Mülheim. Wasser in Deutschland wird wegen der Trockenheit vielerorts knapp. Manche Landkreise haben den Verbrauch eingeschränkt. Was kann Mülheim drohen?
Manfred Happe hat es sich mit seiner Entscheidung in diesem Jahr nicht leicht gemacht: Am Ende aber ließ der Saarner das Wasser doch in seinen Aufstellpool strömen. Mit gemischten Gefühlen, sagt er, wegen der Trockenheit. Rund 7000 Liter braucht es, um im Sommer nach der Arbeit im eigenen Garten runter zu kühlen. Den hat er gerade mit jungen Bäumen klimatisch aufgewertet, die später viel Schatten gegen die Hitze werfen werden, jetzt aber vor allem Wasser benötigen. „Kann man das verantworten? Sollte man sich besser einschränken?“, hat er sich gefragt. Denn vielerorts ist Wasser gerade ein knappes Gut. Der Mülheimer ist mit seinem Dilemma nicht allein.
Von der Straße aus ist das oft nicht erkennbar, erst der Blick aus der Vogelperspektive in die Gärten der Mülheimer Eigenheimsiedlungen macht es deutlich: Auch Mülheim ist eine Pool-Stadt. Die extremen Sommer der vergangenen Jahre und bisweilen auch Corona haben den Trend zum privaten Planschen im Aufstellbecken verstärkt. Auch das Ergebnis von Klimaanpassung und schwindenden öffentlichen Wasserflächen. Ein offizielles Verbot für Pools oder das Bewässern von Gärten gibt es in Mülheim bislang aber nicht. Doch sollte es das?
Rund 7200 Liter Wasser kommt auf jeden Bürger pro Tag - auch in Mülheim
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Aufzuhalten ist der erfolgreiche Einzug der Pools in die Gärten wohl nicht mehr. Mülheimer Zahlen gibt es zwar nicht, doch von den etwa 1,6 Millionen bundesweiten „Schwimmstätten“ machen die öffentlichen Frei- und Hallenbäder inzwischen gerade einmal ein Prozent (rund 16.000) aus. 60 Prozent davon – also etwa 982.000 – hingegen sind private temporäre Aufstellpools, hinzu kommen rund 490.000 eingelassene Pools und 147.000 private Hallenbäder.
Das ist viel Wasser für den persönlichen Gebrauch in Zeiten, in denen sich laut Umweltbundesamt das langjährige potenzielle Wasserdargebot von 188 Milliarden Kubikmeter um zwölf Milliarden – also 6,4 Prozent – verringert hat. Rund 7200 Liter pro Tag kommt auf jeden Bewohner in Deutschland für das Trinken, Kochen, Waschen. Auch für die Herstellung von Lebensmitteln und Produkten geht viel Wasser durch die Leitungen. Doch verbrauchen wir angesichts der klimatischen Veränderungen zu viel Wasser?
Die regionalen Unterschiede an vorhandenem Wasser sind groß
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Was weltweit für Ressourcenkonflikte sorgt und künftig sorgen wird, stellt sich in Deutschland noch anders dar: Seit 2007 bewegt sich der Wassernutzungsindex in der Bundesrepublik deutlich unterhalb der kritischen Grenze von 20 Prozent des vorhandenen Wasserdargebots. Das Umweltbundesamt verortet ihn bei etwa 11,4 Prozent (2019) und nennt als Grund die sinkenden Verbrauche in der Industrie. Trotz steigender Verbrauche in der Landwirtschaft.
Freilich macht es auch in Deutschland einen Unterschied, ob man in Brandenburg lebt, das wie viele Landstriche im Osten und Süden zu den trockensten Regionen zählt. Oder in den rund 40 Landkreisen, die in diesem Jahr den Wassernotstand ausrufen mussten und teils Bußgelder für das Rasensprengen und das Befüllen des eigenen Pools verhängten.
Wasserknappheit? In Mülheim kein Thema – noch
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Oder eben in Mülheim. „Eine Wasserknappheit zeichnet sich nicht ab“, kann die Rheinisch-Westfälischen-Wasserwerksgesellschaft (RWW) für die Stadt vermelden. Die Talsperren des Ruhrverbands im Sauerland – sie speisen mit das Wasser in der Ruhr – sorgen dafür, dass diese genügend Flüssigkeit zur Trinkwasseraufbereitung führt. Sie sind derzeit zu gut 80 Prozent gefüllt, weiß Ramon Steggink, Sprecher der RWW. Die RWW versorgt damit auch Oberhausen, Bottrop, Gladbeck und Dorsten.
Trotz großer Hitze in den vergangenen Sommern und besonders im letzten Juni, seien die Mülheimer insgesamt sparsamer beim Verbrauch geworden. 2019 gingen in der Stadt insgesamt noch 10,9 Millionen Kubikliter Wasser durch Hähne und Toilettenspülungen, doch seitdem verzeichnet das RWW eine kontinuierlich sinkenden Trend auf nunmehr 10,3 Millionen Kubik (2022).
Auch beim Trinkwasser zeigt sich das: Vor 30 Jahren hat man laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft noch täglich rund 147 Liter Trinkwasser verbraucht, heute nur noch 125 – sieht man von Spitzen wie zur Corona-Pandemie 2019 und 2020 ab, wo dieser auf bis zu 129 Liter anstieg.
Wann es in Mülheim doch zu kritischen Engpässen kommen kann
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Den eigenen Pool zu befüllen oder den Garten zu bewässern, sorgt aus Sicht der Wasserwerke zumindest in Mülheim aktuell für keine Probleme. „Das Wasser fließt dann nach Gebrauch entweder zurück ins Grundwasser oder es wird über das Kanalsystem wieder aufbereitet“, begründet RWW-Sprecher Steggink dies. Es gehe also nicht verloren.
Ein Problem allerdings gibt es doch: das Timing. Wenn bei langen Trockenphasen üblicherweise in den Abendstunden gegossen wird, kann der Verbrauch punktuell kritisch werden. Jeder könne aber etwas dagegen tun, sagt Steggink, indem er besser früh morgens oder aber zeitgesteuert den Regner in der Nacht anwirft. Laut Bundesverband der Einzelhändler sei das frühe Bewässern ohnehin besser für die Pflanzen, so der RWW-Sprecher.
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Wenn die Poolsaison im Herbst vorbei ist, wird auch Manfred Happe den Pool wieder abbauen. Das Wasser komme nach eingehender Prüfung der Werte den Gartenpflanzen zugute, gehe also zurück in den Kreislauf. Ein Verzicht auf den Pool fiele schwer. „Er sorgt in unserer Familie an heißen Tagen für absolutes Wohlbefinden. Es ist ein Stück Lebensqualität“, sagt der Saarner. Auch Bäume hat er zurück in seinen Garten geholt, um sich natürlich gegen die zunehmende Hitze zu schützen. Ohne die wäre der Garten immer häufiger kaum zu betreten, hat er festgestellt. Und doch ist für ihn völlig klar: „Wenn es zur Wasserknappheit in Mülheim und zu Einschränkungen kommen würde, würde ich mich ohne Wenn und Aber daran halten.“