Oberhausen. Stadt verwechselt. Text vergessen. Kostüm kaputt. Helene Fischer spielte in Oberhausen ein völlig verrücktes Konzert. 9300 Fans waren begeistert.
Keiner ist fehlerfrei, singt Schlagerkönigin Helene Fischer. Und wer die öffentliche Krönung der 38-Jährigen zur Branchen-Superheldin in den vergangenen Jahren verfolgt hat, mag am Wahrheitsgehalt solcher Songzeilen beinah zweifeln.
Da wirkt es am Dienstagabend beim ersten von fünf (!) aufeinanderfolgenden Konzerten in der Arena Oberhausen geradezu erleichternd, dass Frau „Hundert Prozent“ (so heißt tatsächlich ein 2009 von ihr aufgenommenes Frühwerk) nicht immer nach Drehbuch durch zweieinhalb Stunden plus Pause fegt, fliegt und feiert.
Helene Fischer in Oberhausen: Zwischen Club-Pop und Schlager-Klassikern
Helene Fischer balanciert vor 9300 Fans in der fast, aber nicht komplett ausverkauften Arena Oberhausen zwischen coolem Club-Pop und heimeligen Schlager-Klassikern.
Auch wenn ihre Garderobe gefühlt viertelstündig wechselt, von edel über sexy bis sportlich reicht, hat man das Gefühl, dass sie nahbar bleibt wie zu ihren volkstümlichen Anfangszeiten. Kaum ein Satz kommt ohne „Ihr Lieben“ aus.
Die Plauderei mit dem Oberhausener Publikum sorgt für etliche Schmunzler - bei den Zuschauern und der Sängerin selbst. Zuerst macht ihr ein weiblicher Fan auf einem gebastelten Plakat ein Angebot schmackhaft. „Tausche einen Brownie gegen ein Selfie mit dir!“
Die Sängerin lenkt ein, staunt aber, dass die strahlende Anhängerin die selbst gebackene Süßigkeit plötzlich tatsächlich, im Folienbeutel versiegelt, aus ihrer umgeschnallten Bauchtasche zückt. „Ich habe schon viel bei Konzerten gesehen, aber das…“
Helene Fischer in Oberhausen: Fan aus Österreich fährt 1000 Kilometer
Ein anderer Fischer-Jünger hat seine absolvierte Anreise auf Pappe verschriftlicht. Satte 1000 Kilometer düste der Fan aus dem Süden von Österreich nach Oberhausen. Fischer: „Mensch, wir kommen auch nach Wien. Warum fährst du bis nach Düsseldorf?“
Düsseldorf? Im Innenraum beginnt jetzt das große Murmeln, bis es auch Helene Fischer auf dem Bühnensteg mitbekommt. „Was habe ich gerade gesagt, wo ich bin?“ Diese Städte-Panne schafften in der Oberhausener Arena übrigens schon andere Künstler, unter anderem der damalige Teenie-Star Justin Bieber.
Es bleibt weiter unterhaltsam. Als „So losgelöst frei, frei, frei…“ aus dem Song „Flieger“ über Helene Fischers Lippen geht, löst sich ein Stoff-Teil ihres Bühnen-Kostüms, was sie deutlich sichtbar auf der Großleinwand mit einem langen Lacher quittiert.
Herbeigeeilte Helferinnen flicken das Outfit noch während des Liedes in Windeseile. Als ihr zwischendurch noch die Textzeilen ausgehen, löst die erfahrene Sängerin es sympathisch, indem sie die Fans einspringen lässt.
Helene Fischer in Oberhausen: Sängerin sorgt für Akrobatik-Spektakel
Es sind kurze Nuancen der Schlager-Anarchie. Das überwiegende Konzert gestaltet Helene Fischer wie ein großes Spektakel ohne Platz für Fehler. So stockt teilweise der Atem, wenn Akrobaten und Tänzer aus dem „Cirque du Soleil“ auf freischwebende Leitern kraxeln und Helene höchstpersönlich topfit auf der Mittelbühne, unter der Decke und über den Köpfen akrobatisch ihre Runden dreht.
Ein mechanischer Roboter-Arm wirbelt sie zu „Atemlos“ sogar wie auf einem Karussell umher. Das ist gleichermaßen mutig und, zugegeben, großes Konzert-Kino.
Irgendwann regnet ein Wasserfall von der Hallendecke, der jede Flashdance-Darstellerin neidisch machen würde. Und wenn ihr Lebenspartner, der Luftakrobat Thomas Seitel, wie eine Mischung aus Tarzan und Aquaman am Hochseil zum gemeinsamen Schmusen einfliegt, ist auch die liebliche Seufz-Passage erreicht.
Helene Fischer in Oberhausen: Pyro-Effekte und grelles Glitzerlicht
Helene Fischer spielt in Oberhausen mit dem Feuer. Mit flackernden Pyro-Effekten, grell glitzernden Bühnenwänden, einer großen Live-Band, Akrobaten, Tänzern und etlichen Outfits. Dazu serviert die Sängerin knapp 30 Hits von „Achterbahn“, „Herzbeben“, „Phänomen“ bis „Mitten im Paradies“ und „Die Hölle morgen früh“.
Das ist kurzweilige Unterhaltung. Der Applaus hält lange an. Dass einige Schlager-Klassiker elektronisch aufgemöbelt sind, aber ausgerechnet ein Feten-Medley von früher als Akustik-Set gespielt wird, bleibt dagegen rätselhaft.