Wesel. Die Adler-Apotheke ist eines der ältesten Geschäfte in Wesel. Ute Liman führt sie in fünfter Generation, trotz zunehmend schwieriger Bedingungen.
Viele Geschäfte in der Weseler Innenstadt kommen und gehen. Es gibt aber auch Ausnahmen. Zu denen gehört die Adler-Apotheke in der Hohen Straße 27. Sie feiert in diesem Jahr ihr 300-jähriges Bestehen – mindestens. Vielleicht ist sie sogar älter. Tatsache ist: Die Apotheke, den Weselern unter dem Namen Liman bekannt, ist einer der ältesten Betriebe in der Stadt. Ute Liman betreibt das Geschäft in fünfter Generation und hat es nicht bereut, in die Fußstapfen ihrer Vorfahren getreten zu sein: „Der Beruf ist nach wie vor toll, die Rahmenbedingungen dagegen nicht.“
Die 44-Jährige hat die Leitung der Apotheke 2008 von ihrem Vater Dieter Liman übernommen. Die Geschichte der alteingesessenen Pharmazie ist zugleich ein Stück Stadtgeschichte, die 1956 von Georg Johannes Büchs erforscht und aufgeschrieben wurde. Daher kann Ute Liman das Gründungsdatum zumindest annähernd bestimmen. Gegründet wurde die Apotheke vermutlich im Jahr 1725 – es könnte auch 1723 gewesen sein – damals noch in einer Seitenstraße der Brückstraße, die es heute nicht mehr gibt.
Familie Hannes betrieb das Unternehmen 135 Jahre lang, bis Carl Maubach es am 4. April 1866 an August Oskar Liman übergab. Im Oktober 1895 übernahm dessen Sohn August Eduard die Konzession und erbaute ab 1912 ein neues Haus am heutigen Standort an der Hohen Straße. 1940 wurde die Apotheke an die nächste Generation übertragen: Ute Limans Großvater Hans erhielt die Konzession. Wegen seiner Verpflichtung als Heeresapotheker konnte er selbst aber erst am 1. Februar leitend tätig werden. Ein Tag, der in der Familiengeschichte in trauriger Erinnerung geblieben ist, denn das Haus wurde noch an diesem Tag bei einem Bombenangriff zerstört. Nur das Kellergeschoss ist erhalten geblieben, weiß Ute Liman. Dort hat ihre Familie den Angriff überlebt.
Adler-Apotheke zog nach Zerstörung in einen Stall in Drevenack
Für kurze Zeit wurde eine Notapotheke in einem Stall in Drevenack eingerichtet. Von dort zog die Adler-Apotheke in ein Haus an der RWE-Straße, bevor die Familie 1947 den wieder aufgebauten Stammsitz an der Hohen Straße einweihen konnte. Hans Limans Sohn Dieter übernahm 1996, zuvor hatten mehrere Jahre lang Pächter die Geschäfte geführt. Er zog sich 2008 zurück und übergab an seine Tochter Ute. Die ist zwar von Kindesbeinen in den elterlichen Apotheken groß geworden – zeitweise führte Vater Dieter auch die Falken-Apotheke – dennoch liebäugelte sie in jungen Jahren zunächst mit einem Lehramts-Studium. „Ich wollte unbedingt etwas mit Menschen zu tun haben.“ Sie studierte schließlich doch Pharmazie und beschloss, die Liebe zur Literatur eher als Hobby zu betrachten.
Bereut hat sie ihren beruflichen Werdegang bis heute nicht: „Man kann die Kunden beraten und begleiten, empathisch sein und gut auf die Leute eingehen“, beschreibt sie, was ihr an ihrem Beruf gefällt. Sie interessiert sich auch sehr für die Medizin, ergänzt Ute Liman. Die alteingesessene Apotheke mit 20 Mitarbeitenden hat viele Stammkunden. „Manche kennen sogar noch meinen Großvater.“ Das Wappen ist übrigens das gleiche wie das des Bürgerschützenvereins. „Auch das zeigt die Verbundenheit mit der Stadthistorie.“
Weseler Apotheke wird 300 Jahre alt: Wie sich das Angebot verändert
In den vergangenen Jahren ist die Apotheke immer wieder modernisiert und um Angebote erweitert worden. Zu den heutigen Schwerpunkten gehören das Konzept der „babyfreundlichen Apotheke“ und die Aromatherapie. Ölmischungen werden selbst hergestellt, die zum Beispiel in der Alten- oder Babypflege Anwendung finden, auch bestimmte Salben und Medikamente bereitet das Team noch selbst zu. Im Online-Shop können Kunden die Produkte auch bestellen. Das wird gut angenommen, so Ute Liman.
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Auf der anderen Seite stellt sie aber auch fest, dass es schwieriger geworden ist, wirtschaftlich zu arbeiten. Zum Beispiel, weil Honorare seit Jahren nicht angehoben wurden. Mehrere Apotheken in Wesel haben schon aufgegeben. „Seit ich 2008 angefangen habe, hat etwa ein Viertel der Apotheken geschlossen.“ Die Folge: Die Wege für Kunden werden weiter. Dabei sei die persönliche Beratung sehr wichtig, betont die 44-Jährige. Die wird es in der Adler-Apotheke auf jeden Fall in den kommenden Jahren geben. Ob sie eines Tages an die nächste Liman-Generation weitergegeben wird, muss sich zeigen. Noch sind die drei Kinder von Ute Liman dafür zu jung.
Rabattaktion und eine Urkunde
Ein genauer Gründungstag der Adler-Apotheke im Jahr 1725 ist nicht bekannt. Also wird das 300-jährige Bestehen zu Beginn des Jahres gefeiert. Die Apotheke an der Hohen Straße 27 bietet in der Woche vom 21. bis zum 25. Januar Rabattaktionen und ein Glücksrad für Kundinnen und Kunden an. Betreiberin Ute Liman erhält von der IHK außerdem eine Urkunde zum langjährigen Bestehen überreicht.