Kreis Wesel. Wer 14 ist, darf einen E-Scooter fahren, ohne Führerschein. Für die beliebten Roller gelten aber strenge Regeln, daher sind Erwachsene gefragt

Wer sein Kind mit dem Fahrrad fahren lässt, kennt sich in der Regel mit den Vorschriften aus. Wie verhält es sich aber mit E-Scootern, derzeit sehr angesagt und beim Nachwuchs hoch begehrt? Zunächst muss mindestens 14 Jahre alt sein, wer einen solchen Roller bewegt und die Geräte dürfen mit maximal Tempo 20 unterwegs sein. Die Polizei empfiehlt zudem, dass sich die Nutzer ausgiebig mit dem Fahrzeug vertraut machen, bevor sie sich damit in den Straßenverkehr wagen. Hier liegt die Verantwortung bei den Eltern, die den Nachwuchs auch mit den Regeln der Straßenverkehrsordnung vertraut machen sollten – eine Selbstverständlichkeit eigentlich.

E-Scooter unterliegen aber eigenen Regeln. So müssen die Nutzer, anders als Radfahrer, grundsätzlich vorhandene Radwege oder -streifen benutzen, der Gehweg ist tabu. Fehlt ein Radweg, dürfen Roller ausnahmsweise auch auf der Straße oder dem Standstreifen unterwegs sein. Eine Helmpflicht gibt es nicht, allerdings rät die Polizei, die Jugendlichen zu schützen.

Zahl der Unfälle mit E-Scootern im Kreis Wesel steigt

Sie hat gute Gründe dafür: In der Verkehrsunfallstatistik der Polizei zeigt sich, wie rasant die Unfälle mit den sogenannten „Elektrokleinstfahrzeugen“ in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Gab es im Jahr 2021 noch 20 Unfälle mit 21 Verletzten im Kreis Wesel, ist die Zahl im vergangenen Jahr bereits auf 75 Verkehrsunfälle angestiegen, 60 Menschen kamen dabei zu Schaden. Verletzungen, die häufig vermeidbar gewesen wären.

Was Kinder gern ignorieren: Auf einem E-Scooter darf niemand mitgenommen werden, auch dient er nicht zum Transport von Gegenständen und in Fußgängerzonen haben die Roller gar nichts zu suchen. Auch dann nicht, wenn sich der Motor abstellen lässt.

Interview mit Frank Schulten, Fahrlehrer von der Kreis-Verkehrswacht Wesel über den Beginn der Motorradsaison am Dienstag, den 27.02.2018 in Wesel.
Foto: Fabian Strauch / FUNKE FotoServices Interview mit Frank Schulten, Fahrlehrer von der Kreis-Verkehrswacht Wesel über den Beginn der Motorradsaison am Dienstag, den 27.02.2018 in Wesel.
Foto: Fabian Strauch / FUNKE FotoServices

„E-Scooter sind gefährlich, denn die Fahrer halten sich meist nicht an die Verkehrsregeln. Die Leute fahren, als ginge sie nichts etwas an.“

Frank Schulten

Ginge es nach Frank Schulten, Geschäftsführer der Kreisverkehrswacht und Fahrlehrer, wären die beliebten Fahrzeuge schlicht verboten. Warum? „E-Scooter sind gefährlich, denn die Fahrer halten sich meist nicht an die Verkehrsregeln“, sagt Schulten. Da werden Ampeln ignoriert, Jugendliche seien zu Zweit oder zu Dritt unterwegs, „die Leute fahren, als ginge sie nichts etwas an“. Das ist eine Gefahr für die Scooterfahrer, wenn sie sich etwa zwischen stehenden Fahrzeugen hindurchschlängeln und übersehen werden, aber auch für ihre Mitmenschen.

Für ältere Jugendliche ein Thema: Alkohol. Auf dem Roller gilt die 0,5-Promille-Grenze, wer unsicher fährt, kann sich bereits ab 0,3 Promille strafbar machen. Und: Für Führerscheinneulinge unter 21 Jahre gilt auch auf diesem Gefährt die Null-Promille-Grenze. 

E-Scooter brauchen funktionierende Bremsen und ein ordentliches Lichtsystem, zudem eine Betriebserlaubnis. Im Sinne der Sicherheit ihrer Kinder sollten Eltern regelmäßig darauf achten, dass alles verlässlich funktioniert. Und: Die Roller müssen versichert sein und eine Versicherungsplakette tragen, das unterscheidet sie von Fahrrädern mit Trittunterstützung. Es gibt eine kleine Plakette zum Aufkleben, die eigens für diese Roller eingeführt wurde, die Versicherungskarte sollten die Jugendlichen dabei haben. Und: Weil die Roller bei Langfingern ebenso begehrt sind wie bei Jugendlichen, darf es gern eine Teilkasko sein: darauf achten, dass der Diebstahl mit abgesichert ist.

Kein E-Scooter in den Niag-Bussen erlaubt

Eigentlich wäre so ein elektrischer Roller doch prima für Schüler, um das letzte Stück von der Bushaltestelle bis nach Hause zu fahren, die sogenannte letzte Meile. Die spielt in der politischen Diskussion um die Verkehrswende eine große Rolle und gerade im ländlich geprägten Kreis Wesel könnte der Scooter eine Lücke füllen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr befürwortet die Mitnahme von Elektrokleinstfahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr sogar. Im Kreis Wesel ist die Realität aber eine andere: Tatsächlich nehmen die Busse von Niag und Look die Scooter nicht mehr mit, wegen angeblicher Brandgefahr, die von den Akkus der Roller ausgehe.

E-Scooter im Urlaub: Die Vorschriften in der EU sind unterschiedlich

Einige Fragen bleiben noch. Es ist Ferienzeit, warum den Roller nicht mit in den Urlaub nehmen? Hier sollten Eltern sich vorher genau erkundigen, ob der E-Scooter im Zielland überhaupt zulässig ist, denn die Anforderungen unterscheiden sich innerhalb der EU. In den Niederlanden und in Großbritannien etwa dürfen die Scooter gar nicht auf öffentlichen Verkehrsflächen rollen, so der ADAC, in Frankreich sei die Anerkennung einer deutschen Zulassung nicht sicher. Spanien lässt die Gefährte nur auf Stadtstraßen zu, Kroatien duldet sie nur auf Rad- oder Gehwegen. Die Liste ließe sich verlängern. Um Ärger zu vermeiden, sollten sich Eltern vorab gut informieren – oder den Roller der Kinder einfach daheim lassen.