Wesel. Ein Veranstalter will ein mehrtägiges Festival auf dem Großen Markt ausrichten. Doch die Wochenhändler sind sauer – bald entscheidet die Politik.

Bekommt Wesel im nächsten Jahr ein neues Groß-Event in der Innenstadt? Der professionelle Veranstalter Kai Meesters arbeitet derzeit an Plänen für ein mehrtägiges Wein,- Food- und Musikfestival auf dem Großen Markt. Der NRZ-Redaktion liegt ein Kurzkonzept vor, das der Veranstaltungsexperte nach eigenen Angaben bereits der Politik und der Wirtschaft vorgestellt hat. Demnach soll das neue und kostenlose Event Ende Mai oder Anfang Juni 2025 den zentralen Platz beleben – mit einer Mischung aus Weinfest, kulinarischen Angeboten und Live-Musik. Es gibt aber auch massive Kritik an der Idee.

Meesters ist in Wesel kein Unbekannter. Der Inhaber einer Agentur berät Veranstalter aus dem Kultur- und Sportbereich – und hat in der Hansestadt zwei Events selbst umgesetzt: Die Sportnacht, bei der Sportlerinnen und Sportler geehrt werden, und das Domspringen auf dem Großen Markt – das bei seinen ersten Austragungen nicht nur hochklassige Stabhochspringer, sondern auch zahlreiche Besucherinnen und Besucher angelockt hatte.

Nun drängt Meesters mit der nächsten Veranstaltung auf den Marktplatz. Seine Festivalidee habe hohes Potenzial, „gutes Publikum nicht nur aus Wesel anzulocken und so zu einer gesteigerten Lebensqualität vor Ort beizutragen, sondern auch den Tourismus für Wesel nachhaltig zu steigern.“ Der Große Markt als Wesels „Vorzeigeplatz“ bietet die besten Voraussetzungen dafür – zudem könne das Event die Innenstadt und die Einkaufstraße zusätzlich beleben. Er will auf Qualität setzen und hochkarätige Namen nach Wesel bringen, zum Beispiel Starkoch Nelson Müller.

Event in Wesel: Veranstalter braucht zeitnah die Zusagen

Die Zeit ist allerdings knapp: Denn um mit den Planungen zu beginnen, benötigt Meesters bis Ende des Jahres die Zusage der Stadt für eine Freigabe des Marktplatzes an einem Samstag, wenn hier normalerweise der Wochenmarkt abgehalten wird. „Daher habe ich nun die Weseler Politik darum gebeten, die Durchführbarkeit des Events von Freitag bis Sonntag auf dem Großen Markt zu prüfen und hoffnungsvoller Weise seitens der Stadt zu befürworten und zu bewilligen“, formuliert es der Veranstalter.

Der Große Markt in Wesel weckt Begehrlichkeiten als Veranstaltungsort – das gefällt nicht jedem.
Der Große Markt in Wesel weckt Begehrlichkeiten als Veranstaltungsort – das gefällt nicht jedem. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Es gibt jedoch ein Problem. 2014 hatte der Stadtrat beschlossen, dass die Marktbeschicker den Großen Markt an allen Samstagen nutzen dürfen – einzige Ausnahme ist der Adventmarkt, der traditionell am ersten Adventswochenende ausgerichtet wird. An diesem Samstag zieht der Wochenmarkt deshalb zum Kornmarkt um. „Das ist für uns eine riesige logistische Herausforderung“, sagt Axel Tepaß, Metzger aus Rheinberg und Sprecher der Marktbeschicker. Die Begebenheiten dort seien „sehr, sehr eng“ und nicht alle Händler hätten Platz – zudem breche der Umsatz an den verlegten Tagen um 20 bis 30 Prozent ein.

