Oberhausen. Santiano entern bald die Bühne in Oberhausen. Frontmann Björn Both spricht im Interview über Helene Fischer und Gefahren Künstlicher Intelligenz.
Die See wird wieder aufgewühlt, Santiano entern mit Hits wie „Salz auf unserer Haut“ und „Wellerman“ die Konzerthallen und gastieren am Donnerstag, 10. Oktober 2024, in der Rudolf-Weber-Arena (Beginn: 20 Uhr, Tickets zwischen 50 und 90 Euro) neben dem Centro Oberhausen. Ein Interview mit Frontmann Björn Both (59) aus Husum - ganz ohne Seemannsgarn.
Mit „Auf nach Doggerland“ geht es zurück zu euren Fans, wie fühlt sich das an?
Björn Both: Sehr gut, natürlich. Das ist der Grund, warum wir überhaupt Musik machen. Das ist das A und O. Alles andere, wie Platten machen und TV-Shows zu spielen, sind nur schmückendes Beiwerk und dienen dem einen Ziel: live zu spielen. Sobald der Gong ertönt und Menschen bereit sind, für uns Eintritt zu zahlen, sind wir in der Bringschuld. Ob in der großen Arena in Berlin oder in einem Wald im Allgäu. Es ist an uns, in jeder Location einen schönen Abend zu kreieren.
Ihr habt schon mehrfach das Metal-Festival „Wacken Open Air“ (WOA) aufgemischt. Wird daraus ein Dauerbesuch?
Björn Both: Alle paar Jahre kann man das schon machen. Wir können dort aber nicht jedes Jahr spielen. Uns ist klar, dass wir keine Metal-Band sind. In den Augen manch eingefleischter Metalfans, haben wir in Wacken überhaupt nichts zu suchen. Aber trotzdem spielen wir auf der Hauptbühne – und die Stimmung ist wirklich enorm.
Das Publikum unterscheidet sich trotzdem zu euren normalen Konzerten – macht einen das vorher fertig?
Björn Both: Fertig? So schnell macht uns nichts fertig. Nein. Aber, wer allzu breitbeinig dort hingeht, ohne den nötigen Respekt, der macht schon am Start eine Menge falsch. Wir haben vorher immer gesagt: Hey, wir reihen uns hier nicht ein, sondern sind eine kleine Sideshow. Uns war durchaus bewusst, dass wir auf die Gnade und Barmherzigkeit der Fans angewiesen sind. Und klar, ein paar metal-lastige Songs haben und spielen wir schon. Darüber hinaus gibt es mit dem Wacken-Publikum einfach eine nordisch-herbe Schnittmenge.
Hand aufs Herz, habt ihr musikalische Vorbilder?
Björn Both: Ganz ehrlich? Eigentlich nicht. Vielleicht ein paar. Es gibt nicht die eine Band oder den einen Musiker, der uns besonders inspiriert hat. Selbst wenn ich jetzt einen Namen nennen würde, würde ich den eine Sekunde später wieder revidieren. Wir hören einfach alles, was geil klingt.
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Ihr habt mit vielen Kollegen zusammengearbeitet, habt früher bei Helene Fischer im Vorprogramm gespielt. Gibt es noch Kontakt mit Musikern aus den Anfangsjahren?
Björn Both: Jetzt wühl das doch nicht alles wieder auf! (lacht) Wir waren auch zu Gast in Helenes TV-Shows. Und wir haben einige Duett-Stücke mit ihr gespielt. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir gemeinsam Partys feiern. Wir freuen uns, wenn wir uns zwischendurch sehen, wenn sich unsere Wege zufällig kreuzen. Die Zusammenarbeit mit Helene war uns zu dem Zeitpunkt schon wichtig. Von ihrer unglaublichen Professionalität kann sich jeder eine Scheibe abschneiden. Es ist aber nur eine von vielen Kooperationen, die wir mit großartigen Kollegen hatten.
Ihr steht für musikalisches Handwerkszeug, spielt auf der Bühne verschiedene Instrumente. Wie steht ihr zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI)?
Björn Both: Das hängt davon ab, wessen Geistes Kind der Bediener der KI ist. Wir können als Menschen mit der KI viel Zeit und Energie sparen, die Menschen plötzlich wieder für sich haben. Wir können Abläufe optimieren, besser und sicherer machen. Wir können sie durchaus zum Guten für Mensch, Tier und Planet einsetzen. Aber: Wir können mit der KI auch genau das Gegenteil erreichen.
Das klingt eher nach gesellschaftlichen Sorgen?
Björn Both: Mir bereitet das schon Sorge. Wir sind in unserer Denke noch Raubtiere und Echsen, verfügen aber über Möglichkeiten, die weit über die von Raubtieren und Echsen hinausgehen. Und wenn wir uns die gegenwärtige Entwicklung so anschauen, gibt es da eine gewisse Diskrepanz zwischen der menschlichen Reife und dem Willen, sich der Folgen seines Handelns bewusst zu sein. Wir können jetzt schon die Lüge nicht mehr von der Wahrheit unterscheiden. Wie wird sich da der Einsatz von KI auswirken?
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Wie steuert eine Gesellschaft dagegen?
Björn Both: Bildung, Bildung, Bildung. Am Ende brauchen wir kluge, intelligente Menschen, die den Kampf gegen die Dummen aufnehmen, die die Freiheit und die Demokratie torpedieren und ohne jede Einsicht bereit sind, diesen Planeten auf vielfältige Weise weiter zu zerstören.
Was macht dir Hoffnung?
Björn Both: Bei den Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus haben sich zum Beispiel unterschiedlichste Menschen unter einer Flagge vereinigt – für eine wichtige Sache und den starken Moment. Davon brauchen wir mehr. Manchmal muss man an einem Strang ziehen, auch wenn man im Detail vielleicht unterschiedlicher Meinung ist. Hat aber leider nicht viel genützt, wenn wir das Erstarken der rechten Kräfte betrachten.
Haben Musiker eine gesellschaftliche Vorbildfunktion?
Björn Both: In erster Linie sind wir Unterhaltungskünstler. Und wir versuchen nicht, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen. Aber wir sind auch sehr mit der See vertraut. Und im Umgang mit den Ozeanen sind die Menschen nun einmal komplett auf dem Holzweg. Darum engagieren wir uns in diesem Bereich. Wir sind auch Botschafter der Seenotretter. Und wir setzen uns für Freiheit, Toleranz, Respekt und Zusammenhalt ein. Am Ende versuchen wir unseren Worten immer Taten folgen lassen.
Ein Konzert in Oberhausen musste vor zwei Jahren sehr kurzfristig abgesagt werden, geistert das noch in eurem Kopf herum?
Björn Both: Dafür noch einmal ein großes Sorry! Wir freuen uns darauf, das wieder grade zu biegen. Die Absage geschah während der Corona-Zeit. Allerdings war nicht Corona der Grund, sondern eine andere Krankheitsgeschichte, die ein Konzert einfach nicht ermöglichte. Es mussten seinerzeit noch ein paar Konzerte mehr abgesagt werden. Wir freuen uns sehr auf das Konzert in Oberhausen. Jeder Fan kann sich darauf verlassen: Wo Santiano draufsteht, ist auch Santiano drin.
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