Wesel. Der Caritasverband erhält eine Förderung von einer Million Euro für Obdachlosen-Projekte in Wesel. Dazu gehört ein neues Konzept und ein Neubau.

Die Zustände in der städtischen Notschlafstelle hatten in den vergangenen Monaten zu Protestaktionen der Bewohner geführt. Unter anderem forderten sie eine Aufenthaltsmöglichkeit für den Tag. Das Problem soll in einigen Wochen gelöst sein: Der Caritasverband übernimmt die Betreuung der wohnungslosen Menschen von der Stadt Wesel und plant den Ausbau der Angebote. Schon bald sollen sich sie täglich an der Fluthgrafstraße aufhalten können, wo eine ganz neue Anlaufstelle mit „Wärmestube“ und betreutem Wohnen geplant ist. Unterstützt wird die Caritas bei ihren Plänen von der Sozialstiftung NRW, die die Planungen mit insgesamt knapp 1,1 Millionen Euro bezuschusst.

Den Förderbescheid überbrachte jetzt der Stiftungsratsvorsitzende Marco Schmitz mit dem Hinweis, dass es sich um die größte Förderung der Sozialstiftung bisher in der Obdachlosenhilfe handele. „Bis 2030 soll Wohnungslosigkeit in unserem Bundesland der Vergangenheit angehören“, nannte er das Ziel der Stiftung. So passen die Projekte in Wesel gut zum Anliegen der Sozialstiftung.

Die Bewohner der Notschlafstelle in Wesel hatten im Frühjahr dagegen protestiert, dass sie tagsüber die Zimmer verlassen müssen. Nun verspricht ein Konzept der Caritas eine Lösung.
Die Bewohner der Notschlafstelle in Wesel hatten im Frühjahr dagegen protestiert, dass sie tagsüber die Zimmer verlassen müssen. Nun verspricht ein Konzept der Caritas eine Lösung. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Mithilfe der Fördermittel plant die Caritas in der Fluthgrafstraße und Am Lilienveen Um- und Ausbauarbeiten, um Wohnungslosen mehr Hilfe anbieten zu können. Der Verband will die beiden bisher vom Bauverein und der Honerbachstiftung angemieteten Gebäude kaufen. Gut die Hälfte der Kaufsummen steuert die Stiftung bei, den Rest finanziert die Caritas.

„Wir haben einen großen Bedarf, denn es gibt eine wachsende Zahl von Menschen in Wohnungslosigkeit“, erklärte Caritasdirektor Michael van Meerbeck. Das gilt nicht nur für Wesel, sondern auch für die Nachbarkommunen. Rund 200 Personen besuchen inzwischen laut van Meerbeck die Wohnungslosenhilfe an der Fluthgrafstraße, der Platz reiche nicht mehr aus.

Caritas kauft zwei Häuser für Obdachlosenhilfe

Im Haus Am Lilienveen, in dem früher eine Jugendwohngruppe untergebracht war, soll künftig eine WG für wohnungslose Menschen in besonderen Lebenssituationen werden. Hier könnten zum Beispiel Alleinerziehende oder queere Menschen leben, maximal zehn Personen finden in dem Haus Platz. Schon ab November könnten die ersten Bewohner einziehen. Langfristig sind weitere Umbauarbeiten geplant, auf die Wohnungsbauförderung hofft die Caritas für 2025.

Zuschüsse für drei Projekte

Die knapp 1,1 Millionen Euro Förderung für das mehrgliedrige Hilfssystem für Obdachlose in Wesel fließt in drei Projekte: 310.000 Euro sind als Anschubfinanzierung für Personal und Sachkosten des „Housing First“-Projekts gedacht. Mit 680.800 Euro bezuschusst die Sozialstiftung NRW den Ankauf des Gebäudes an der Fluthgrafstraße sowie den Bau der Wärmestube. 102.600 Euro steuert sie zum Kauf des Hauses Am Lilienveen bei. Die Stiftung des öffentlichen Rechts erhält jährlich 25 Millionen Euro aus den Erlösen der Spielbanken in NRW und fördert damit soziale Projekte.

An der Fluthgrafstraße ist ein Neubau auf dem Grundstück hinter dem Bestandsgebäude geplant. Auf rund 300 Quadratmetern entsteht – im Idealfalls schon bis Sommer 2025 – die „Wärmestube“. Die Wohnungslosen können sich in den Räumen aufhalten, Mahlzeiten einnehmen, Wäsche waschen und duschen. Außerdem erhalten sie durch das Caritas-Team Rat und Hilfe. Die nur wenige Schritte entfernte Notschlafstelle, die ebenfalls von dem Sozialverband übernommen wird, ist tagsüber geschlossen.

Diese Regelung hatte zu Protesten der Bewohner geführt, auch die Politik hatte sich eingeschaltet. Bis zur Fertigstellung der Wärmestube sollen sich die Wohnungslosen nun im Caritas-Café aufhalten können. Das Bestandsgebäude wird nach der Eröffnung des Neubaus für das betreute Wohnen umgebaut, auf drei Etagen entsteht Wohnraum für 15 Bewohnerinnen und Bewohner. Die Drogenberatung im Erdgeschoss ist nicht von den Plänen betroffen.

Ein Teil des Zuschusses fließt außerdem in das Projekt „Housing First“, das nicht nur für Wesel, sondern auch für Dinslaken, Voerde, Hamminkeln, Hünxe und Schermbeck aufgebaut werden soll. Es zielt darauf ab, obdachlosen Menschen schnell neuen, dauerhaften Wohnraum zu vermitteln.

Mitarbeiter der Caritas nehmen dabei Kontakt zu Vermietern auf und leisten Überzeugungsarbeit, stehen anschließend für die Vermieter als Ansprechpartner bereit und bieten den Bewohnern Hilfe auf freiwilliger Basis an. Laut Sozialstiftung hat das Projekt eine hohe Erfolgsquote bei der Stabilisierung obdachloser Menschen. Das alles hofft der Caritasverband mithilfe der Fördermittel nun schnell umsetzen zu können.