Mülheim/Oberhausen/Essen. Rüde Cream aus Bulgarien entwischte kurz vor dem Geburtstag seines Essener Frauchens. Eine große Suche von Mülheim bis nach Oberhausen folgte.
„Es wäre mein schönstes Geschenk, wenn Cream an meinem Geburtstag wieder zu Hause wäre“ - am Wochenende hatte Nicole Klug diesen Satz gesagt, nachdem ihr Hund ausgebüxt war und eine aufwändige Suche, teils entlang der A 40, viele Mülheimerinnen und Mülheimer bewegt hatte. Am Montag feierte die Hundehalterin ihren 38. Geburtstag - mit einem tierischen Happy End?
Es war dieser eine unachtsame Moment, als nicht nur die Haustür aufstand, sondern auch das zusätzliche Absperrgitter - und schon war Cream weg, entlaufen an der Hildegardstraße in Dümpten. Dort war der etwa zweijährige Rüde gerade bei einer Hundesitterin untergebracht, weil sein Frauchen Nicole Klug auf einer Fortbildung war. Alle Versuche, das scheue Tier selbst wieder einzufangen, verliefen ohne Erfolg. Cream rannte immer weiter und wollte partout nicht zurückkommen. „Wir haben den ganzen Wittkampbusch nach ihm abgesucht“, erzählt die Hundehalterin, die Ende der Woche vorübergehend von ihrem Seminar zurückgekehrt war, um nach ihrem Hund zu gucken. „Es waren viele Helfer dabei, die uns unterstützt haben.“ Auch ihre beiden Söhne, neun und zehn Jahre alt, haben mitgesucht nach ihrem vierbeinigen Freund - doch zunächst vergebens.
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Ehrenamtliche Helfer suchen nach entlaufenem Hund in Mülheim - Tipps über Facebook
Erst seit Mai lebt der junge Hund, der ursprünglich aus Bulgarien stammt und dort von der Straße gerettet wurde, in Deutschland - bei Nicole Klug und ihrer Familie in Essen-Überruhr. Seine Vergangenheit als Streuner sei dem Rüde durchaus anzumerken, sagt sein Frauchen: „Er ist ein Angsthund, vor allem laute Geräusche, etwa von Lkw, oder das Wehen von Fahnen verschrecken ihn.“ Als er nun ausgebüxt war, habe er sich zunächst sicher ganz gut alleine durchschlagen können. „Das Leben auf der Straße war er ja gewöhnt. Weil er aber in Mülheim nur zu Besuch war, kannte er sich nicht aus und hätte auch niemals den Weg nach Hause gefunden“, ist die 38-Jährige überzeugt.
Um Cream wohlbehalten wiederzubekommen, haben Klug und die Hundesitterin letztlich die Tierrettung Essen e.V. eingeschaltet, einen Verein mit Sitz in Essen. Mit insgesamt vier Personen waren die ehrenamtlichen Tierretter - unterstützt von weiteren Helfern - über Tage nahezu rund um die Uhr beschäftigt, um den Hund zu finden und zu sichern. Von „Fangen“ will der Leiter der Tierrettung, Stephan Witte, nicht sprechen, denn einem solch scheuen Tier hinterherzujagen mit der Absicht, es einfangen zu wollen, verschlimmere die Situation nicht selten. „Wir haben den Hund ganz genau beobachtet und eine individuelle Taktik aufgebaut, um Cream zu sichern“, berichtet Stephan Witte, der auf einen aufwändigen Einsatz zurückblickt: „Drei Tage und Nächte waren wir im Dauereinsatz.“
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Ausgebüxter Hund Cream rennt in Mülheim an der A 40 entlang
Dabei kam allerlei Technik zum Einsatz wie hoch spezialisierte Nachtsichtgeräte, die, so Witte, auch das Militär nutze. „Wir haben ihn so aus sicherer Entfernung verfolgt und konnten ihn stressfrei beobachten“, schildert der Tierretter, der nach eigenen Angaben seit 13 Jahren entlaufene Haustiere aufspürt. „Wir standen auch in Kontakt mit der Autobahnpolizei, weil der Hund drohte, auf die A40 zu laufen - dann ist er aber an der Ausfahrt Dümpten vorbeigerannt.“ Im Bereich der Johanniter in Dümpten an der Straße Denkhauser Höfe und weiter auf der Mellinghofer Straße Richtung Oberhausen war Cream gesichtet worden, meldeten Nutzer auf Facebook, wo viele bei der Suche nach dem Hund mitfieberten.
