Wesel. Der Malteserarzt Dr. Frank Marx aus Wesel ist im Auftrag der EU in Kairo, um von dort aus Einsätze von medizinischen Teams zu ermöglichen.

Zerstörung, viele Verletzte und zu wenige Hilfskräfte in Gaza: Was die Menschen hierzulande aus den Medien erfahren, erlebt der Weseler Dr. Frank Marx derzeit hautnah – zwar nicht persönlich vor Ort, aber durch seine Tätigkeit im Auftrag der EU in Kairo. Der Malteserarzt bereitet die Einsätze von internationalen medizinischen Teams der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Gaza-Streifen vor und unterstützt sie organisatorisch bei ihrer schwierigen Mission. Keine leichte Aufgabe, wie er der NRZ im Gespräch berichtet, denn die Formalitäten und Vorgaben sind kompliziert und ändern sich fast täglich. Und: „Die Sicherheitslage ist sehr angespannt“, berichtet er.

Das betrifft sowohl die Gefahr, dass die 14 medizinischen Teams – für die der Weseler und seine Kollegen ehrenamtlich tätig sind – in Kriegshandlungen geraten als auch die Kriminalität vor Ort. Doch die medizinische Hilfe wird in der Region dringend benötigt. Es gibt viel mehr Verletzte, als die Hilfskräfte in ihren Feldhospitälern oder mobilen Einheiten behandeln können, viel zu wenig Ausrüstung, berichtet der Weseler Notarzt und Anästhesist.

Er und seine Mitstreiter sind für ein Notfall-Koordinierungszentrum tätig, das in der Zentrale der WHO in Kairo ansässig ist. Von dort organisieren sie die komplizierte Einreise der Teams in den Gaza-Streifen und den Austausch von Personal. Sie kümmern sich zum Beispiel um die von Israel verlangten Formulare und Unterlagen für die 70 Ärzte, Techniker und Pflegekräfte. Alles muss sehr penibel und korrekt vorbereitet werden. „Sonst weist Israel sie zurück“, so Marx über die aktuelle Situation. Auch versuche man, die Ausreise verletzter Personen zu organisieren, etwa in die Vereinigten Arabischen Emirate – was aber noch nicht gelungen sei.

Hilfe für Gaza: Schwierige Ein- und Ausreise

Die Arbeit vor Ort sei für die Teams kein leichter Job: „Aus unterschiedlichen Gründen ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten sowie medizinischen Gütern problematisch. Die Sicherheit auch der Orte, an denen Patienten versorgt werden, ist nicht immer garantiert und selbst die Versorgung mit Treibstoff oder gekühlten Impfstoffen gelingt nicht immer“, schildert der Mediziner.

 Die Helfer im Auftrag der EU arbeiten im Kairo im Gebäude der WHO.
 Die Helfer im Auftrag der EU arbeiten im Kairo im Gebäude der WHO.

Das zwölfköpfige Team, in dem Frank Marx als stellvertretender Missionsleiter tätig ist, stammt aus Polen, Norwegen, Ägypten, Kenia, Deutschland und Österreich und organisiert auch den Transport von Hilfsmaterial. Auch hier gibt es viele Regeln zu beachten: Zelte zum Beispiel dürfen nur aufblasbar sein und keine Stangen enthalten, denn daraus könnten Waffen gebaut werden.

Am schwierigsten sei aber die Ein- und Ausreise der Helfer in und aus dem Gazastreifen: Zweimal die Woche starten Konvois ab Amman (Jordanien), nur 25 bis 30 Personen dürfen jeweils mitfahren – viel zu wenige, weil dringend mehr Hilfe gebraucht werde. Marx: „Das ist furchtbar“. Helfer müssen mitunter wochenlang auf ihre Einreise oder auf die Ausreise warten. So wie ein Arzt, der nach einem Bombenangriff mit Todesopfern arbeitsunfähig war und tagelang auf eine Erlaubnis warten musste, das Palästinensergebiet zu verlassen.

„Es wäre wichtig, dass sich die Situation dort ändert“

Frank Marx, Malteserarzt aus Wesel,
koordiniert von Kairo aus Hilfe für den Gaza-Streifen

Von Jordanien aus gehen die Konvois zunächst in den Süden des Gaza-Streifens, von dort aus fahren die Kräfte in gepanzerten Fahrzeugen weiter nach Gaza-Stadt, dort gibt es eine WHO-Einsatzzentrale. Über bevorstehende israelische Angriffe werden die Organisationen informiert, sodass sie ihre Leute rechtzeitig aus der Gefahrenzone bringen können. Alles in allem bleiben die Einsätze dennoch gefährlich. „Es wäre wichtig, dass sich die Situation dort ändert“, wünscht sich der Malteserarzt.

Weseler Arzt half schon in mehreren Ländern

In mehreren Regionen war Frank Marx für die Malteser schon im Auslandseinsatz, im Kongo, Indien, Angola oder der Ukraine zum Beispiel. Dass er diesmal keine medizinische, sondern administrative Hilfe leistet, stört ihn nicht, denn seine Tätigkeit ist wichtig für die Teams. „Wenn ich meine Arbeit nicht richtig mache, kommen die Leute nicht nach Gaza rein“, sagt er. Die Malteser schicken ihre Mitarbeiter nicht in die Kriegsregion: „Vielleicht, wenn ein Waffenstillstand herrscht.“ Der ist aber leider nicht in Sicht.

Im Gaza-Streifen wird medizinische Hilfe dringend benötigt.
Im Gaza-Streifen wird medizinische Hilfe dringend benötigt. © DPA Images | Mahmoud Essa

Am 24. August ist die ehrenamtliche Arbeit in Kairo für den Weseler beendet. Trotz aller Sorge um die Lage im Nahen Osten nimmt Frank Marx eine positive Erkenntnis von seinem Einsatz im EU-Auftrag mit nach Hause: „Wir erleben hier hautnah, was Europa bedeutet und dass Europa nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, sondern dass wir für Menschen da sind, die in Not sind.“