Wesel. Schon länger ist bekannt, dass die Caritas die Betreuung der Menschen in Wesels Notschlafstelle übernimmt. Was alles ansteht.

Ab dem 1. Oktober übernimmt der Caritasverband die Notunterkunft am Herzogenring, in der zurzeit 40 Personen übernachten. Die Weseler Stadtverwaltung hatte zu Jahresanfang als Folge der vielen Herausforderungen und Probleme in der städtischen Notfallstelle vorgeschlagen, die Betreuung und Beratung der Wohnungslosen in Wesel komplett in die Trägerschaft des Caritasverbandes zu geben und auszubauen. „Der Caritasverband war bei der Obdachlosenbetreuung schon immer ein wichtiger Partner der Stadt“, sagt Rainer Benien, Beigeordneter der Stadt. Der Wechsel in der Verwaltung bringt auch einige Veränderungen für Wesels Wohnungslose mit sich.

„Das Thema ist nicht einfach und die Zahlen der Wohnungslosen in Wesel steigen“, sagt Caritasdirektor Michael van Meerbeck. In der Notunterkunft, die mit der Übernahme des Caritasverbandes künftig „Herberge“ genannt wird, ändert sich einiges. Die Betreuung der Unterkunft wird ab dem 1. Juni 2025 durch Mitarbeiter der Caritas und das Team des betreuten Wohnens übernommen und nicht mehr, wie bisher, durch einen Securityservice. Eine weitere, für die Bewohner vermutlich weit wichtigere Änderung ist, dass es keine festen Schlafräume mehr geben wird.

Keine festen Betten mehr in der Unterkunft

Ab Oktober werden die Wohnungslosen, die in der Herberge nächtigen, am Morgen ihre Siebensachen zusammenpacken, ihr Schlafzeug in ein Regal und ihre Wertgegenstände in einen Stahlschrank räumen. Denn die Betten werden künftig jeden Abend neu vergeben. Die Schränke können die Obdachlosen für einen Zeitraum von jeweils vier Wochen buchen und auch verlängern. Eine Umstellung, die sicher nicht allen leicht fallen wird, die aber aus Sicht der Caritas notwendig ist. „Die Herberge soll den Menschen vorübergehend Obdach bieten und nicht als dauerhafte Unterkunft verstanden werden“, stellt van Meerbeck klar. Langfristig soll den Menschen mit Maßnahmen wie dem Pilotprojekt „Housing First“ zu eigenem, privatem Wohnraum verholfen werden.

In der Herberge gelten darüber hinaus nach wie vor Regeln. Menschen, die stark alkoholisiert werden oder unter Drogeneinfluss stehen, werden nicht beherbergt. Auch aggressives Verhalten wird dazu führen, dass Wohnungslose abgewiesen werden. Das dient auch dem Schutz des Personals, welches mit Fertigstellung des Neubaus deutlich aufgestockt wird.

Neubau als künftige Anlaufstelle

Neben den Veränderungen in der Herberge steht auch der Neubau einer Wärmestube am bestehenden Gebäude auf der Fluthgrafstraße an. „Das Gebäude wird hell und einladend“, erläutert van Meerbeck die Baupläne. Die Wärmestube, auch Café genannt, wird 80 der rund 300 Quadratmeter einnehmen. An den Aufenthaltsraum angeschlossen wird es eine Küche mit Vorratskammer geben. Außerdem stehen den Wohnungslosen dort in Zukunft Duschen für Männer und Frauen sowie Waschmöglichkeiten zur Verfügung. „Ähnlich wie in einem Waschsalon“, beschreibt der Caritasdirektor.

Das Café wird täglich von 9.30 bis um 17.30 Uhr geöffnet sein. Auch einen Nachtschalter wird es geben, an dem Wohnungslose ab Mai auch außerhalb der Öffnungszeiten einen Ansprechpartner finden. „Uns ist wichtig, dass die Menschen den ganzen Tag über ein Dach über dem Kopf haben“, sagt Rainer Benien. In der Wärmestube können sich die Wohnungslosen tagsüber aufhalten, wie auch jetzt schon in der Stube an der Fluthgrafstraße. Im neuen Gebäude werden sie mit Schnittchen, Kaffee und Kuchen sowie Getränken und Speisen wie Eintöpfen versorgt.

„Es geht darum, die Grundversorgung der Menschen zu sichern“, betont van Meerbeck. „Sie sollen ankommen können und sich vor allem wohlfühlen.“ Die Räumlichkeiten an der Fluthgrafstraße, die aktuell noch als Wärmestube dienen, werden in Zukunft umgestaltet und für das betreute Wohnen genutzt. Ziel des Caritasverbandes ist es, dass irgendwann keine Herberge für wohnungslose Menschen mehr notwendig ist. Doch Erfolge sind nur schwerlich zu erkennen, da immer wieder neue Menschen in Not auf freigewordenen Plätze nachrücken.

Stadt und Caritas wollen Wohnungsräumungen verhindern

„Die Zahl der Wohnungsräumungen hat zugenommen“, berichtet Rainer Benien. „Die Stadt arbeitet mit dem Caritasverband zusammen, um Wohnungslosigkeit zu vermeiden, indem beispielsweise mit Vermietern gesprochen wird.“ Michael van Meerbeck ist von dem Konzept in Wesel überzeugt. „Ich persönlich kenne keine andere so hohe Förderungssumme, die in wohnungslose Menschen investiert wurde“, sagt er mit Hinblick auf die bisherigen Entwicklungen und anstehenden Maßnahmen.

„Das alles geht aber nicht, wenn die Gesellschaft uns nicht mitträgt.“ Vor allem die Wertschätzung den Menschen in Not gegenüber sei wirklich wichtig. „Wir würden uns wünschen, dass sich ein Kreis von Ehrenamtlichen aufbaut, die uns bei unserer Arbeit unterstützen.“

So können Sie helfen

Neben der Notwendigkeit, dass gestellte Antrage auf Förderungen bearbeitet und bewilligt werden müssen, wünschen sich das Caritas-Team und die Stadt Wesel vor allem ehrenamtliche Unterstützung. „Wir brauchen Menschen mit großen Herzen und Händen“, bringt Michael van Meerbeck es auf den Punkt. Dabei kann die Hilfe aus dem Kochen einer Mahlzeit in der Wärmestube bestehen – Mittel für die Einkäufe werden gestellt – ganz klassisch aus Spenden für den guten Zweck oder auch aus der Bereitstellung von Wohnraum. Letzteres ist besonders wichtig, um mehr Wohnungslosen zu einer Chance auf ein selbstbestimmteres Leben mit Privatsphäre zu verhelfen und wird durch die Stadt und den Caritasverband begleitet.