Mülheim. Das neue Cannabisgesetz gilt. Die Mülheimer Ginko-Stiftung klärt verstärkt auf über Fakten und Gefahren. Suchtexperte: Schwarzmarkt wird bleiben.
Seit 1. April 2024 gilt das neue Cannabisgesetz, mit komplizierten Detailregelungen. Unter anderem diesen: Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich tragen, aber nicht kaufen. Anbau für den eigenen Bedarf ist erlaubt - maximal drei Pflanzen pro Person. Beim Rauchen von Joints gelten Schutzzonen, beispielsweise ein Abstand von 100 Metern zu Schulen, Kitas, öffentlichen Spiel- und Sportplätzen.
Was genau dies alles bedeutet, wird weiterhin lebhaft diskutiert. Die Ginko-Stiftung für Prävention in Mülheim, auch Landesfachstelle der Suchtkooperation NRW, spürt eine Auswirkung der Neuregelung jetzt schon deutlich: „Seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes ist die Nachfrage nach Präventionsangeboten enorm gestiegen“, stellt Ginko-Leiter Armin Koeppe fest.
Mülheimer Team entwickelt Präventionskoffer zum Thema Cannabis
Eines dieser Angebote sind speziell bestückte Koffer, die sich beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer oder Schulsozialarbeiter bei Ginko ausleihen können. Empfohlen sind sie für Jugendliche ab 15 Jahren und Heranwachsende. „Stark statt breit“ heißt ein Koffer, der bereits seit 2018 in NRW eingesetzt wird. Darin befinden sich interaktive Materialien, um über Cannabis, den Konsum und dessen Risiken zu informieren.
„Dieser Koffer ist so gut angekommen bei Fachkräften und Multiplikatoren, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hellhörig wurde“, sagt Armin Koeppe. Sie stellte Geld zur Verfügung, um „Grüne Koffer“ zu finanzieren, die nun bundesweit zum Einsatz kommen. Die Mülheimer Ginko-Stiftung hat die zweite Auflage der „Grünen Koffer“ überarbeitet. Die Materialien wurden an die neue Gesetzgebung angepasst. Auch die „Stark statt breit“-Koffer bekommen aktualisierte Inhalte.
Große Nachfrage von Schulen
„Die Nachfrage von Schulen und Präventionsstellen ist exorbitant“, berichtet der Leiter der Landesfachstelle. Kürzlich haben in Mülheim drei Pilotschulungen für Fachkräfte mit den überarbeiteten Koffern stattgefunden. Ziel der Prävention sei nach wie vor, „eine kritische Haltung gegenüber dem Konsum zu stärken“, so Koeppe, über Gefahren zu informieren und die Motive für Cannabiskonsum zu hinterfragen.
Denn auch nach neuer Gesetzgebung bleibe der Konsum verboten für unter 18-Jährige. „Je mehr aber Cannabis nun mit Tabak und Alkohol gleichgesetzt wird, desto eher könnte der Gedanke entstehen - auch bei vielen Eltern - es sei ein legales Suchtmittel und folglich nicht so schlimm.“
Cannabis-Konsum: Mülheimer Suchtexperte warnt vor Schäden bei Jugendlichen
Die Einschätzung des Präventionsexperten ist jedoch eine andere. „Natürlich ist es schlimm. Cannabis hat in Körpern von Minderjährigen nichts zu suchen und kann schwere Schäden verursachen, wenn das Gehirn noch nicht ausgereift ist.“ Die Entkriminalisierung, die das neue Cannabisgesetz mit sich bringt, werde von Fachleuten durchweg positiv bewertet. „Ich und viele andere bezweifeln aber, dass sich der Schwarzmarkt schnell erledigt“, ergänzt Koeppe, „gerade bei unter 18-Jährigen.“
Und aus Sicht der Suchtvorbeugung habe man die Sorge, dass der Beratungsbedarf so stark steigt, dass er nicht mehr gedeckt werden kann. Was die Ginko-Stiftung auch erlebt: Lehrerinnen und Lehrer äußern den Wunsch, dass lieber jemand aus dem Beratungsteam mit dem „Stark statt breit“-Koffer in die Klasse oder Stufe kommt. Begründung: „Dann muss ich meinen Schülerinnen und Schülern nicht verraten, dass ich auch mal gekifft habe.“
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