Oberhausen. Städte haben die Grundsteuerbescheide verschickt. Viele Eigentümer sind wegen der Höhe der Abgabe verärgert. Was der Verband Haus & Grund sagt.
Bis zum Versand der Grundsteuerbescheide vor etwas über einer Woche trudelten beim Eigentümerverband Haus & Grund in Oberhausen nur ab und an Fragen ein, was da wohl auf die Hausbesitzer zukomme. Seitdem die Papiere in der Welt sind, steht das Telefon des Verbands nicht mehr still, auch jede Menge Mails treffen ein. Der Ärger entzündet sich vor allem bei den Hauseigentümern, die durch die geteilte Grundsteuer das Nachsehen haben und jetzt das Doppelte oder noch mehr bezahlen müssen.
Ladenlokal im Erdgeschoss verteuert die Grundsteuer für zahlreiche Hausbesitzer in Oberhausen
Seit diesem Jahr wird in Oberhausen erstmals die Grundsteuer B gesplittet: Besitzer von reinen Wohnhäusern zahlen einen Satz von 727 Prozent. Handelt es sich um ein Gebäude mit einer gemischten Nutzung, Wohnen und im Erdgeschoss ein Geschäft beispielsweise, steigt der Satz auf satte 1389 Prozent. Dabei, so erklärt Jochen Schütz, Chef von Haus & Grund, tritt der Fall immer dann ein, wenn die gewerbliche Nutzung über 19 Prozent liegt. „Da reicht meist schon das Ladenlokal aus, in dem ein Friseur, ein Bäcker oder ein Kiosk untergebracht ist. Auch wenn ein Garagenhof zum Bestand gehört, wird der Flächenanteil oft schon überschritten.“
Hausbesitzer in Oberhausen sind verunsichert, wie sie die Grundsteuer auf die Mieter umlegen sollen
Grundsätzlich hat Schütz durchaus Verständnis für den Unmut, den die betroffenen Mitglieder äußern. Denn die Abgabe steigt für sie von einem Jahr auf das andere ganz erheblich. Statt einer niedrigen dreistelligen Summe verlangt die Stadt plötzlich Beträge im mittleren vierstelligen Bereich. „Das kann für den einen oder anderen natürlich auch zu finanziellen Engpässen führen.“ Die Steigerung bekommt auch der Verband selbst zu spüren. Im vergangenen Jahr – mit einem Einheitssatz, der zudem niedriger lag – zahlte Haus & Grund für seine Immobilie an der Christian-Steger-Straße knapp 3000 Euro, künftig muss er 5000 Euro jährlich an die Stadt überweisen.
Es ist aber nicht nur der Frust allein, der bei Haus & Grund anlandet. Manche Eigentümer, die sowohl Wohnungen als auch Ladenlokale vermieten, wollen meist wissen, wie sie die höhere Grundsteuer denn auf die Mieter umlegen sollen und können. Bei einem Einheitssatz trat ein solches Problem nicht zutage, denn es gab nun mal keine Unterschiede.
Jetzt aber überlegen die Eigentümer, ob sie die Privatleute schonen und ihnen eine niedrige Abgabe berechnen, den Gewerbetreibenden dafür eine höhere. Die niedrige würde sich dann beispielsweise nach dem Grundsteuersatz für reine Wohnhäuser richten (also 727 Prozent). Doch Schütz verweist auf ein Urteil des BGH (8. März 2006 VIII ZR 78/05). Danach ist eine solche Aufteilung bei Wohnungen, die keiner Mietpreisbindung unterliegen, grundsätzlich nicht erforderlich und hätte bei einem Rechtsstreit auch keinen Bestand.
Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid hält Oberhausener Verband für wenig ratsam
Angesichts der Unzufriedenheit, die Hausbesitzer verspüren, wollen zahlreiche von ihnen auch wissen, ob sie gegen den Grundsteuerbescheid der Stadt Widerspruch einlegen können. Schütz hält ein solches Vorgehen für wenig ratsam, wobei es innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Papiere möglich ist. „Man muss aber beachten, dass sich ein solcher Widerspruch dann nur gegen die reine Berechnung richtet“, unterstreicht der Geschäftsführer. Wer in einem solchen Verfahren unterliegt, müsse zudem die Kosten tragen. Die Bewertung des Grundstücks, der Hebesatz oder auch die Aufteilung des Hebesatzes sind nicht Gegenstand eines solchen Verfahrens.
Derweil sind vor mehreren Gerichten Musterverfahren gegen die Bewertung von Immobilien anhängig, aber derzeit ist noch kein abschließendes Urteil erfolgt. Ob die Aufteilung des Hebesatzes, wie es Oberhausen und andere Städte entschieden haben, vor Gerichten standhält, ist derzeit noch offen. Kämmerer Apostolos Tsalastras hatte bis zum anderslautenden Ratsentscheid auch immer wieder gemahnt, dass die Splittung ein erhebliches Rechtsrisiko in sich berge, und zwar wegen der Ungleichbehandlung der Immobilien.
Manche Gärten in Oberhausen werden wie Baugrundstücke bewertet
Neben den Eigentümern, die durch das Splitting auf einmal massiv belastet werden, weiß Schütz auch von Besitzern, die aus einem ganz anderen Grund deutlich mehr zahlen müssen: „Das sind oftmals Gebäude mit einem großen Grundstück, darunter auch manche alten Zechenhäuser, zu denen ein Garten gehört.“ Solche Flächen seien von den Finanzämtern aufgrund geltender Gesetze wie ein Baugrundstück bewertet worden. Zugrunde gelegt haben die Fachleute die Bodenrichtwerte für Oberhausen, die die Stadt regelmäßig neu festlegt. „Auch das führt zu einer erheblichen Kostensteigerung“, erläutert Schütz.
Bei den beiden Oberhausener Finanzämtern haben rund 11.700 Bürger Widerspruch gegen die Neubewertung ihrer Grundstücke eingelegt. Die Behörden haben die Verfahren ruhend gestellt. Sie wollen abwarten, bis die Musterverfahren abgeschlossen sind.
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