Oberhausen. Böses Erwachen für zahlreiche Eigentümer: Ihre Grundsteuer hat sich deutlich erhöht. Wie viele der Besitzer auf die Bescheide reagieren.
Der Name Hotline hat derzeit für die Telefonnummer zur Beratung in Sachen Grundsteuer wohl alle Berechtigung. Denn die Telefone im Rathaus laufen heiß.
Extra geschaltete Hotline nutzen Oberhausener Eigentümer zur Beschwerde
Scharenweise melden sich Haus- und Grundstückseigentümer, weil ihnen die Unterlagen wie ein Brief mit sieben Siegeln vorkommen. Viele können nicht nachvollziehen, wie die Stadt nun zu der neuen Berechnung gekommen ist, andere lassen auch ihrem Unmut über die Höhe der Summe freien Lauf. Zugleich kündigen auch eine Reihe von Bürgern an, Widerspruch einlegen zu wollen. Einige dieser Schreiben sind auch schon im Rathaus eingetroffen.
Wenn sich die Besitzer gegen die Bescheide zur Wehr setzen, dann richtet sich ihr Protest häufig gegen die Festsetzung des Grundstückswertes, den das Finanzamt vorgenommen hat. „Damit sind die Bürger aber bei der Stadt an der falschen Adresse“, unterstreicht Kämmerer Apostolos Tsalastras im Gespräch mit der Redaktion. Die Stadt müsse diese Einstufung des Gebäudes und Grundstücks durch das Finanzamt bei ihrer Berechnung übernehmen. Entsprechende Hinweise befinden sich auch in den städtischen Bescheiden.
Widersprüche richten sich eigentlich gegen das Finanzamt
Für einen Widerspruch gegen den Finanzamtsbescheid dürfte es in den allermeisten Fällen zu spät sein. Die Behörde hat die Unterlagen 2022 und 2023 verschickt, die Widerspruchsfrist betrug vier Wochen. Eine Hintertür könnte sich aber noch auftun, wenn die Eigentümer eine Neubewertung ihres Grundstücks beantragen.
Allerdings benötigt man für eine solche Neubewertung ein anerkanntes Profi-Gutachten, das die Eigentümer selbst zahlen müssen, sagt Jochen Schütz, Geschäftsführer des Eigentümerverbandes „Haus & Grund“ in Oberhausen. Und sinnvoll sei es ohnehin nur, wenn sich auch wirklich Ansätze ergeben würden, dass die Behörde mit ihrer Bewertung falsch liegen könnte. Nach Auskunft des Steuerportals haufe.de hat ein Eigentümer dann die Pflicht, nachzuweisen, dass - vereinfach gesagt - das Finanzamt die Bewertung mindestens 40 Prozent zu hoch angesetzt hat.
Den beiden Finanzämtern in Oberhausen liegen indes rund 11.700 Widersprüche gegen die Höhe der Immobilien-Bewertung vor, die fristgemäß eingegangen sind. Die allermeisten hat die Behörde allerdings ruhend gestellt und wartet auf eine letztgültige Gerichtsentscheidung. Es laufen derzeit mehrere Musterverfahren, die sich anhand konkreter Fälle gegen das in NRW angewandte Berechnungsmodell richten. Wann ein Ergebnis vorliegt, lässt sich momentan aber nicht sagen.
Oberhausener Besitzer kritisieren die Folgen der Aufsplittung des Hebesatzes
Darüber hinaus landen im Rathaus die Widersprüche gegen den städtischen Grundsteuer-Bescheid, den die meisten im Januar erhalten haben. Diese haben eine ganz andere Stoßrichtung. Sie wenden sich nämlich gegen die Höhe der neuen städtischen Grundsteuer-Hebesätze - und insbesondere dagegen, dass diese erstmals durch Beschluss des Stadtrates aufgesplittert worden sind.
