Goch. Ulrich Knickrehm rechnet in seiner letzten Haushaltsrede gnadenlos mit Bund und Land ab. Welche großen Sorgen er sich vor allem um Goch macht.

Nach der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes durch Kämmerin Bettina Gansen, wonach Goch ab diesem Jahr tief in die roten Zahlen rutscht, atmete Bürgermeister Ulrich Knickrehm erstmal tief durch. Anschließend richtete er das Wort an die Ratsmitglieder: „Ich wünsche allen gute und vor allem einfallsreiche Haushaltsberatungen, die zu einer drastischen Reduzierung unseres Haushaltsdefizits beitragen.“

Überzeugt davon, dass sich sein Wunsch aber auch erfüllt, ist das scheidende Stadtoberhaupt der Weberstadt aber offenbar ganz und gar nicht. Dies wurde bei seiner letzten Haushaltsrede überhaupt mehr als deutlich, bekanntlich endet ja in diesem Jahr die Tätigkeit des 69-Jährigen als Bürgermeister.

Klage über strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Ebene

„Die finanzielle Lage der nordrhein-westfälischen Kommunen ist mit dem Wort ,katastrophal‘ nur unzulänglich umschrieben. Die strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Ebene spiegelt sich in den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen zur bundesweiten Entwicklung der Kommunalhaushalte sehr deutlich wider“, begann Knickrehm seine Kritik.

„Sowohl der Bund als auch das Land lassen uns Kommunen allein.“

Ulrich Knickrehm
Bürgermeister der Stadt Goch

Dann redete der Bürgermeister Klatrtext: „Sowohl der Bund als auch das Land lassen uns Kommunen allein. Während den Kommunen ständig neue Aufgaben übertragen werden, fehlt es an einer entsprechenden Finanzierung durch das Land NRW.“ Das Land bringe aber bislang nichts zustande, „außer dem oftmals durchaus begründeten empörten Fingerzeig nach Berlin“.

Stadt Goch vermisst Hilfe an allen Ecken und Enden

Das sei nicht nur seine Meinung, sondern Konsens unter allen Bürgermeistern im Land. Der Ansprechpartner der Kommunen in Sachen Finanzen sei nun einmal die Landesregierung. Und da fehle der Stadt Goch die Hilfe an allen Ecken und Enden.

Haushalt / Finanzen der Stadt Goch
2023 lag das Jahresergebnis noch im positiven Bereich, ab 2025 beginnt der „rote Bereich“ bei den erwarteten Jahresergebnissen. Eine Besorgnis erregende Tendenz, machte auch Kämmerin Brigitte Gansen klar. © BG | Stadt Goch

Das gelte beispielsweise für die Kita-Ausstattung, für die Grundsteuer und in besonderem Maße für die Ganztagsbetreuung an Schulen sowohl bei den notwendigen Investitionen als auch bei den auf die Stadt zukommenden Personalkosten in Millionenhöhe, oder ebenso in besonderem Maße bei der Flüchtlingskrise sowie der Flüchtlingspolitik im Allgemeinen. Die Liste ließe sich auch problemlos fortführen, so Knickrehm.

Bürger spüren die Finanznot bereits im Alltag

Die Finanznot der Kommunen spüren die Bürger in ihrem Alltag schon jetzt. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass dies noch schlimmer wird, wenn das Land nicht endlich reagiert“, so das Stadtoberhaupt.

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Noch stehe Goch zwar im Kreisvergleich ganz gut da. Nur sparsame Politik und Haushaltsführung der Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren habe zu Rückzahlungen von Kassenkrediten und zusätzlich zum Aufbau einer vermeintlich ordentlichen Ausgleichsrücklage gesorgt. Dieses Polster komme Goch nun sicherlich zugute. Auch bewahre dies die Bürger der Weberstadt in diesem Jahr sicherlich vor Steuererhöhungen. Betrachtet man aber die Entwicklung der Defizite über die mittelfristige Planung, so erscheint sehr zweifelhaft, dass uns allein diese Ausgleichsrücklage für die nächsten Jahre vor einer Haushaltssicherung sicher schützt“, malt Ulrich Knickrehm ein pessimistisches Bild.

Haushalt / Finanzen der Stadt Goch
Stadtkämmerin Bettina Gansen präsentierte diese Grafik, die sehr gut verdeutlicht, wie es mit der „Eisernen Reserve“ der Stadt bergab geht. © BG | Stadt Goch

Appell an eine sparsame Haushaltsführung

Angesichts solcher Zukunftsprognosen würden dann schnell allgemeine Forderungen nach Einsparungen in den Gocher Haushalten erhoben. „Wir in Goch pflegen seit Jahren eine sparsame Haushaltsführung. Und noch so einschneidende Sparmaßnahmen dort, wo es geht, also bei den freiwilligen Leistungen, werden uns nicht die Finanzmittel verschaffen, die uns letztlich fehlen werden“, so der Bürgermeister.

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Dann gibt er der Politik (und auch seinem Nachfolger) eine Empfehlung: „Wir tun allerdings auch gut daran, unsere Investitionen für die kommenden Jahre schon jetzt anzupacken und umzusetzen – wer weiß, wann dies noch möglich sein wird. Ich berichte dies alles nicht, um die Situation zu bejammern. Schon in den vergangenen Jahren habe ich – wie auch viele andere Bürgermeister in unserem Land – auf die chronische Unterfinanzierung der nordrhein-westfälischen Kommunen hingewiesen. Dies ließ sich in den zurückliegenden Jahren ja noch durch gestiegene Steuereinnahmen kompensieren. Dass dies nicht mehr reicht, zeigt der vorgelegte Haushalt in aller Deutlichkeit auf.“

Forderung nach Neuordnung der Kommunen-Finanzierung

Knickrehm Forderung lautet daher: „Eine Neuordnung der Finanzierung unserer Kommunen ist unumgänglich!“ Für die jetzige „Zeit der Ungewissheit“ appelliert der Gocher Bürgermeister (BfG) an die Politik, in den Haushaltsberatungen „zurückhaltend zu bleiben“. Den Status quo zu sichern sollte die aktuelle Aufgabe sein, denn: „Zeit zur Erfüllung von Wünschen ist es nicht.“