Kreis Wesel. Warum kostet der Abfall in einer Stadt des Kreises nur halb so viel wie in der anderen? Der Bund der Steuerzahler legt jetzt Zahlen vor.

Jahr für Jahr gibt der Bund der Steuerzahler einen Vergleich der Abfallgebühren in NRW heraus, rechnet vor, was eine Musterfamilie für die Entsorgung von Restmüll und Bioabfall ausgeben muss. Grundannahme sind vier Personen und je eine 120 Liter Restmüll- und Biotonne, die alle zwei Wochen geleert wird. Ergebnis: Die Spanne in NRW ist hoch und auch im Kreis Wesel flattern sehr unterschiedliche Gebührenbescheide in die Haushalte. Wie verbraucherfreundlich eine Kommune das Müllthema behandelt, arbeitet der Steuerzahlerbund allerdings nicht exakt heraus. Neben den schieren Gebühren für die graue und die braune Tonne fallen weitere Kostenfaktoren ins Gewicht, etwa wie groß die kleinste Tonne sein darf, was der Sperrmüll und was der Wertstoffhof kostet. Einen groben Überblick aber liefert die Statistik doch.

Abfallgebühren im Kreis Wesel: Neukirchen-Vluyn fällt aus der Reihe

Mit seinen durchschnittlichen Abfallgebühren von 293,83 Euro für die Musterfamilie liegt der Kreis Wesel knapp unter dem Landesschnitt von 299,43 im Jahr 2024. Die Gebühren, die der Kreis Wesel für die Abfallentsorgung im Asdonkshof berechnet, sind für alle 13 Kommunen gleich. Dennoch gibt es große Unterschiede, was letztlich bezahlt werden muss. Am tiefsten greifen nach den Zahlen des Steuerzahlerbundes mit 404, 20 Euro pro Jahr die Familien in Neukirchen-Vluyn in die Tasche, gefolgt von Moers (355,14 Euro) und Xanten (335,20). In Voerde kostet der Abfall für die vierköpfige Familie lediglich 192 Euro, weniger als die Hälfte als in Neukirchen-Vluyn. Platz zwei und drei unter den Preiswertesten belegen Wesel (258 Euro) und Rheinberg (260,40 Euro).

Über dem Kreisdurchschnitt liegt demnach noch Alpen mit 311,52 Euro, darunter bleiben noch Dinslaken (275,54), Kamp-Lintfort (294,36), Schermbeck (276) und Sonsbeck (269,76). Für Hünxe und Hamminkeln bleibt der Steuerzahlerbund die Zahlen schuldig, beide haben die Biotonne nicht eingeführt, Hamminkeln wiegt zudem den Abfall, die Vergleichbarkeit fällt somit weg.

Kann Müll vermeiden Geld sparen? Nicht jeder Haushalt entspricht der Musterfamilie des Bundes der Steuerzahler. Für Singles etwa oder Zwei-Personen-Haushalte ist ein Kostenfaktor, wie viele Liter die kleinste Tonne fasst, die bei der Kommune bestellt werden kann. Hier fordert der Steuerzahlerbund, die Menge nicht zu hoch anzusetzen, um Anreiz zur Müllvermeidung zu geben. Sieben der 13 Kreis Weseler Kommunen setzen 60 Liter als Minimum an, nach den Zahlen des BdSt geht in Voerde unter 120 Liter nichts, allerdings liegen hier die Abfallgebühren ohnehin niedrig. In Xanten, Kamp-Lintfort und Sonsbeck müssen es mindestens 80 Liter sein, für Alpen fehlen die Angaben.

Hamminkeln geht einen Sonderweg, hier sind 48 Kilo Abfall in der 120-Liter-Tonne inklusive, jedes weitere Kilo schlägt mit 42 Cent zu Buche, der Müll wird gewogen. Verbraucher haben also die Möglichkeit, ihre Müllgebühren durch Sparen zu senken. Komplizierter wird es, wenn Kleinkinder bis 3,5 Jahren im Haushalt leben: Für sie können wegen der Windeln 432 Kilo im Jahr von der Rechnung abgezogen werden, gehen sie in eine Kita, wird das mit der Einrichtung verrechnet. Auch Menschen mit Inkontinenz können auf Antrag die 432 Kilo abziehen.

In den Kommunen des Kreises Wesel variiert auch die Größe der Biotonne, von standardmäßigen 240 Litern in Xanten über 120 Liter bei den meisten anderen Kommunen. Lediglich Dinslaken und Wesel bieten auch 80-Liter-Gefäße an. Kostenfaktoren, die der BdSt in seine Rechnung nicht aufnimmt, sind beispielsweise Sperrmüllgebühren und Kosten an den Wertstoffhöfen. Während Wesel etwa haushaltsübliche Sperrmüllmengen ohne Sondergebühr abholen lässt, fallen beispielsweise in Hamminkeln zehn Euro, in Xanten 15 Euro an.

Was treibt die Abfallgebühren in die Höhe? Der Bund der Steuerzahler macht vier Faktoren dafür aus: Da wäre das Verbrennungsentgelt, das der Kreis für die Müllverbrennungsanlage im Asdonkshof berechnet, aktuell 110 Euro pro Tonne, das sind 15,90 Euro mehr als 2023. Als Grund führt die Kreis Weseler Abfallgesellschaft (KWA) das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), mit dem eine CO2-Abgabe auf die Müllverbrennung erhoben wird. Diese Kosten aber betreffen alle Kommunen in gleicher Weise.

Unternehmerkosten für das Sammeln und Transportieren des Hausmülls sind eine der Hauptpunkte in der Kalkulation. Der BdST nennt bis zu 90 Prozent der Gesamtkosten für diesen Posten, die anfallen können. Er fordert, dass das Land NRW mit den kommunalen Spitzenverbänden berät, ob die Kreise die häusliche Abfallentsorgung übernehmen sollten, um kreisweit einheitliche Gebühren zu kalkulieren. Im Kreis Höxter werde das bereits erfolgreich praktiziert.

Weiterer, im Kreis Wesel Jahr für Jahr kontrovers diskutierter Punkt sind die Gebührenrücklagen: auflösen und damit die Kommunen entlasten oder das Geld „im Sparschwein“ belassen, um künftige Gebührensprünge abzufedern? Der Kreis hat sich mehrheitlich für das Sparschwein entschieden. Das wurde für das Jahr 2023 mit weiteren 3,5 Millionen auf rund 18 Millionen Euro angefüttert, gegen die Stimmen der Grünen. Schließlich belasten noch Inflation, Personal- und Energiekosten die Gebührenhaushalte.

Mit gut 404 Euro im Jahr liegt die Neukirchen-Vluyner Musterfamilie an der Kreisspitze, doch die Stadt Münster beweist, dass es noch teurer geht: 685,50 Euro zahlt der vierköpfige Haushalt hier im Jahr 2024, das ist die höchste Abfallgebühr des Landes. Und am unteren Ende? Voerde steht mit seinen 192 Euro sehr gut da, doch die niedrigste Abfallgebühr kassiert in NRW die Stadt Dormagen mit 170,39 Euro.