Kreis Wesel. Mehr Menschen wurden 2024 entlassen, doch auch die Zahl der Beschäftigten stieg. Die Agentur für Arbeit blickt auf ein schwieriges Gesamtbild.

Ein Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt im abgelaufenen Jahr scheint verwirrend: Als „sehr ambivalent“ bezeichnet Barbara Ossyra, Leiterin der Agentur für Arbeit Wesel, die Lage, denn: Es gab mehr Entlassungen in den Kreisen Wesel und Kleve im vergangenen Jahr, das zweite Jahr in Folge ist die Arbeitslosigkeit angestiegen. Gleichzeitig waren mehr Menschen als im Vorjahr in Lohn und Brot. Zwar gibt es Analysen, woran das liegt, klare Prognosen dazu, wie es weiter gehen wird, seien aber schwer. Das Hauptproblem ist nicht neu: In der Wirtschaft sind Facharbeiter und Experten nachgefragt, eine Vielzahl der Arbeitssuchenden allerdings ist ungelernt und sucht nach einem Hilfsjob. Die Schere von Angebot und Nachfrage klafft weiter auseinander, Strategien sind gefragt.

Durchschnittlich waren im vergangenen Jahr 17.646 Menschen im Kreis Wesel arbeitslos gemeldet, ein Plus von gut 1000 (6,2 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Damit ist der Kreis Wesel im Jahr 2024 bei einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 7,2 Prozent gelandet, 0,4 Prozentpunkte mehr als 2023. Ende Juni 2024 waren im Kreis Wesel allerdings auch 145.585 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, das waren 1366 (0,9 Prozent) mehr als 2023.

Besonderes Merkmal der Region – der Bereich der Agentur für Arbeit Wesel umfasst die Kreise Wesel und Kleve – sei, dass die Wirtschaft vielfältig und breit aufgestellt ist, so Barbara Ossyra. Das habe den Vorteil, dass die Schieflage einer Branche nicht umgehend die Arbeitslosenzahlen am Niederrhein durch die Decke gehen lasse, wie es in manchen Regionen durch den Stellenabbau von Thyssenkrupp der Fall ist. Allerdings sei der auch in einigen Kommunen des Kreises Wesel spürbar, in Moers, Dinslaken und Kamp-Lintfort etwa, wo etliche Beschäftigte des Konzerns leben.

Offenbar boomen wirtschaftliche Dienstleistungen, hier stiegen die gemeldeten Arbeitsstellen an, außerdem suchen das Gesundheits- und Sozialwesen weiterhin Kräfte, das Verarbeitende Gewerbe, Handel und Baugewerbe. Rückgänge verzeichnete die Agentur im Bereich „freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“ sowie Verkehr und Lagerei.

Auch am Arbeitsmarkt geht das Phänomen der alternden Gesellschaft nicht spurlos vorüber, die Zahl der älteren Erwerbslosen steigt. Hier bietet die Agentur Aktivitäten, um die Menschen auch gesundheitlich für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Doch es gibt auch eine Zusammenarbeit mit den Rentenversicherern, „wir arbeiten dann daran, Menschen, die älter als 60 sind, abschlagsfrei in den Ruhestand zu bringen“, so Ossyra. Eine Möglichkeit, die vielen nicht bekannt sei.

Fachkräftesicherung ist und bleibt ein großes Thema. Die Agentur setzt auf die Säulen Ausbildung, Qualifizierung sowie darauf, mehr Frauen ins Erwerbsleben zurückzubringen. An diesem Punkt kommt es auf die Versorgung mit Kita-Plätzen an. Hohe Potenziale sieht Ossyra auch in der Integration geflüchteter Menschen und in der Einwanderung von Fachkräften. Ein weiterer Ansatz der Agentur ist die Weiterbildung nicht nur für Erwerbslose, sondern auch für Menschen im Beruf, um einer Arbeitslosigkeit vorzubeugen.

Integration der Ukrainer gelingt inzwischen besser

Seit Beginn des Ukraine-Krieges gehört die Integration der Ukrainerinnen und Ukrainer ins Arbeitsleben fest zur Arbeitsmarktbilanz, und die Zahlen lassen hoffen. Waren 2022 nur 232 ukrainische Staatsangehörige in den Kreisen Wesel und Kleve sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sind es 2024 bereits 1157. Im vergangenen Jahr waren noch 2117 Personen arbeitslos gemeldet, allerdings sind im vergangenen Jahr aufgrund der Kriegshandlungen wieder mehr Menschen in die Region gekommen.

Ein Blick auf die Menschen, die aus den acht stärksten Asylherkunftsländern stammen, zeigt: 2024 standen knapp 4500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 3447 Arbeitslosen aus den Ländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien gegenüber. Somit liegt die Zahl der Beschäftigten über der der Arbeitslosen.