Mülheim. Mal wieder ist es viel zu heiß in der Innenstadt. Dennoch attestiert die Deutsche Umwelthilfe im Hitze-Check Mülheim die Bestnoten. Richtig so?
Wenn - nach einem ziemlich verregneten Sommer - in den kommenden Wochen doch noch die Temperaturen auf 30 und mehr Grad steigen, wird eines erneut sichtbar: Wie gut ist Mülheim gegen Hitze gewappnet? Angesichts der hoch versiegelten Innenstadt und den Schwierigkeiten, etwa schattenspendende Bäume an den Straßen zu pflanzen - Stichwort: der 9000-Euro-Baum am Oppspring -, überrascht nun ein „Hitze-Check“ der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Sie hat bundesweit 190 Städte dazu untersucht - auch Mülheim.
Und kommt zu dem Ergebnis: sehr gut - zumindest, was das Verhältnis von Versiegelung und Grün anbelangt. Unter den untersuchten Städten in NRW hat Mülheim im Stadtgebiet mit drei weiteren Städten den geringsten Anteil an Verkehrsflächen und Gebäuden (38,83 Prozent), die eine Fläche dauerhaft undurchlässig machen. Das führt im Ampel-Bewertungssystem der DUH zur höchsten Bewertung „Grün“. Nur noch Hattingen (38,54 Prozent), Ratingen (35,54) und Detmold (35,51 Prozent) schnitten besser ab.
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Mülheim glänzt mit Grün
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Neben der Versiegelung betrachtet die DUH auch den Faktor „Grünvolumen“ - das heißt, wie hoch ist der Anteil etwa von Bäumen und Hecken auf einer Fläche? Je mehr Grün, desto mehr könne es zur Kühlung einer Stadt beitragen, meint die DUH. Und sieht Mülheim mit 4,28 Kubikmeter Grün pro Quadratmeter gerade noch im grünen, sprich: im guten Bereich. Die Grenze zu Gelb liegt unter vier Kubikmetern.
Mülheims Nachbarstädte indes scheitern an zu wenigen Grünflächen: Essen mit nur 3,72 Kubikmeter Pflanzen pro Quadratmeter, Duisburg rutscht mit nur 3,21 Kubikmeter Grün insgesamt in den gelben Bereich. Und Oberhausen schrammt in Sachen Grün (3,7), aber mehr noch aufgrund einer hohen Versiegelung von 45,4 Prozent nur knapp an Rot vorbei.
Doch Mülheim muss mehr tun gegen Hitze in der Zukunft
Wer jetzt allerdings meint, Hitze sei in Mülheim kein Thema, irrt: Eine Klimaanalyse des Regionalverbands Ruhr (RVR) für die Ruhrstadt prognostiziert, dass die Zahl der heißen Tage mit mehr als 30 Grad Celsius bis 2050 dramatisch ansteigen wird - es wird durchschnittlich 16 solcher Tage mehr geben als in der Vergangenheit.
Spürbar wird es in Mülheim besonders in der Innenstadt, aber auch in den Stadtteilzentren, wo aufgrund der Versiegelung die Hitze länger im Beton bleibt und die Nächte tropisch werden.
Nicht nur deshalb fordert die DUH für alle Städte, durch Umbau statt Neubau die Versiegelung und den Flächenverbrauch bis 2035 auf Null zu reduzieren sowie gezielt Klimaoasen zu schaffen.
Erste Schritte in Mülheim sind gemacht
Trotz guter Werte: Klar ist, dass auch Mülheim mehr tun muss. Zum einen mit einem Konzept gegen Hitze - ein Hitzeaktionsplan wird seit Jahren etwa von den Jusos gefordert -, zum anderen mit einem Konzept gegen bestehende Versiegelung. Erste Bemühungen sind sichtbar: Seit 2022 hat die Stadt einen Hitze-Knigge veröffentlicht, vor Jahren hatte die schwarz-grüne Koalition ebenso eine Überarbeitung der Parkplätze beschlossen. Gut 30 Prozent - so eine Schätzung der Antragsteller - könnten zugunsten etwa von Straßenbegleitgrün aufgegeben werden.
Die Versiegelung der Innenstadt nimmt man weiter ins Visier: Das neue Konzept am Rathausmarkt soll Anfang 2026 umgesetzt sein und sieht ein Wasserfontänenfeld und begrünte Hochbeete vor. Am neuen Dickswall ist eine „Klimainsel“ mit 16 Bäumen in der Mitte geplant, die Schatten spenden und auch bei Starkregen nützlich sein werden.
Doch es gibt auch solche Stellen, wo die Stadt augenscheinlich vor den Fehlern der Vergangenheit kapitulieren muss. Am sanierten und hoch versiegelten Oppspring hatte man Grün und Bäume nicht eingeplant. Nachträglich ist allenfalls ein einziger schmaler Baum drin - weil die etlichen Leitungen unter der Straße kaum Wurzeln zulassen. Und der ist 9000 Euro teuer.
Lob für den Widerstand der Mülheimerinnen und Mülheimer
Für Ulrike Marx, Leiterin der Stabstelle Klimaschutz, ist das gute Abschneiden der Stadt im Hitze-Check allerdings kein Wunder. Denn eine Forderung der DUH erfülle man längst. „Seit gut 20 Jahren bauen wir nicht mehr groß in den Außenbereichen, sondern entwickeln Wohnraum und Gewerbe intensiv im Bestand.“ Das letzte große städtische Wohnprojekt sei die Saarner Kuppe gewesen.
Marx erinnert zudem an das Jahr 2020, als der Masterplan für das Gewerbe einen Aufschrei in der Stadtgesellschaft verursachte - und die Frage am Ende mitentscheidend für den Oberbürgermeister-Wahlkampf wurde. „Das ist unser großes Glück, dass die Bürger und die Dezernenten der Stadt immer wieder Nein gesagt haben: Wir wollen grün bleiben. Die Flächen außerhalb werden nicht angeknabbert.“
Die Kehrseite: Im damit zunehmend verdichteten Innenbereich der Stadt steigen die Konflikte. Die Klimainsel am Dickswall sei, so Marx, ein gutes Beispiel für das, was weiterhin passieren müsse: eine Entsiegelung der Innenstadt. Dazu zähle auch die Förderung von Dachbegrünung, um die sich Mülheim bemüht hatte. Wo Begrünungsmaßnahmen nicht möglich seien, versuche die Stadt mit Brunnen und Refill-Stationen für Wasserflaschen dagegenzuwirken. Oder kühle Orte aufzuzeigen - selbst wenn man mit einer interaktiven Karte, wie sie etwa Dortmund hat, nicht aufwarten kann. „Es gibt nicht immer die große Lösung in der Stadt, aber viele kleine Schritte, die in der Summe helfen.“
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