Kleve. Über ein Jahr tat sich am eingerüsteten, denkmalgeschützten Gebäude der Staatsanwaltschaft nichts. Wie hier Steuergelder verschwendet wurden.

  • Gebäude der Staatsanwaltschaft Kleve war vom 6. März 2023 bis jetzt eingerüstet.
  • Das Gebäude stammt aus den 1930er-Jahren und ist denkmalgeschützt.
  • Weil Behörden sich nicht austauschten, wurden Steuergelder verschwendet.

Von den mehr als 4000 Gebäuden, die der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW in Nordrhein-Westfalen verwaltet, dürfte keines der Behörde derzeit mehr Kopfzerbrechen bereiten als das der Staatsanwaltschaft in Kleve. Die jüngste Information, die eine Sprecherin der Behörde dazu herausgab, lautete: „Aktuell wird geklärt, ob und wie eine Sanierung möglich ist.“

Das Wort „Ob“ lässt aufhorchen. Denn wer immer in Kleve seit dem 6. März vergangenen Jahres an dem wuchtigen Backsteinbau an der Ringstraße vorbeigefahren ist, dem konnte nicht verborgen bleiben, dass die Behörde komplett eingerüstet war. Doch seit der vorvergangenen Woche ist das Gerüst verschwunden, nach einer Standzeit von 13 Monaten.

Es passierte nicht mehr als der Auf- und Abbau des Gerüsts

Mehr als der Auf- und Abbau des Gerüsts passierte allerdings nicht, was vielleicht durch eine Verkettung unglücklicher Umstände verursacht wurde, möglicherweise aber auch durch Schlampigkeit – und was auf jeden Fall dazu geführt hat, dass Steuergelder in sechsstelliger Höhe in den Sand gesetzt worden sind. Der genaue Schaden ist derzeit nur zu schätzen, mit etwas Pech könnte er auch die Millionengrenze erreichen.

Staatsanwaltschaft Kleve
Im Frühjahr war das Gebäude der Staatsanwaltschaft noch eingerüstet. © NRZ | Andreas Gebbink

Gebäude stammt aus den 1930er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts

Doch der Reihe nach. „Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – ökonomische Vernunft, ökologische Verantwortung und soziale Sensibilität – begleiten jederzeit unser Handeln“, so beschreibt der Bau- Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) in einer Publikation seine Maxime. Da dürfte es nicht verwundern, dass das in die Jahre gekommene Gebäude der Staatsanwaltschaft in Kleve in den Fokus der Behörde geriet.

Das Gebäude stammt aus den 1930er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, einst war dort das Offizierskasino der Reichswehr (daran erinnert noch der Straßenname Kasinostraße), nach dem Krieg war dort das Finanzamt ansässig, bevor in den 1970er-Jahren dort die Staatsanwaltschaft einzog. Abgesehen von dem Einbau einer Sicherheitsschleuse am Eingang wurde seitdem nicht mehr viel an dem Gebäude renoviert.

Grund genug also, eine „umfassende energetische Sanierung der Liegenschaft“, wie der BLB NRW es nennt, in Angriff zu nehmen. Diese, so teilt die Sprecherin mit, sei auch „beauftragt und terminiert“ worden. Ein Gerüstbauer schritt zur Tat und man darf auch davon ausgehen, dass irgendwo in Deutschland ein Fensterbauer den Auftrag erhielt, die rund 80 Fenster des Gebäudes auszutauschen.

Doch kein Bauvorhaben ohne Risiken. Der BLB NRW selbst benennt sie in seinem Tätigkeitsbericht: Markteinflüsse, Bauzeitverzögerungen und mangelnde Bestandsinformationen. Der dritte Punkt dürfte der für das Gebäude in Kleve zutreffende sein: „Darunter fällt inhaltlich eine unvollständige, mangelhafte oder fehlende Bestandsaufnahme oder fehlende Bestandsunterlagen“, heißt es in dem Bericht. Das Interessante dabei ist: Offenbar weiß in der Behörde die linke Hand nicht, was die rechte tut.

Kann es also sein, dass eine BLB-Abteilung fröhlich Renovierungsaufträge verteilt, während eine andere mit der Bezirksregierung über Denkmalschutzaspekte verhandelt – und die eine nichts vom Wirken der anderen weiß?

Die Bezirksregierung Düsseldorf jedenfalls teilte mit, dass die Immobilie unter Schutz gestellt worden ist. Als Begründung führt die Bezirksregierung aus: „Das Gebäude stellt ein anschauliches Beispiel für einen Verwaltungsbau der 1930er-Jahre im Sinne einer niederrheinischen Heimatschutzarchitektur dar.“ Es verfüge über einige charakteristische Merkmale wie die Ausführung in Ziegelstein mit der zeitttypischen Backsteinbänderung zwischen den Fenstern, die bauzeittypische Verwendung von Naturstein am Sockel und Eingang oder dem mittig angeordneten Treppenaufgang mit kantigen Gewände. Daraus ergebe sich die architekturgeschichtliche Bedeutung des Objekts. „Es hat als eines der wenigen Gebäude in der Klever Innenstadt den Zweiten Weltkrieg recht gut überstanden“, so Vanessa Nolte, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bezirksregierung.

Im September 2023 wurde der Bau unter Denkmalschutz gestellt

Solch eine Unterschutzstellung erfolgt allerdings nicht aus heiterem Himmel, es wird mit Sicherheit einen Schriftverkehr geben, und sicherlich dürften auch Besichtigungen des Gebäudes stattgefunden haben. Wie dem auch sei, beim BLB NRW führte dies nicht dazu, die Planungen zu pausieren oder gar zu stoppen. Dann aber kam im September des vergangenen Jahres die Mitteilung, dass das Gebäude der Staatsanwaltschaft unter Denkmalschutz gestellt worden ist. „Unumgänglich“ sei dies gewesen, so die Sprecherin der Bezirksregierung.

„Es hat als eines der wenigen Gebäude in der Klever Innenstadt den Zweiten Weltkrieg recht gut überstanden.“

Vanessa Nolte
Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bezirksregierung über den Bausteinbau der Klever Staatsanwaltschaft

Aus Sicht des BLB NRW geschah dies „kurz vor dem geplanten Beginn der Baumaßnahmen“, weshalb diese nicht wie geplant hätten anfangen können. Das Gerüst ließ man erst einmal stehen. Ein Fachmann schätzt die Kosten für den Aufbau eines Gerüsts in dieser Größenordnung auf etwa 40.000 bis 50.000 Euro, ab dem zweiten Monat kommt dann eine geschätzte Miete von 5000 Euro monatlich hinzu. Fakt ist: Das Gerüst stand nach der Denkmal-Entscheidung noch sieben Monate ungenutzt herum.

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Das Gerüst allein verursacht also schon Kosten in sechsstelliger Größenordnung. Der größere Posten aber dürften die Fenster sein, bei denen – je nach Sicherheitsanforderungen – wahrscheinlich 1000 Euro je Fenster eine absolute Untergrenze der Schätzung sind. Bis jetzt sah sich der BLB NRW nicht in der Lage zu klären, welche Kosten genau entstanden sind. Die Fachabteilungen recherchieren noch, so die Sprecherin der Behörde.

Sicher erscheint bisher nur, dass das vorerst gescheiterte Bauprojekt einen Platz in den beliebten Auflistungen der Verschwendung von Steuergeldern erhalten wird.