Weseler Wochenmarkt: Händler sind sauer

Tepaß wehrt sich deshalb im Namen der Markthändler vehement gegen weitere Veranstaltungen auf dem Großen Markt an Samstagen. „Das wird den Wochenmarkt schwächen, das Wichtigste ist, dass wir kontinuierlich da sind“, betont der Lebensmittelhändler im Gespräch mit der NRZ-Redaktion. „Es ist ein Schlag ins Kontor, wenn der Markt zurückgedrängt wird.“ Der anvisierte Termin Ende Mai/Anfang Juni falle zudem mitten in die Erdbeer- und Spargelzeit, dann seien noch mal mehr Händlerinnen und Händler vertreten – auf dem Kornmarkt hätten dann kaum alle Platz.

Der erfahrene Marktbeschicker erwartet, dass viele Stände absagen werden und fürchtet, dass einige gar nicht mehr nach Wesel zurückkehren. Außerdem sieht er die Gefahr, dass eine gelungene Veranstaltung auf dem Großen Markt die Begehrlichkeiten nach weiteren Wochenend-Events weckt. „Und selbst wenn es nur die eine Veranstaltung wäre, würde uns das treffen“, sagt Tepaß, der sich fragt, warum das angedachte Festival nicht auf dem Kornmarkt organisiert werden kann. Der große und beliebte Wochenmarkt sei ein Alleinstellungsmerkmal für Wesel und ziehe vor allem samstags Besucherinnen und Besucher aus der gesamten Region an.

Zur Seite springt dem Händler die SPD. „Der Wochenmarkt sorgt für eine hohe Frequenz in der Innenstadt und stärkt den örtlichen Handel. Es wäre ein großer Fehler, ihn zugunsten von Events zu gefährden, die nur wenige Male stattfinden und keine nachhaltige Wirkung haben“, betont Rafael Lorberg, Vorsitzender des Stadtverbands. Seine Partei sehe den Vorschlag deshalb kritisch, den Wochenmarkt zugunsten von Veranstaltungen zu verlegen oder ausfallen zu lassen.

„Es wäre ein großer Fehler, den Wochenmarkt zugunsten von Events zu gefährden, die nur wenige Male stattfinden und keine nachhaltige Wirkung haben“

Rafael Lorberg
Stadtverbandsvorsitzender der SPD

„Im schlimmsten Fall machen wir einen seit Jahrhunderten bestehenden Markt kaputt und stehen am Ende mit leeren Händen da, wenn die Veranstaltungen nach kurzer Zeit verschwinden oder in andere Städte verlagert werden“, wird sein Stellvertreter Moritz Hußmann in einer Pressemitteilung der Sozialdemokraten zitiert.

Es gebe in Wesel genug geeignete Flächen für Veranstaltungen, ohne den Wochenmarkt zu verdrängen. Der Markt müsse langfristig gestärkt werden – Events sollten woanders stattfinden. „Wir stehen neuen Veranstaltungen in der Stadt grundsätzlich offen gegenüber und begrüßen Initiativen von Veranstaltern ausdrücklich. Doch wir müssen darauf achten, dass etablierte Angebote wie der Wochenmarkt nicht verdrängt werden“, erklärt Lorberg weiter. 

Das Mehrheitsbündnis aus CDU, FDP und Grünen hat die geplante Veranstaltung ebenfalls auf die politische Tagesordnung gesetzt – bei der Ratssitzung im Dezember soll Kai Meesters sein Konzept ausführlich vorstellen. Danach soll einem Sprecher der Marktbeschicker Gelegenheit gegeben werden, deren Position darzustellen. Der Rat soll dann noch in derselben Sitzung darüber entscheiden, ob die Fläche an einem Samstag freigegeben wird oder nicht. „Uns ist sehr an einer einvernehmlichen Lösung gelegen“, betonten die Fraktionsvorsitzenden Jürgen Linz, Ulrich Gorris und Michael Oelkers in ihrem Antrag.

Meesters kennt die Bedenken der Marktleute und hat sich mit ihnen ausgetauscht. Er hofft darauf, dass am Ende ein Weg gefunden wird, mit dem beide Seiten leben können. „Ich bin mir sicher, dass die Marktbeschicker von der Veranstaltung profitieren können. Aber es muss Lösungen geben, bei denen wir den Großen Markt gewinnbringend für die Menschen in dieser Stadt nutzen können“, sagte er im Gespräch mit der NRZ-Redaktion.