Mülheim. 1974 öffnete das City Center (Forum). Ein Händler der ersten Stunde blickt zurück. Auf seinen Mut, in der Innenstadt etwas völlig Neues zu wagen.
Im Frühjahr des Jahres 1974, das erzählt Heinz Wilhelm Paschmann stolz, blickte das Who-is-Who des deutschen Einzelhandels gebannt nach Mülheim. Die Schloßstraße als reine Fußgängerzone, dazu die Eröffnung des City Centers als neues Einkaufsparadies. Edeka Paschmann wagte sich damals im neuen Center in die Neuzeit. „Keiner hatte damals Erfahrung mit Innenstadtlagen“, blickt der Gründer des Mülheimer Familienunternehmens darauf zurück, dass er die unternehmerische Entscheidung zur Ansiedlung letztlich nach den Kriterien eines althergebrachten Glücksspiels gefällt hat.
„Kopf oder Zahl“ - das sei am Ende ausschlaggebend gewesen, erinnert sich Heinz Wilhelm Paschmann an das Ringen darum, ob er, der bis dato nur zwei kleine Lebensmittel-Läden in Dümpten führte, den Schritt in die Innenstadt wagen und damit den Lockrufen der damaligen Eigentümer des City Centers folgen sollte. „Der Geschäftsführer unseres Großhandels hat schließlich gesagt: Wir werfen ein Fünf-Mark-Stück vom Balkon“, erzählt Paschmann, wieso er 1974 ins unbekannte Risiko ging, im neuen Einkaufscenter, mitten in der City, einen weiteren Markt aufzumachen.
Mülheims erster Supermarkt im Einkaufscenter: „Der Laden ist ungeheuerlich eingeschlagen“
Auf 450 Quadratmetern richtete sich Paschmann ein, damals noch im ersten Obergeschoss des City Centers. 450 Quadratmeter: Was heute mickrig wirkt, breitet sich Paschmanns jüngster Edeka-Markt im Hafen doch auf 5000 Quadratmetern aus, sei vor 50 Jahren noch „außergewöhnlich“ gewesen, so der Senior des Familienunternehmens, das dieser 1961 gründete. Regale ragten früher noch höher hinaus, die Gänge waren enger, um viel Ware unterzukriegen. Nach dem ersten Jahr waren alle Sorgen verflogen, stolz sei er zu seinem Partner beim Großhandel gegangen, der ihn ermutigt hatte, das Wagnis einzugehen, und ihn unterstützen wollte, wenn es schiefgegangen wäre.
„20.000 D-Mark Ertrag hatten wir im ersten Jahr“, so Paschmann. Auch in den folgenden Jahren sei das Geschäft, verortet im Bereich vor der heutigen Gastro-Ecke, sehr erfolgreich gelaufen. „Der Laden ist ungeheuerlich eingeschlagen. Wir haben pro Quadratmeter so viel umgesetzt wie im Ruhrgebiet kein anderer.“ Nebenan zog Paschmann einen kleinen Shop auf, in dem Kunden im Stehen Kaffee trinken konnten. Nach drei Jahren war aber wieder Schluss damit. „Es war zu viel Arbeit.“
Weil es eben die moderne Zeit im Lebensmittel-Einzelhandel in die Innenstadt gebracht habe, mit eigener Metzgerei im Laden - was damals, als es in Mülheim noch fast 180 eigenständige Metzgereien gegeben habe, ein Novum gewesen sei. Noch heute ist Paschmann seinem ehemaligen Metzgermeister Karl-Heinz Tremel, in diesem Jahr verstorben, sehr dankbar für dessen Impulse und Pionierarbeit. Tremel habe in der Geschichte des Familienbetriebs „einen festen Platz“, würdigte das Unternehmen seinen ehemaligen Metzgermeister in einer Traueranzeige.
Angebot an frischem Fleisch hat den Erfolg des Mülheimer Supermarkts begründet
Das Angebot an frischem Fleisch habe vor 50 Jahren den Erfolg des Ladens im City Center maßgeblich getragen, sagt Heinz Wilhelm Paschmann. „Wir haben damals immer 20 Schweine gekauft. 40 Schweinehälften hat unser Metzger verarbeitet. Das gab es nirgendwo sonst.“ Insgesamt sei das Angebot an Frischewaren (Fleisch, Wurst, Käse) im Laden seinerzeit konkurrenzlos gewesen in der Stadt, ebenso sei man preisgünstiger als die Konkurrenz gewesen. Mit dem Frischfleischverkauf habe der Laden damals 25 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet, sagt Paschmann. Heute mache er nur noch rund zehn Prozent davon aus.
Metzgermeister Tremel habe seinerzeit nicht im Verborgenen der Küche gewirkt, sondern sei für die Kundinnen und Kunden an der Fleischtheke präsent gewesen - auch das sei ein Grund für den Erfolg gewesen, habe Vertrauen in der Kundschaft gebracht.
Aus dem City Center wurde das Forum: 1993 zog der Edeka-Laden ins Kellergeschoss
Die Anfänge seien „sehr spannend gewesen“, sagt Paschmann, der heute 83 Jahre alt ist und die Verantwortung für sein Familienunternehmen mit sieben Supermärkten an Sohn Falk übergeben hat. Als die Hamburger Investoren Büll und Liedtke das Center inklusive Hertie-Warenhaus übernahmen, gingen sie auf Paschmann senior zu und klopften ab, ob dieser nicht bereit wäre, ins Kellergeschoss zu wechseln, um dort zu expandieren. „Ich wollte eigentlich oben wachsen“, erinnert sich Paschmann. Eine Bodenfliese im Eingangsbereich des heutigen Marktes markiert noch heute den Eröffnungstag im Kellergeschoss: Seit dem 30. September 1993 verkauft Paschmann dort seine Lebensmittel.
„Der Laden dort hat sich gut entwickelt, immer wieder haben wir umgebaut und erweitert“, blickt Mülheims Einzelhandelsgröße auf die gut 30 Jahre auf der heutigen Mietfläche zurück. Für den Familienbetrieb sei der Innenstadt-Standort imageprägend gewesen - und sei es noch heute, wo man in der Stadt sieben Läden betreibe (dazu vier weitere in Duisburg, Düsseldorf und Moers).
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