Zum ersten Mal erhebt Oberhausen ab 2025 zwei unterschiedliche Sätze: Der eine gilt für reine Wohngrundstücke, womit Wohngebäude samt Grund und Boden gemeint sind. Er liegt mit 727 Prozent zwar höher als noch im vergangenen Jahr (670 Prozent), aber erheblich niedriger als für Nicht-Wohngrundstücke. Dazu gehören Betriebe ebenso wie Gebäude mit gemischter Nutzung von Wohnen und Gewerbe. Zudem zählen aber auch komplett unbebaute Flächen dazu. Hier ist der Grundsteuer-Satz annähernd doppelt so hoch wie für Wohngrundstücke - und beträgt 1389 Prozent.
Gerade Gewerbetreibende bekommen es so mit einem enormen Kostensprung zu tun, aber auch Besitzer von Grundstücken, die rein als Garten dienen oder einfach brach liegen. Wenn die Besitzer Widerspruch einlegen, führen sie als maßgebliches Argument die Ungleichbehandlung von Grundstücken ins Feld.
Oberhausener Kämmerer geht von Klageverfahren gegen das Splitting aus
Nun gibt es aber für diese Form der Widersprüche noch keine gerichtlichen Musterverfahren. Damit ist hier die Ausgangslage auch ganz anders als bei der zuvor genannten Wertermittlung der Immobilien. Tsalastras geht davon aus, dass es aber noch Klagen geben wird und voraussichtlich Musterprozesse zustande kommen. Das kann durchaus mehrere Monate dauern. Wer im Übrigen den Widerspruch nutzt, dürfte nach Ansicht von Experten auf der sicheren Seite sein, wenn durch Gerichtsbeschlüsse Rückzahlungen fällig werden sollten. Gültig sind Widersprüche, die innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Erhalt des Bescheids im Rathaus eingetroffen sind.
Während der Ausgang möglicher Klagen noch offen ist, steht für den Kämmerer eines fest: Die Stadt wird in diesem Jahr nicht mehr Grundsteuer einnehmen als im vergangenen Jahr, rund 47 Millionen Euro. Tsalastras betont das, weil auch immer wieder Stimmen zu hören sind, nach denen die Stadt die Gelegenheit genutzt habe, um klammheimlich an der Steuerschraube zu drehen. „Doch das Ergebnis der Grundsteuer fällt dieses Jahr genauso aus wie im vergangenen Jahr.“
Oberhausener Rat hat die Aufteilung der Grundsteuer beschlossen
Die Aufteilung der Abgabe in eine niedrige und eine deutlich höhere Variante hatte der Rat zudem vor folgendem Hintergrund beschlossen: Bei einem einheitlichen Steuersatz, der dann fast 900 Prozent betragen hätte, würden 74 Prozent der Wohngrundstücke stärker belastet, 26 Prozent weniger. Bei Nichtwohngrundstücken (Gewerbebauten) würden 53 Prozent mehr belastet, 47 Prozent weniger.
Bei zwei verschiedenen Steuersätzen sinkt im Vergleich zum Einheitsmodell der Anteil der Wohngrundstück-Besitzer, die mehr zahlen, auf 53 Prozent, 47 Prozent kommen günstiger davon als bislang. Die Inhaber von Gewerbegrundstücken werden zu zwei Drittel stärker zur Kasse gebeten. Aber immerhin zahlt auch von ihnen ein Drittel weniger Grundsteuern, obwohl der Steuersatz auf fast 1400 Prozent steigt.
Oberhausener Kämmerer sieht ein finanzielles Risiko für die Stadt
Tsalastras hatte sich in der Vergangenheit allerdings wiederholt gegen ein Splitting ausgesprochen. Er befürchtet folgendes Szenario: Wenn Gerichte eine Ungleichbehandlung bei der Grundsteuer anerkennen sollten, könnte es sein, dass Städte Geld zurückzahlen müssen. Das Kostenrisiko für Oberhausen beziffert der Kämmerer auf rund 8,7 Millionen Euro im Jahr.
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