Wesel. Der Anteil älterer Menschen ist in Wesel höher als im NRW-Schnitt. Das hat Gründe. In einigen Stadtteilen steht bald ein Generationenwechsel an.
Beinahe ein Viertel der Menschen in Wesel ist aktuell älter als 64 Jahre. Wie aus dem neuen Sozialbericht der Stadt hervorgeht, gehören zu dieser Altersgruppe 23,8 Prozent der Menschen – damit liegt die Hansestadt über dem landesweiten Durchschnitt von 21,7 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren beträgt in Wesel derzeit 16,4 Prozent.
Die Daten liefern der Stadt wichtige Erkenntnisse bei Entscheidungen: Die Altersstruktur einer Gesellschaft gibt Hinweise, in welchen Lebensphasen (unter anderem Ausbildung, Berufsleben, Familiengründung oder Ruhestand) sich die Bevölkerung befindet und welche Infrastruktur für die Menschen wichtig ist: Neue Kitas oder ausreichend Pflegeplätze? Die Verwaltung richtet vor allem an den Entwicklungen der jüngeren Bevölkerung viele Planungen aus, wie zum Beispiel den Ausbau der Schulen.
Wesel: In älteren Stadtteilen stehen Generationenwechsel an
Der stadtweit höchste Anteil über 64-Jähriger wohnt in Wittenberg (30,6 Prozent). Auch in Flüren (30,5 Prozent) und Blumenkamp (30,1 Prozent) leben überproportional viele ältere Menschen. In Flüren gibt es allerdings einen Sondereffekt: Zum Sozialraum zählt auch die Grav-Insel mit ihrem großen Campingplatz. Der Bevölkerungsanteil der über 64-Jährigen beträgt dort 54,7 Prozent und hebt entsprechend den Wert an. Rechnet man diesen Bezirk heraus, kommt Flüren auf 28,8 Prozent. Die wenigsten älteren Menschen leben anteilig in Lackhausen (18,9 Prozent) und Schepersfeld (19,8 Prozent) – diese beiden Stadtteile weisen umgekehrt die höchste Anzahl von Kindern und Jugendlichen auf, mit 17,9 beziehungsweise 18,9 Prozent. Relativ ausgeglichene Altersstrukturen gibt es hingegen in Obrighoven, Büderich oder der Innenstadt.
Die drei ältesten Stadtteile gehören zu den sogenannten suburbanen Bereichen, die geprägt sind durch viele Ein- und Zweifamilienhaushalte. Die Altersentwicklung der Nachbarschaften wird dabei laut Sozialbericht stark von der „Siedlungsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte“ geprägt. Bedeutet: In neue entstandene Baugebiete sind vor Jahrzehnten überwiegend Menschen eingezogen, die gerade eine Familie gegründet haben. Im Laufe der Zeit verlassen die Kinder das Elternhaus und die Bevölkerung altert, bevor idealerweise ein Generationenwechsel eingesetzt hat und es zu einer altersmäßigen Durchmischung und Verjüngung kommt – in Flüren hat dieser Prozess bereits begonnen, auch in Wittenberg und Blumenkamp erwartet die Stadtverwaltung in den nächsten Jahren eine ähnliche Entwicklung. Aufgrund dieses Generationenwechsels und eines anhaltenden Zuzuges geht sie bis 2040 auch von einem deutlichen Einwohnerwachstum aus.
Hintergrund zum Sozialbericht
Mit dem ersten Sozialbericht will die Stadtverwaltung, die Lebenslagen der Bevölkerung in den verschiedenen Sozialräumen von Wesel beleuchten. Durch die Sozialberichterstattung wird eine Datenbasis zur Verfügung gestellt, die kommunale Fachplanungen und kommunalpolitische Entscheidungsprozesse unterstützen kann. Der Bericht beleuchtet die Themenfelder Demografie, soziale Lage, Wohnen und Pflege. Der gesamte Sozialbericht mit vielen weiteren Details und Daten ist auf der Internetseite der Stadt Wesel unter www.wesel.de/gesellschaft-bildung/sozialplanung abrufbar.
Wie in ganz Deutschland, gibt es auch in Wesel einen Unterschied in der Altersstruktur zwischen der deutschen und der nicht-deutschen Bevölkerung. Während unter den Deutschen fast jede vierte Person 65 Jahre oder älter ist, hat nur jede zehnte Person ohne deutschen Passe diese Altersgrenze überschritten. Der Anteil der minderjährigen Nichtdeutschen liegt mit 20,6 Prozent um fast fünf Prozent höher als unter den Kindern und Jugendlichen mit deutscher Staatsangehörigkeit.
Da in Wesel insgesamt weniger Ausländerinnen und Ausländer leben als im Landesdurchschnitt (12,2 Prozent statt 16,1 Prozent in Nordrhein-Westfalen), erkläre sich damit auch die abweichende Altersstruktur gegenüber dem Land, heißt es im Sozialbericht. Dass es bei den Gruppen ohne deutschen Pass mehr Kinder und Jugendliche gibt, ist auf Migrationsbewegungen zurückzuführen, die überwiegend von jüngeren Personen geprägt sind. So waren seit 2015 mehr als drei Viertel der Asylsuchenden jünger als 35 Jahre.