Wesel. Neuer Chefarzt Dr. Heiko Rüttgers arbeitet am Marien-Hospital Wesel mit dem Gerät. Zusammen sorgen sie für präzise Knie- und Hüft-Operationen.

  • Das Marien-Hospital Wesel ist das erste in Europa, das Roboter „Apollo“ im Einsatz hat.
  • Er assistiert bereits bei Knieoperationen, künftig auch bei Hüft-OPs.
  • Fachmann für den Einsatz des innovativen Geräts ist der neue Chefarzt Dr. Heiko Rüttgers.

Neue Technik und ein neues Gesicht am Marien-Hospital: Dr. Heiko Rüttgers ist seit Jahresanfang Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Der 54-Jährige ist Fachmann für roboterassistierte Knie- und Hüftendoprothetik, den dazu passenden Roboter hat das Haus jetzt angeschafft. Eine Handvoll Patienten hat seit der vergangenen Woche bereits ihr neues Knie von Dr. Rüttgers, assistiert von „Apollo“, erhalten. Das Marien-Hospital ist die erste Klinik Europas, in der der Roboter zum Einsatz kommt, nur 18 dieser Systeme arbeiten nach Angaben des Herstellers aktuell weltweit.

Geschäftsführer Karl-Ferdinand von Fürstenberg und der ärztliche Direktor Dr. Marc Achilles zeigen sich überzeugt von der neuen Technik aus den Entwicklungslabors des britischen Medizintechnik-Unternehmens Corin: Patienten verlieren weniger Blut und Knochenmasse bei der OP, sie benötigen weniger Schmerzmittel, können das Krankenhaus früher verlassen und sind schneller wieder fit, fassen sie zusammen. Weil der Roboter exakt die korrekte Lage der Bänder errechnen kann, individuell auf den Patienten oder die Patientin zugeschnitten, erhöhe sich die Stabilität des Knies gegenüber früheren Systemen. Auch bei der sonst kritischen mittleren Beugung, beim Treppensteigen etwa. Achilles ist Narkosearzt, der Fachmann bescheinigt den Roboteroperationen, sie seien „sehr elegant, akkurat und überzeugend“.

„Es geht hier nicht um experimentelle Chirurgie“

Dr. Heiko Rüttgers
Chefarzt

Apollo operiert nicht selbstständig, er sei lediglich ein hochkomplexes Assistenzsystem, erläutert Dr. Rüttgers. Die Entscheidung über das Vorgehen liege beim Arzt und der benötige viel Erfahrung mit Navigation und Robotik, damit das System optimal funktionieren kann. Die bringt der „Neue“ reichlich mit, der in Marburg und Münster studierte, berufliche Stationen in Recklinghausen, Essen Borbeck und zuletzt Emmerich vorweisen kann: Hier führte er das Vorgängersystem ein, „wir haben mehr als 1000 Knieprothesen robotergestützt eingesetzt, ich selbst habe rund 700 dieser Operationen durchgeführt“, sagt Rüttgers. Apollo sei kein komplett neues System, sondern eine verbesserte Weiterentwicklung, heißt: Es sei ausgereift und vielfach erprobt, „es geht hier nicht um experimentelle Chirurgie“, bekräftigt Rüttgers.

Der neue Roboter sei einfacher zu handhaben, zudem müsse, anders als früher, kein Schnitt am Schienbein gesetzt werden, um die Spannung zu messen. Ohne Schnitt am Knochen werde das Knie eingemessen und die OP geplant. Bei früheren Operationen sei häufig später eines der zwei Bände im Knie zu kurz, das andere zu eng gewesen. „Studien haben gezeigt, dass viele Patienten deshalb Schmerzen nach der OP hatten“, so der Mediziner. Mit dem neuen System sei das nicht mehr der Fall. „98 Prozent der Patienten können ihr Knie nach zwei bis drei Tagen wieder fast vollständig beugen.“ Sie seien zufriedener mit dem Ergebnis und kommen besser mit ihrem Knie zurecht. Nach fünf bis sieben Tagen stehe aktuell die Entlassung an, Ziel seien vier bis sechs Tage. „Heute hat mich eine Patientin nach drei Tagen gefragt, wann sie gehen kann“, sagt Rüttgers. Ein wenig muss sie sich noch gedulden.

Ärztlicher DirektorDr. Marc Achilles, OP-Managerin Michaela Weigel,  Chefarzt Dr. Heiko Rüttgers und Geschäftsführer Karl-Ferdinand von Fürstenberg (von links) zeigen den neuen Roboter (hinten), und wie er am Knie arbeitet.
Ärztlicher DirektorDr. Marc Achilles, OP-Managerin Michaela Weigel, Chefarzt Dr. Heiko Rüttgers und Geschäftsführer Karl-Ferdinand von Fürstenberg (von links) zeigen den neuen Roboter (hinten), und wie er am Knie arbeitet. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Knie und Hüfte werden Spezialgebiete des Weseler Marien-Hospitals

Mit dem neuen Chefarzt und dem Roboter richtet sich das Marien-Hospital auf die Vorgaben der Krankenhausreform ein und setzt gleichzeitig auf Innovation: Das Gerät habe „deutlich weniger als eine Million“ gekostet, so Geschäftsführer Karl-Ferdinand von Fürstenberg, und für seinen Einsatz seien keine Umbauten im Haus notwendig geworden. Das Marien-Hospital hat vom Ministerium den Auftrag für eine Spezialisierung auf Knie- und Hüftprothetik bekommen, das Thema Wirbelsäule liegt beim Evangelischen Krankenhaus. In Kraft tritt das am 1. April doch es gebe eine Übergangsfrist bis Jahresende.

Zunächst kann Apollo nur Knie, doch das soll sich ändern: Von Mitte des Jahres an wird er auch bei Hüftoperationen assistieren. In beiden Anwendungsgebieten kann der Operateur bereits das Ergebnis betrachten, bevor der Roboter auch nur einen Schnitt gesetzt hat, so das Versprechen.