Wesel. Der Caritasverband hat die Notunterkunft in Wesel übernommen und einige Renovierungen vorgenommen. Was das Konzept den Wohnungslosen bietet.
Die kahlen Flure mit den frisch gestrichenen, weißen Wänden wirken nicht gemütlich. Aber sie sind sauber, ebenso wie die Zimmer, die mit einem Bett, einem kleinen Tisch und einem Stuhl pro Person spärlich möbliert sind. „Eher klinisch als wohnlich“, räumt Caritasdirektor Michael van Meerbeck ein, sieht es in der Weseler Notunterkunft für Wohnungslose aus. Er stellt klar: Sie ist als Akuthilfe gedacht, nicht als längerfristiges Quartier. Im Oktober hat der Caritasverband die Betreuung der Einrichtung von der Stadt übernommen. Die Notschlafstelle mit 48 Betten heißt nun Herberge und ist Baustein eines Angebots, mit dem die Caritas Menschen aus der Obdachlosigkeit verhelfen will – wenn sie es möchten.
Denn es gibt auch Obdachlose, die Hilfsangebote nicht annehmen. Das ist aber nicht die Mehrheit, weiß Stefanie Heikamp, Leiterin der Wohnungslosenhilfe. Die Caritas hat einige Veränderungen in der Herberge eingeführt, die nicht bei allen gut angekommen sind. Heikamp sieht inzwischen Fortschritte: „Wir schaffen es ganz gut, Vertrauen aufzubauen“, sagt sie. Die meisten Menschen in der Herberge sind nach ihrer Beobachtung froh, wenn sie jemand unterstützt.
In der Vergangenheit hat es immer wieder Ärger um die Notunterkunft gegeben. So haben sich die Bewohnerinnen und Bewohner über den Zustand der Einrichtung beschwert und darüber, dass sie in der Regel nicht tagsüber bleiben dürfen, außer bei strenger Kälte. Durch die Übertragung der Wohnungslosenhilfe an die Caritas sieht die Stadt Vorteile: „Die Menschen haben eine bessere Versorgung“, sagt Sozialdezernent Rainer Benien. Der Verband bietet nicht nur einen Schlafplatz, sondern auch Beratung und praktische Hilfe, die noch weiter ausgebaut werden soll.
„„Wir schaffen es ganz gut, Vertrauen aufzubauen““
In einem ersten Schritt hat die Herberge einen frischen Anstrich erhalten und neue Matratzen. Auch die Küchen sollen noch renoviert werden, schildert Michael van Meerbeck. Die Sanitäranlagen sind kein Luxus, aber funktionstüchtig. In einem Raum im Obergeschoss stehen Spinde, in denen die Bewohner ihre Sachen einschließen können. Die Taschen mit ihrer Bettwäsche können sie ebenfalls dort lagern. Denn anders als bisher müssen die Frauen und Männer morgens ihre Sachen mitnehmen, weil die Zimmer jeden Abend neu vergeben werden. Mal 30, mal 38 Personen suchen die Schlafstätte derzeit auf, erklärt Stefanie Heikamp.
Wohnungslosenhilfe in Wesel ist harte Arbeit
Noch bis Mai ist nachts ein Sicherheitsdienst vor Ort, danach übernimmt die Caritas mit eigenen Mitarbeitern komplett die Verantwortung. Was nicht immer leicht ist, wie van Meerbeck schildert. Denn die oft suchtkranken Menschen bringen mitunter eine Reihe von Problemen mit, manchmal müsse auch die Polizei einschreiten. Der Caritaschef bezeichnet die Betreuung der Wohnungslosen als eine der „härtesten Arbeit im Verband.“
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Tagsüber ist die Herberge nach wie vor geschlossen. Dafür haben die Menschen eine tägliche Anlaufstelle für die Zeit zwischen 9.30 und 17.30 Uhr: An der Fluthgrafstraße steht die Wärmestube offen. Dort gibt es eine warme Mahlzeit, für drei Euro etwa einen Eintopf, erklärt van Meerbeck. Dienstags und donnerstags öffnet die freie evangelische Gemeinde wenige Meter entfernt ihre Türen für die Wohnungslosen. Dann haben die Caritas-Mitarbeiter Zeit für Einzelberatungen. Die Kooperation mit anderen Einrichtungen, Stadt und Polizei lobt der Caritaschef ausdrücklich. Neben der freien Gemeinde leisten auch die Malteser mit ihrer mobilen Arztpraxis einen Beitrag: Künftig bieten sie montags an der Fluthgrafstraße eine regelmäßige Sprechstunde an.
In Wesel leben mehr Obdachlose als in umliegenden Kommunen, berichtet Michael van Meerbeck. Denn es zieht die Menschen ohne eigene Wohnung in die Städte, weil sie dort mehr Angebote finden. Ziel der Caritasmitarbeiter ist es, den Menschen zu helfen, wieder in den eigenen vier Wänden zu leben. Im Januar startet das Projekt „Housing first“: Die Fachkräfte helfen denjenigen, die ein selbstständiges Leben führen können, eine feste Bleibe zu finden. Für Personen, die mehr Alltagsbegleitung brauchen, soll als Zwischenschritt eine betreute Wohngruppe eingerichtet werden. Außerdem ist der Neubau der Wärmestube mit mehr Platz und Angeboten geplant. Die Planungen dafür sind gerade in Arbeit.