Oberhausens Gasometer-Schau: Tiefsee auf 40-Meter-Leinwand
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Oberhausen. Die neue Oberhausener Gasometer-Schau widmet sich nach dem Erfolg des „zerbrechlichen Paradieses“ dem Ozean – mit erstaunlichen Bilderlebnissen.
Der kostbar schimmernden Modellkugel unseres blauen Planeten wird Ende November 2023 im Oberhausener Gasometer die Luft abgelassen. Stattdessen formen das Gasometer-Team und ihre Mitstreiter für die neue Ausstellung „Planet Ozean“ ab Frühjahr 2024 die perfekte Welle – groß genug, um darauf einen Blauwal im Originalformat als Projektion zeigen zu können.
Unglaubliche 40 mal 18 Meter wird die geschwungene Leinwand in der Folge-Schau nach der Erfolgsausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ messen, die über den Köpfen des Gasometer-Publikums als transparente Gaze-Fläche beginnt, um sich dann entlang der Stahlwand der Riesentonne hochzuschwingen. Dank dieser „immersiven Inszenierung“, so Gasometer-Chefin Jeanette Schmitz, können die Besucher im „Planet Ozean“ wie Taucher in die Tiefsee vordringen.
Das Geheimnis ist damit gelüftet, was das neue Thema der neuen Ausstellung ist. „Wir werden schon seit Wochen von den Besuchern gelöchert“, erzählt Schmitz – seit bekannt ist, dass jetzt „Paradies“-Ausstellung mit ihren 1,2 Millionen staunenden Bewohnern dieses bedrohten Planeten nicht über den 26. November 2023 hinaus verlängert wird. Für die Vorbereitung der neuen Schau sind dann gut drei Monate Pause im Gasometer ohne Besucherinnen und Besucher nötig.
„Planet Ozean“ ist – angekündigt vom 15. März bis 30. Dezember 2024 – nun als 18. Ausstellung seit „Feuer und Flamme“ 30 Jahre zuvor der logische Nachfolger der Millionen-Schau. „Die Verfassung der Ozeane ist essenziell für die Menschheit“, sagt Jeanette Schmitz. Und zumal die Tiefsee sei weniger erforscht als das Weltall, dem das Gasometer-Team immerhin schon 2010 „Sternstunden“ gewidmet hatte.
Wie schon beim „zerbrechlichen Paradies“ zeigt auch die ozeanische Ausstellung in rund 160 Großformaten spektakuläre Fotografien. Vergleichbar ist auch die dramatische Erzählung, zu der sich diese Bilderpracht ordnet: von der Schönheit zum Schrecken, von scheinbar unberührter Naturschönheit zu ihrer existenziellen Bedrohung. „Das ist jetzt nur ein ganz kleiner Ausschnitt“, hatte die Gasometer-Chefin ihrer Bilderschau für die Presse vorausgeschickt. Der packende Auftakt mag auf manche wie ein Blick in Sci-Fi-Welten wirken: So bizarr sind manche Lebewesen der Tiefsee.
Die weiteren Kapitel der Fotostrecke im Gasometer-Parterre bewegen sich über die „Zone des Lichts“ in den geringeren Meerestiefen zu den Küsten-Biotopen: von kalifornischen Kelp-Wäldern bis zu überraschend malerischen Seegraswiesen in der Kieler Förde. Neben strahlenden Naturfotos kündigt Jeanette Schmitz für den „Planet Ozean“ auch „mehr Exponate“ der dreidimensionalen Art an: Möglich macht’s die enge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Meeresmuseum Stralsund. Das Kuratoren-Trio aus Schmitz, dem Fotografen Thomas Wolf und Nils Sparwasser vom DLR-Forschungszentrum hatte sich zuvor einige renommierte Aquarien angesehen.
Unerhört: die Stimmen der Meeresbewohner
Doch nicht nur die Optik bis hinauf zur 40-Meter-Welle lässt staunen. Im wörtlichsten Sinne „unerhört“ ist auch ein relativ kleiner Raum für 20 bis 25 Besucher, akustisch gedämpft von der Umgebung, in dem erstmals die Stimmen des Meeres für Landbewohner zu hören sein werden: „Wussten Sie, dass Korallen knacken? Und dass Fische singen?“, fragt Jeanette Schmitz. Walgesänge zur Entspannung in der Badewanne sind also längst nicht alles. Chris Watson, 71-jährige britische Eminenz natürlicher „Field Recordings“, hat diese Stimmen gesammelt, um eindrucksvoll eine leichtfertige Sentenz des Tauchpioniers Jacques Cousteau (1910 bis 1997) von der „Stille unter Wasser“ zu widerlegen.
Einen kleinen Globus, ähnlich seinen Pendants in der aktuellen Ausstellung, wird es übrigens auch 2024 in Europas größter Ausstellungstonne geben: Er beantwortet, angesteuert per Tablet, zahllose Besucherfragen – vom Zustand der Meere über Strömungen der ozeanischen „Klimawalze“ bis zu Schifffahrtsrouten.
Die größte technische Herausforderung allerdings stellt sich in Gestalt der teils transparenten Welle und wie sie überzeugend zu bespielen ist. Hierfür sicherten sich die Ausstellungsmacher geradezu futuristische Kompetenz aus dem „Ars Electronica Center“: Schließlich firmiert das 2009 eröffnete Haus im österreichischen Linz als „Museum der Zukunft“. Und so betont Jeanette Schmitz denn auch: „Für die Welle gibt es kein Vorbild!“ Alle Bildvorlagen für das auf Gaze und Leinwand dahinschwebende Meeresleben werden eigens digitalisiert und zu einem 15-minütigen „Tauchgang“ komponiert.
Gasometer Oberhausen
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Brutale Wahrheiten der ökologischen Nah-Katastrophe
Apropos Komposition: Auf den speziellen Klang des 117,5 Meter hohen Gasometers hat sich wohl niemand so fein eingestimmt wie der Österreicher Rupert Huber, der bereits die laufende Ausstellung in sphärische Klänge taucht. Und doch setzt auch „Planet Ozean“ wie schon „Das zerbrechliche Paradies“ sein staunendes Publikum auch den brutalen Wahrheiten der ökologischen Nah-Katastrophe aus. Wie hatten denn die Zuschauer der in acht Wochen endenden Ausstellung reagiert auf Bilder von sterbenden Eisbären und gewilderten Elefanten? „Wir hatten nicht eine Beschwerde“, versichert die Gasometer-Chefin – wohl wissend um den „starken Tobak“.
Starke Verbündete für die 18. Ausstellung im Gasometer
Den Ausstellungsetat erwirtschaftet die Gasometer GmbH selbst aus Eintrittsgeldern. Allerdings braucht es Mäzene für ein so technisch anspruchsvolles Vorhaben wie „Planet Ozean“. Möglich macht’s die Zusammenarbeit mit dem Meeresmuseum Stralsund sowie die Unterstützung der Deutschen Postcode Lotterie.
Förderer mit wichtigem technischen Know-how sind Esri (Environmental Systems Research Institute) und Epsom als Lieferant von sieben Hochleistungsprojektoren. Förderer sind auch die Energieversorgung Oberhausen (EVO) sowie der Naturschutzbund NRW.
Der Aufbau der ozeanischen Ausstellung beginnt schon während des Abbaus von „Das zerbrechliche Paradies“, das noch bis Sonntag, 26. November, zu sehen ist. Eintrittskarten kosten 12 Euro, ermäßigt 9 Euro, als Familienkarte 29 Euro, online informiert gasometer.de
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