Goch. Dienstag diskutiert die Politik erneut über den Verkehrsversuch „Freigabe der Fußgängerzone für den Radverkehr“. Brisante Details werden bekannt.
„Miteinander mit Rücksicht“ – so steht es groß auf einem blau-weißen Schild an den Eingängen der Gocher Fußgängerzone, in der seit mittlerweile über einem Jahr testweise das Radfahren erlaubt ist. Der Verkehrsversuch „Freigabe der Fußgängerzone für den Radverkehr“ wurde (gegen die Empfehlung der Stadtverwaltung) bereits mehrfach verlängert, weil es kein eindeutiges Ergebnis bei Befragungen gab. Am Dienstag, 19. November, befasst sich nun der Ausschuss für Umwelt und Verkehr in seiner Sitzung ab 18 Uhr erneut mit diesem viel diskutierten Thema.
Ortstermin in der Gocher Fußgängerzone an einem Mittwoch-Mittag: Im Minutentakt sind Radfahrer in der Voßstraße unterwegs, die meisten steuern Geschäfte an oder kommen mit Taschen im Fahrradkorb oder am Lenkrad offensichtlich gerade von einem Einkauf. Gefühlt 90 Prozent der Radler fahren langsam (wenn auch etwas schneller als Schrittgeschwindigkeit) und versuchen, Fußgänger mit genug Abstand zu umfahren.
Interessante Beobachtungen in der Fußgängerzone
Doch es gibt auch Ausnahmen: Aus einer Seitenstraße kommt ein etwa zwölfjähriger Junge auf einem E-Scooter angerast, der in diesem Moment mit Sicherheit ein Vielfaches der erlaubten Geschwindigkeit von 7 km/h fährt. Nach etwa 50 Metern in der Fußgängerzone biegt er plötzlich in einen Durchgang zum Steintor ab. Kein Wunder: Kommen doch aus der entgegengesetzten Richtung zwei Männer in Uniformen durch die Fußgängerzone gelaufen, die auf den ersten Blick wie Polizisten wirken.
Es sind Michael Drechsel und Jürgen Hanke vom Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) der Stadt Goch. Das Duo hat alle Hände voll zu tun: Innerhalb von etwa zehn Minuten spricht Jürgen Hanke vier Personen an, die eindeutig zu schnell auf ihrem Zweirad unterwegs sind, einer davon sogar auf einem Scooter ohne Nummernschild.
Rasender Rennradfahrer wundert sich über den KOD
Zwei der Fahrer zeigen sich sofort einsichtig und schuldbewusst, zwei andere schauen den Ordnungshüter allerdings völlig verdutzt an. „Wieso?“, fragt ein junger Mann auf einem Rennrad, der statt 7 km/h mit geschätzt 20-25 km/h durch die Voßstraße saust. In freundlichem Ton erklärt Jürgen Hanke, dass hier nur langsames Fahren erlaubt ist.
Dies sei kein Einzelfall, sagt der KOD-Mann: Er schätze, dass etwa die Hälfte der Leute, die sich unwissend geben, wirklich davon ausgehen, sie dürften „zügig“ durch die Fußgängerzone fahren. Und dass E-Scooter hier sowieso verboten sind, würden auch einige „Erwischte“ offenbar wirklich nicht wissen.
Drei Unfälle in der Statistik der Polizei aktenkundig
Am 12. Februar kam es hier nach Angaben der Polizei sogar zu einem brisanten Vorfall mit Personenschaden und Unfallflucht: An diesem Montag soll ein Scooter-Fahrer einem Fußgänger „in die Hacken“ gefahren sein und sich danach aus dem Staub gemacht haben. Und dies war nicht der einzige Unfall in dem Zeitraum des Verkehrsversuchs: Am 26. Juni überholte ein BMX-Fahrer eine Pedelec-Fahrerin in der Voßstraße so riskant, dass sie vor Schreck vom Fahrrad sprang, ihr Rad auf den Boden fiel und dadurch beschädigt wurde. Zudem habe es noch am 30. Oktober einen Alleinunfall einer Pedelec-Fahrerin gegeben, ergänzt die Polizei auf NRZ-Anfrage.
Stadtverwaltung möchte Rückkehr zur alten Regel
Die Stadtverwaltung möchte das Radfahren in der Voßstraße schnellstmöglich wieder verbieten – ihr Beschlussvorschlag lautet: Der Verkehrsversuch wird beendet und die zuvor gültigen Verkehrsregelungen zur Freigabe des Radverkehrs in der Fußgängerzone werden wieder eingeführt. Letztlich wird aber die Politik darüber entscheiden.