Valkenburg. Glitzerparadies in ehemaligem Steinbruch: Ein Besuch des ungewöhnlichsten Weihnachtsmarkts der Niederlande begeistert sogar Weihnachtshasser.
Als die Püttologen gingen, schufen sie Platz für Weihnachtsmänner. Die bärtigen Herren in Rot übernahmen zwei stillgelegte Steinbrüche und verhalfen dem schönen Städtchen Valkenburg zu einer Karriere als Touristenmagnet. Glückauf aus der niederländischen Weihnachtshauptstadt!
Sie liegt zwischen Maastricht und Aachen. In der Adventszeit kommen Tag für Tag Tausende Besucher. Sie wollen nach unter Tage: Bis zum 29. Dezember wird die sogenannte Gemeentegrot zum „größten unterirdischen Weihnachtsmarkt Europas“. Behauptet jedenfalls die Stadtverwaltung. Glitzerparadies oder Kitschhölle?
Warum ist Valkenburg so beliebt?
Das hat die Stadt einigen Influencern und einer geschickten Werbekampagne zu verdanken. Auf TikTok und Instagram gibt es kein Entkommen vor Kurzvideos aus der Gemeentegrot und der nur knapp 200 Meter entfernten Fluweelenhöhle. Den Weihnachtsmarkt in der Gemeentegrot, was soviel wie städtische Höhle bedeutet, gibt es seit 1986. Im vergangenen Jahr zählten die Veranstalter mehr als 200.000 Besucher – so viele wie nie zuvor. In diesem Jahr könnte der Ort einen erneuten Rekord aufstellen. An Wochenenden ist Valkenburg so überlaufen, dass die Stadt offiziell dazu rät, unter der Woche zu kommen.
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Wie ist die Atmosphäre in de Gemeentegrot?
Trotz der städtischen Warnung unerwartet entspannt. Besucherinnen und Besucher aus den Niederlanden und aus Deutschland, aus Luxemburg und Großbritannien quetschen sich durch ein von blinkenden Girlanden erleuchtetes Mundloch. Innen ist es für Winterverhältnisse angenehm warm, in der Grotte herrschen konstant zwölf Grad. Also erstmal Handschuhe aus. Der Weg führt durch endlos erscheinende, mehrere Meter hohe Gänge, die steinernen Wände sind mit LED-Tannenbäumen, LED-Rentieren, LED-Geschenkpaketen und natürlich LED-Weihnachtsmännern dekoriert. In dem verwinkelten Stollensystem geht die Orientierung spätestens nach der dritten Kurve flöten. Dafür verlieren sich die Besuchermassen, jedenfalls an Werktagen.
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Am Stand mit den Stroopwaffeln schwärmt Shweta Nayak, die Grotte sei noch schöner, als sie es sich erträumt habe. Die Reproduktionsmedizinerin aus Rotterdam hatte Lust auf eine Auszeit: Im Berufsalltag hilft sie kinderlosen Paaren dabei, schwanger zu werden, aber für heute hat sie Feierabend. Sie habe so viel von der Gemeentegrot gehört, erzählt Nayak, dass sie unbedingt habe kommen wollen: „So eine tolle Stimmung, so ein ungewöhnliches Ambiente!“
Seit wann steht die Grotte leer?
In den Gängen wurde einst Mergenstein abgebaut. Bis in die 50er-Jahre war die Gemeentegrot in Betrieb – seither sind Fledermäuse und Weihnachtstouristinnen wie Shweta Nayak die häufigsten Besucher.
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Was gibt es zu kaufen?
Bei aller Selbstbeweihräucherung der Valkenburger: Sie haben den Weihnachtsmarkt nicht komplett neu erfunden. In der Grotte gibt es alles, was man auf einem festtagsrührigen Adventsbasar erwarten darf, von Wichtelfiguren bis Christbaumschmuck. Nicht gerade hochwertig. „Als wäre ein Frachtschiff mit chinesischem Plastikschrott verunglückt“, ätzt ein Kommentator im Netz. In den verzweigten Gängen gibt es jedoch auch Händler, die echte Kunst anbieten. Gemälde, Plastiken, Wandschmuck. Überhaupt nicht weihnachtlich, aber nett anzusehen.
Wie ist die Verpflegung?
Die Grotte serviert teutonisch-holländische Fusionsküche. Es gibt „Braadworst met Broodje“, „Curryworst“ (je 6,50 Euro) und Stroopwaffel mit Schokoladenaufstrich (6 Euro). Alle, denen das zu gewöhnlich ist, schlendern zu Alessandro Ruffino. Ein flirtender Italiener, der Kundinnen gerne sagt, wie schön sie sind und der es in den Niederlanden zum König der Cannoli gebracht hat. Das sind frittierte Teigrollen mit süßer Cremefüllung (2,50 Euro pro Stück). „Ein sizilianisches Traditionsgebäck“, verrät Ruffino. Er selbst kommt zwar aus Neapel. Aber so genau fragt keiner nach.
Lohnt die Fahrt?
Wahnsinn, denkt der Weihnachtshasser, warum schickt ihr ausgerechnet mich in die Höhle? Spaß hat es dann doch gemacht. Hinfahren!