Mülheim. Mischling Lucky war tagelang verschwunden. Sein Frauchen glaubte schon nicht mehr daran, ihn wiederzusehen. Doch es kam zum tierischen Happy End.
Was dieser kleine Vierbeiner wohl in den vergangenen Tagen durchgemacht hat, ganz auf sich allein gestellt, verirrt in einem ihm unbekannten Gebiet? Fast eine Woche war Mischlingshund Lucky verschwunden, nachdem er in Styrum entwischt und von Findern an die Feuerwehr übergeben worden war. Als die Einsatzkräfte den Hund ins Mülheimer Tierheim einliefern wollten, ging Lucky stiften – und war tagelang verschwunden. Wie die verzweifelte Suche doch noch ein glückliches Ende fand.
Familie Scherbaum hat schlaflose Nächte und sorgenvolle Tage hinter sich. Lucky, ihr zehn Jahre alter Mischlingsrüde, war beinahe eine Woche lang verschwunden. Annika Scherbaum hatte ihre drei kleinen Kinder, fünf, vier und zwei Jahre alt, schon darauf vorbereitet, dass ihr vierbeiniger Kumpel vielleicht nicht mehr nach Hause kommen würde. Von Tag zu Tag wuchs die Trauer in gleichem Maße, wie die Hoffnung schrumpfte, Lucky noch lebend zurückzubekommen. „Er ist ein totaler Familienhund, er kennt die Kinder von Anfang an und sie kennen ihn“, erzählt die 31-Jährige.
Kleiner Mischling büxt in Mülheim aus – und wird Tage später gefunden
Als der Hund am Dienstagabend vergangener Woche draußen die Witterung einer läufigen Hündin aufnimmt, hat er anderes im Sinn, als mit seinen Zweibeinern zu kuscheln. „Er war verschwunden, nicht mehr zu sehen“, erzählt Annika Scherbaum. Gemeinsam mit ihrem Mann Kai durchkämmt die Styrumerin ihr Wohngebiet. „Wir sind die Strecken abgelaufen und mit dem Fahrrad gefahren, wo wir sonst mit ihm spazieren gehen.“ Doch keine Spur von Lucky.
Heute, nach ungewissen Tagen, weiß sie: „Er saß nur einen Häuserblock weiter, war in eine Pizzeria gelaufen. Das war vielleicht 50 Meter Luftlinie von uns entfernt.“ Von dort habe jemand die Feuerwehr informiert, die den Mischling ins Mülheimer Tierheim bringen wollte. „Das war sicher der größte Stress für Lucky“, sagt die Hundehalterin über ihren Vierbeiner, der „ohnehin hibbelig und Fremden gegenüber eher misstrauisch ist“.
- Lesen Sie auch: Striktes Hundeverbot: Mülheimerin erbost über neue Regelung
Am Tierheim passiert dann das, was Annika Scherbaum nicht fassen kann: „Einem der Feuerwehrmänner soll die Leine runtergefallen sein und Lucky ist weggelaufen.“ Das Ganze habe sich vor dem Tor zum Tierheimgelände abgespielt, der Hund konnte also nicht mehr gesichert werden und war verschwunden. Gefundene Hunde außerhalb des Tierheim-Geländes aus dem Fahrzeug zu holen und sie dort in einen Verschlag am Rande des Grundstücks zu setzen, sei gängige Praxis, betont indes Feuerwehrsprecher Florian Lappe.
Besorgte Mülheimerin telefoniert alle umliegenden Tierheime ab
Was die Hundehalterin vollends auf die Palme bringt: Erst am Mittag des folgenden Tages sei sie von der Feuerwehr darüber informiert worden, was am Abend zuvor passiert war. „Ich hatte morgens schon beim Mülheimer Tierheim angerufen und nach unserem Hund gefragt, aber die wussten von nichts.“ Also telefoniert sie auch alle anderen umliegenden Tierheime ab – vergebens.
