die gesundheitsschädliche Rauchgasfreisetzung“ angegeben und auf „Brände und Explosionen in ÖPNV-Fahrzeugen unter anderem in London, Barcelona und Madrid“ verwiesen.
E-Scooter: Strenge Sicherheitsvorschriften in Deutschland
Laut Lars Zemke, Vorsitzender des Bundesverbands Elektrokleinstfahrzeuge, sind das auch die einzigen drei Vorfälle in Europa. „In Deutschland gibt es keine bekannten Fälle“, sagt er.
„Damit ein E-Scooter-Modell in Deutschland genutzt werden kann, braucht es – im Gegensatz zu Pedelecs – eine Betriebserlaubnis, die eine bestandene Sicherheitsprüfung durch das Kraftfahrt Bundesamt voraussetzt. Deutschland ist das einzige Land mit dieser strengen Regelung, da E-Scooter anders als Pedelecs als Kraftfahrzeuge gelten“, so Zemke.
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Auch er sieht die Verbote als „herben Rückschlag für die deutsche Mikromobilität“, wie der der NRZ gegenüber sagt. Statt ein vernünftigen Risikomanagements vorzunehmen, erlasse man Verbote, „bevor überhaupt eine relevante Gefährlichkeit nachgewiesen oder eingetreten ist.“ Er hoffe darauf, dass sich das Bundesverkehrsministerium der Sache annehme.
TÜV-Experten sehen hohes Sicherheitsniveau bei E-Scootern
Auch nach Einschätzungen des TÜV haben in Deutschland zugelassene E-Scooter einen guten Brandschutz. Das teilte der Verband am Montag mit und beruft sich auf eine interne Expertengruppe. Demnach sei das Sicherheitsniveau mit dem von zugelassenen E-Bikes vergleichbar. Vor der Zulassung fänden umfangreiche Tests an den E-Scootern und ihren Batterien statt.
Die Entscheidung über die Mitnahme müsse jedes Unternehmen fällen, teilt der TÜV weiter mit. Ein Verbot sehe man jedoch kritisch, da E-Scooter nach Ansicht der Prüfer ebenso sicher seien wie E-Bikes, die nicht verboten wurden. Die überwiegende Zahl der E-Scooter in Deutschland sei privat angeschafft, heißt es weiter in der Mitteilung. Sie würden dafür genutzt, um Wege auf der „letzten Meile“ von und zu ÖPNV-Haltestellen zurückzulegen. Ein Verbot sei daher ein starker Einschnitt für die Nutzer.
Verband: 800.000 E-Scooter in Deutschland
Kritik kommt auch vom Fahrgastverband ProBahn NRW: „Man schließt damit eine Nutzergruppe aus und nimmt Pendlern damit die Möglichkeit, dieses Verkehrsmittel zu nutzen“, sagt Landeschef Andreas Schneider. Dabei seien E-Scooter ideal für die letzte Meile zwischen ÖPNV und Zielort. „Gerade außerhalb der Großstädte, wo es keine Leih-E-Scooter gibt, sind privat genutzte E-Scooter dafür gut geeignet.“ Er hält die Verbote für eine „überhastete Reaktion auf wenige Vorfälle“.
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Und BEM-Vorstand Emmert zweifelt an der Brandgefahr: „Wenn es Brände gepaart mit E-Scootern in der Vergangenheit gab, dann eher beim Ladevorgang. Die Ursache war dann meist auch das Ladegerät oder ein Defekt mit dem Ladegerät“, erklärt er. „Oder es gab Brände aufgrund eines externen Einflusses, wie Havarie oder mutwillige Beschädigungen.“
Und Lars Zemke betont, dass private E-Scooter-Nutzer die Leih-Modelle zahlenmäßig längst hinter sich gelassen hätten. 800.000 E-Scooter gebe es insgesamt in Deutschland. „Etwa 200.000 davon sind im Verleih und 600.000 sind private Scooter“, rechnet er vor. Gerade die privaten Nutzer seien aber bisher kaum wahrgenommen worden. „Sie parken ihre Fahrzeuge aber fast nie auf der Straße.“