Ohne die vielen Hinweise und die fachkundige Unterstützung der Tierrettung Essen e.V. hätte sie ihren Cream vermutlich nicht wiederbekommen, fürchtet Nicole Klug. „Die Tierrettung hat mit ihrem Equipment und ihren Sonderrechten, etwa im Notfall die Autobahn sperren zu lassen, enorm geholfen.“
Essener Tierretter über Hunde aus dem Ausland: „Das beschert uns nur Probleme“
Dass Cream zu den zahlreichen Hunden gehört, die Tierschützer aus anderen Ländern wie Spanien oder eben Bulgarien nach Deutschland holen und hier in ein Zuhause vermitteln, hat es für Stephan Witte und sein Team nicht eben leichter gemacht, sagt der Koordinator des Einsatzes. Denn, so Witte: „Diese Hunde haben einen extremen Fluchtinstinkt. Wenn sich denen die Gelegenheit bietet, dann sind die weg.“ Witte macht keinen Hehl daraus, dass er absolut nichts davon hält, Tiere aus dem Ausland nach Deutschland zu bringen: „Das beschert uns nur Probleme, so kommen auch Krankheiten ins Land.“
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Für ihn bestehe Tierschutz darin, die Tiere vor Ort zu kastrieren. Cream sei bei Weitem nicht der erste Hund aus dem Auslandstierschutz, den sein Team aufwändig habe suchen müssen. „Wir haben zusätzlich zu den täglich rund drei medizinischen Rettungseinsätzen im Durchschnitt einmal im Monat einen Einsatz, bei dem wir Hunde suchen und sichern müssen - davon sind 70 Prozent Auslandshunde“, schildert Witte und sagt: „Ein Muss sollte sein, dass diese Hunde mit einem GPS-Tracker ausgestattet werden, um sie orten zu können. Denn sonst bleiben viele auf der Strecke und kommen ums Leben.“
Der in Mülheim entlaufene Hund taucht in Oberhausen bei der Feuerwehr auf
Dieses traurige Schicksal ist Cream erspart geblieben. Schließlich wurde der Hund auf dem Gelände der Hauptfeuerwache in Oberhausen an der Brücktorstraße entdeckt. „Dort hatte er sich in eine Ecke des Geländes zurückgezogen, zu der es nur einen Eingang gab - den haben wir dann gemeinsam mit der Feuerwehr abgesichert“, schildert der Tierretter. Als klar war, dass es sich um Cream handelt, eilte auch Nicole Klug nach Oberhausen. „Ich habe mich hingehockt und ihn gerufen“, erzählt die Hundehalterin. Spätestens als sie ihm Käsewürfelchen anbietet, war Cream klar, dass er bei ihr richtig ist. „Da saß er schon halb auf meinem Schoß, sodass wir ihm das Sicherheitsgeschirr umlegen konnten.“
Augenscheinlich wohlbehalten hat die Essenerin ihren Hund zurück. „Der hat gar nichts, keine Wunde - nur etwas dreckig war er“, erzählt das glückliche Frauchen. Zu Hause habe Cream erst mal ausgiebig getrunken und schließlich geschlafen - sehr, sehr lange. Nicht nur für ihre beiden Söhne ist somit ein riesengroßer Wunsch in Erfüllung gegangen. Auch die Hoffnung von Nicole Klug, ihren 38. Geburtstag am Montag nicht ohne Cream feiern zu müssen, hat sich erfüllt.
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