Wesel. Vom Fahrzeugwäscher zum Professor – Frank Marx widmet sein Leben seit mehr als einem halben Jahrhundert der Medizin und dem Ehrenamt.

51 Jahre im Ehrenamt – das muss Frank Marx erstmal jemand nachmachen. Anfang 1973, mit 13 Jahren, fing er beim Malteser Hilfsdienst in Wesel an: Dort wusch er die Einsatzfahrzeuge. Marx absolvierte eine Ausbildung zum Krankenpfleger, in Oberhausen holte er das Abi nach und machte dann eine Weiterbildung zum Intensivpfleger. Das verschaffte ihm den ersehnten Medizin-Studienplatz an der Uni Duisburg-Essen.

Er wurde Facharzt für Anästhesiologie, arbeitete am Duisburger Klinikum, wurde ärztlicher Leiter des Duisburger Rettungsdienstes und wechselte in die Geriatrie des Xantener Sankt Josef Hospitals. Zwischendurch absolvierte er, nach Feierabend, eine dreijährige Ausbildung zum Psychotherapeuten. Schließlich höhere Weihen: Er wurde Professor für Rettungsdienstmanagement an der Technischen Hochschule Gießen. Besonders gern erinnert er sich an die dortigen Einsätze im Rettungshubschrauber. Man merkt es ihm an – Frank Marx hilft nicht nur gern anderen Menschen, es darf gern auch etwas abenteuerlich sein.

„Ich habe dabei den Fusternberg nie verlassen“, erläutert der Weselaner. Er war weiterhin bei den Maltesern in Wesel tätig, die ihm zur zweiten Familie wurden. Bereits mit sechzehn leitete er dort Erste-Hilfe-Kurse. Vor 27 Jahren kam die Freiwillige Feuerwehr hinzu. Hauptbrandmeister Marx fährt auch mal Löschfahrzeuge oder Einsatzleitwagen und kann die Pumpe bedienen. Autos wäscht er auch heute noch: „Wenn der Fahrer zwischen den Einsätzen den Rettungswagen wäscht, setze ich mich doch nicht hin und trinke Kaffee.“

Engagement für Menschen in Not

Inzwischen hat er beruflich ein wenig heruntergefahren, in Vorbereitung auf die Rente, sagt er. Er arbeitet „nur noch“ auf Vertragsbasis am Marienhospital und im Xantener Sankt Josef. Bei Frank Marx geht der Beruf ohnehin nahtlos ins Ehrenamt über: Auch während des Interviews am Spätnachmittag hat er Rufbereitschaft als ehrenamtlicher Notarzt der Malteser. Kurz vorher hat er hinter dem Willibrordi-Dom zwei Stunden lang im mobilen Praxisanhänger der Malteser kostenlos Menschen behandelt, die keine Krankenversicherung haben oder sich scheuen, eine Arztpraxis aufzusuchen, weil sie drogenabhängig oder obdachlos sind.

„Bald ziehen wir in eine kleine Praxis in der Fluthgrafstraße um“, freut er sich, „denn im Winter ist es doch ziemlich kalt, wenn die Hilfesuchenden vor dem Behandlungsanhänger warten müssen.“ Malteser, Caritas, das Marienhospital und die Stadt ziehen nach Marx´ Erfahrungen in Wesel an einem Strang. Das Marienhospital übernimmt dabei dringend benötigte Röntgenbilder oder Blutuntersuchungen. Operationen kann das 15-köpfige Freiwilligenteam, zu dem Ärzte, Pflegekräfte und Fahrer gehören, allerdings nicht leisten.  

„Die meisten Menschen, die zu uns kommen, kennen wir längst mit Namen“, berichtet Marx. Das Notfallteam behandelt ihre Wunden, stellt den Blutdruck mit Medikamenten ein oder leistet Schwangerschaftsberatung. Außerdem gehen die Freiwilligen auch auf die Sorgen der Menschen ein. Marx liebt dabei die Teamarbeit. Den Weseler Ehrenamtspreis, den er jetzt bekommen hat, verdienten andere Notfallhelfer und -helferinnen genauso wie er, sagt er.

Frank Marx im Einsatz: Von Wesel bis nach Kairo

Regelmäßig fährt Frank Marx in der leuchtend orange-roten Malteser-Uniform mit dem Fahrrad durch die Innenstadt, auf der Suche nach kranken, obdachlosen Menschen. In den vom Lions Club gespendeten Satteltaschen befinden sich Verbandsmaterial, Salben und Tabletten, sodass er Verletzte gleich vor Ort verarzten kann. Abenteuerliche Einsätze abseits von Wesel gab es in seiner Laufbahn auch reichlich – in Nepal, dem Kongo, Angola. Zuletzt im August in Kairo. Dort war Marx als Malteser im Auftrag der EU für die Weltgesundheitsorganisation tätig. Mit anderen europäischen Ehrenamtlern organisierte er Hilfseinsätze für den Gazastreifen: „Viel zu wenige wurden von den Israelis hineingelassen“, sagt er rückblickend. Das seien Frustrationen, mit denen man umgehen müsse.

„Ich bin bei den Maltesern sozusagen der Nuntius der Evangelischen Kirche.“

Frank Marx

Ganz wichtig ist ihm, dass ehrenamtliche Arbeit kein selbstloses Geben ist: „Wer darf schon mit Blaulicht durch die Stadt fahren?“, lacht er. Man bekomme auch viel im Gegenzug. Eine Ausbildung, besondere Kenntnisse, viele Reisen und menschliche Begegnungen. Letztere verschafft ihm auch sein neustes Ehrenamt. Frank Marx lässt sich gerade zum Prädikanten der Evangelischen Kirche in Wesel ausbilden. Früher sprach man von Laienpredigern. Er steht bereits regelmäßig auf der Kanzel. Und wie passt das zu den katholischen Maltesern? Die Frage mag er: „Ich bin bei den Maltesern sozusagen der Nuntius der Evangelischen Kirche.“