Auf ihren Hilferuf bei Facebook kommt hingegen eine riesige Resonanz, zahlreiche Nutzer wollten Lucky gesehen haben. Annika Scherbaum und ihr Mann waren sogar mit einem Pet-Trailer, einem Hund, der auf die Suche nach vermissten Tieren spezialisiert ist, unterwegs. „Der hat uns auch in die Nähe des letztendlichen Fundortes geführt – er hatte also vollkommen recht.“ Doch bis zu Lucky vorgedrungen war auch der Spürhund nicht. Und so suchten die Styrumer weiter: „Mein Mann und ich sind in den letzten Tagen immer wieder losgefahren und den Hinweisen nachgegangen.“
Der entscheidende Tipp kam schließlich am Montag von der Essener Stadtgrenze. In Fulerum hatten Anwohner nahe des Borbecker Mühlenbachs immer wieder einen Hund bellen hören und die Tierrettung Essen informiert. Mit den Tierrettern aus der Nachbarstadt hatte auch Scherbaum in den Tagen voller Sorge um ihren Hund bereits Kontakt aufgenommen. Gemeinsam bahnten sich die Hundehalter, die aus Styrum nach Fulerum geeilt waren, und Mitarbeitende der Tierrettung einen Weg durch das fast unbegehbare Gelände hinter der Wohnbebauung.
Tierretter schlagen sich den zugewucherten Weg mit Macheten frei
Eine Tierretterin kämpfte sich durch Sträucher und Brombeerbüsche einen etwa neun Meter tiefen Hang hinunter. Zudem mussten sich die Retter den zugewucherten Weg mit Macheten freischlagen. Schließlich hörten sie plötzlich ein lautes, schrilles Bellen, das aus dichten Brombeerbüschen drang. „Lucky hatte sich mit seiner Leine in den Sträuchern verfangen und hatte nur noch einen Radius von etwa 20 Zentimetern, um sich zu bewegen“, erzählt Annika Scherbaum.
+++Hundeverbot in der Müga: „Mein Hund kackt nicht alles voll“+++
Kurzerhand sprang ihr Ehemann waghalsig über zugewachsene Zäune in die Büsche, um den Vierbeiner zu befreien. „Seine Arme und Beine sind ganz zerkratzt.“ Dass ihr Lucky die Tage in der Wildnis überstanden hat, dass er lebend gefunden und dass die Anwohner so aufmerksam waren und schließlich die Tierrettung gerufen haben, sei einfach ein riesengroßes Glück: „Er hatte mindestens zehn Schutzengel.“
Am Tag nach Luckys Rettung sagt Frauchen Annika: „Der ist quietschfidel, verhält sich normal, frisst und trinkt gut. Wir waren beim Tierarzt, der hat außer einer Verletzung am Schenkel nichts festgestellt.“ Die Erleichterung ist der Hundehalterin anzuhören: „Jetzt hat sich Lucky alles verdient, was er möchte.“
Hundehalterin ist enttäuscht von Mülheimer Feuerwehr
Ein bitterer Beigeschmack bleibt trotz der geglückten Rettung: Denn von der Mülheimer Feuerwehr sei sie schwer enttäuscht, sagt Annika Scherbaum: „Den kompletten Ablauf wissen wir bis heute nicht, sind bei Nachfragen vertröstet worden mit der Angabe, wegen des Schichtwechsels wisse man nicht Bescheid über den Fall. Auch der Feuerwehrmann, dem die Leine aus der Hand gefallen ist, hat sich trotz meiner Bitte, etwas über den Zustand des Hundes zu erfahren, nicht bei mir gemeldet.“
Auf Nachfrage dieser Redaktion kündigt Feuerwehrsprecher Florian Lappe an: „Wir werden uns unsere Abläufe genauer ansehen und schauen, ob da noch etwas zu optimieren ist.“ Die Styrumer Hundehalterin versöhnt das nicht vollends, sie sagt: „Ich hoffe, dass die besser Brände löschen als Hunde einfangen können.“
Hunde in Mülheim – Lesen Sie auch:
- Wie Rüde Gimli nach 565 Tagen Tierheim ein Zuhause fand
- Ausgebüxter Hund sorgt für Großeinsatz auf A40 in Mülheim
- Sorgenkinder im Tierheim Mülheim: Wieso will keiner Snoopy und Co.?
- Stadt Mülheim nimmt mit Hundesteuer immer mehr Geld ein
- Immer mehr Hunde in Mülheim: Stadt will noch mehr aufspüren
- Mülheimer ersticht Hund mit Messer: Gericht spricht ihn frei
- Wenn Herrchen kein Geld hat, hilft Mülheims Tiersprechstunde