Oberhausen. Weniger Stationen, mehr Zuspruch: Zur Extraschicht haben Besucher in Oberhausen gestaunt. Horrorkulissen, Fußball und eine besondere Currywurst.

Eine Nacht der Industriekultur und trotzdem müssen tausende Besucherinnen und Besucher in Oberhausen nicht im Dunkeln stehen: Mit Gasometer, Energieversorgung Oberhausen (EVO) und Theater an der Niebuhrg beteiligten sich weniger Standorte als sonst bei der Extraschicht. Hat es dem Bummel an besonderen Revier-Standorten geschadet? Nein, kann man nicht sagen, wenn man am Samstag auf manch üppige Erkundungsschlange blickt. Gerade die Niebuhrg wirkt an der Stadtgrenze von Oberhausen und Duisburg wie ein lockender Leuchtturm.

„Warst du schon im Keller? Wahnsinn!“, tauscht sich eine Familie aus. Den Extraschichtlern geht hurtig ein Licht auf: im ehemaligen Zechengemäuer, auf dem Schotterhof, sogar in einer frei stehenden Attraktion, die den Eindruck von Draußen und Drinnen vermischt.

Eine Tour gehört dazu: Am Theater führt Niebuhrg-Herr Holger Hagemeyer persönlich durch das historische Gemäuer der ehemaligen Zeche Concordia.
Eine Tour gehört dazu: Am Theater führt Niebuhrg-Herr Holger Hagemeyer persönlich durch das historische Gemäuer der ehemaligen Zeche Concordia. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Bei Buhrg-Herr Holger Hagemeyer blinkt erstmal die Alarmlampe: „Wenn das so weiter geht, werden die Würstchen knapp!“ Bereits um 18 Uhr stehen die Leute in der Schlange. „Wir hatten 600 Besucher in den ersten 45 Minuten“, rechnet Hagemeyer vor. „Normalerweise kommen zur Extraschicht 200 Menschen pro Stunde.“

Es sind die urbanen, unfertig wirkenden Kellerräume der ehemaligen Zeche Concordia, die für perfekte Kulissen sorgen. In Schwarzlichträumen zeigen Künstler schräge, fluoreszierende Installationen: Neon-Wäscheleinen, grelle Teestuben und mit Kerzen bebaute Waschbecken. Der blubbernde und in bedrohlichen Rot-Tönen illuminierte „Vulkansee“ hätte auch als Kinokulisse für Horrorfilme wie „Blair Witch Project“ dienen können. Eine beeindruckende Vermengung von Licht, Ton und Wasser. Hagemeyer erklärt: „Die Räume werden tatsächlich manchmal als Filmkulisse vermietet.“

Extraschicht 2024 in Oberhausen: Drinnen und Draußen verschmelzen im Lichtdome

Für ihre Lasershow müssen die Macher kurzfristig die Spiel-Frequenz erhöhen. „Wir haben alle Pausen gestrichen!“ Und ein Stückchen weiter neben der Showbühne, auf der Musical-Hits von der „Eisprinzessin“ erklingen, steht die Attraktion, mit der die Niebuhrg-Mannschaft noch eine Menge vor hat.

Der „Lichtdome“ ist aus weichem, aber widerstandsfähigem Kunststoff gefertigt, wie eine Kuppel geformt, aber komplett durchsichtig. Die Akustik ist beeindruckend, selbst Flüstergeräusche werden durch die Form hörbar. Ein Gebäude? „Streng genommen ist der Lichtdome ein Zelt.“

Wie aus einem Horrorfilm: Im Keller der Niebuhrg konnten Interessierte zur Nacht der Industriekultur einen blubbernden Vulkansee bestaunen.
Wie aus einem Horrorfilm: Im Keller der Niebuhrg konnten Interessierte zur Nacht der Industriekultur einen blubbernden Vulkansee bestaunen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Die Attraktion ist gekommen, um zu bleiben. „Wir wollen hier bald Lesungen und Ausstellungen zeigen“, sagt Holger Hagemeyer. Der Vorteil bei Events, die schon gut besucht sind: Neugierige können noch von außen hineinblicken.

Auch kulinarisch erhaschen die Extraschicht-Besucher, die mit Bussen anreisen, an der Niebuhrg ein Highlight: Besonders häufig bestellt, wird die eher ungewöhnliche „Currywurst Spezial“, die neben der Soße noch Röstzwiebeln und Gurken beinhaltet.

Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, schafft es in wenigen Minuten von der Niebuhrg zur Energieversorgung Oberhausen (EVO), die zum ersten Mal dabei ist. Und Energie, die aus den Füßen stammt, wird beim Stromerzeuger gewürdigt: Es gibt eine bewachte Fahrrad-Garage. Kein Wunder, schließlich hat die Nacht der Industriekultur entgegen anderer Prognosen diesmal Wetterglück.

Extraschicht 2024 in Oberhausen: Viel Wissenswertes zur Premiere im Heizkraftwerk

Auf dem Versorgungshof ist ein kleiner Jahrmarkt aufgebaut, auf dem sich die Oberhausener Herrengesangstruppe „Emscherspatzen“ für ihren Bühnenauftritt vorbereiten. Doch im Heizkraftwerk von Alt-Oberhausen nebenan spielt eigentlich die Musik: Hier stöbern die Besucher durch verwinkelte Gänge, schauen auf moderne Anlagen und historische Relikte wie eine auf der Empore verbaute Schalttafel, die aus der Zeit um 1900 herum stammt.

Mitarbeitende der Energieversorgung stehen an vielen Ecken und erklären den neugierig Lünkernden die bulligen Turbinen oder blinkenden Anzeigetafeln. Es gibt viel zu sehen und eine kleine Mutprobe absolvieren Zartbesaitete auf dem durchsichtigen Gitterrost auf einer höheren Ebene.

Vergangenheit und Gegenwart: Bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) informierten sich die Extraschicht-Besucher sowohl über historische als auch aktuelle Gerätschaften.
Vergangenheit und Gegenwart: Bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) informierten sich die Extraschicht-Besucher sowohl über historische als auch aktuelle Gerätschaften. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Und so erfahren die Gäste, was eine Erregermaschine mit der Stromversorgung zu tun hat. Oder wie die von Siemens hergestellte „Gegendruckturbine 3“ aus dem Jahr 1971 unter hohem Druck von heißem Dampf angetrieben wird - und als Wärmekraftmaschine dient. Damit werden Generatoren angetrieben, um elektrische Energie zu erzeugen.

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Die Tour kommt an. Kinder lassen sich unter alten Türrahmen fotografieren. Eltern beobachten eine Leinwand, auf der die Geschichte des Standorts erklärt wird. Tenor unter den Besuchern: „Es ist gar nicht schlecht, dass neue Spielorte bei der Extraschicht in Oberhausen hinzukommen.“ Apropos Spiel - auch das Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid läuft im Hof in einem halboffenen Zelt. Ein bisschen Malocherverein von früher passt ja irgendwie doch...

Extraschicht 2024 in Oberhausen: „Die Welle“ fasziniert Besucher als beeindruckender Ruhepol

Eine Menge zu tun haben auch die Helfer am Gasometer. „Zum Start standen die Besucherinnen und Besucher bis zur Unterführung an“, sagt Gasometer-Chefin Jeanette Schmitz. Danach beruhigte sich der Zulauf zwischenzeitlich. Viel los auf dem Gelände - aber keine großen Wartezeiten am Eingang. Bis 20 Uhr, also nach zwei Stunden Extraschicht, meldet das Personal bereits knapp 3000 Menschen in der Ausstellung. Am Ende des Abends zählte man über 4000.

Einfach beeindruckend: Die Wucht der Welle erfasste auch die Fans der Extraschicht zur Ausstellung „Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen.
Einfach beeindruckend: Die Wucht der Welle erfasste auch die Fans der Extraschicht zur Ausstellung „Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Während Alleskönner Nito Torres seine Stimme ölt und die Musikband Grubenrock die Instrumente stimmt, liegen sie in der Ausstellung „Planet Ozean“ reihenweise flach - auf bequemen Bodenpolstern. Wer die Inszenierung „Die Welle“ noch nicht gesehen hat, sollte dies unbedingt nachholen. Die Mischung aus seh- und hörbaren Eindrucken führt die Besucher unter die Wasseroberfläche.

Die Liegeplätze unter der Installation und der 40 Meter hohen Leinwand sind begehrt. Bei sphärischer Musik sollte aber keiner müde sein - wohliges Schlummern nicht ausgeschlossen. Trotz des großen Zuspruchs auf dem Gelände, befindet sich hier ein beeindruckender Ruhepol der Extraschicht.

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