Essen-Werden. Eine Umweltinitiative fordert den klimagerechten Umbau des Altstadtringes in Essen-Werden und kämpft gegen ein Parkhaus. Das sind ihre Visionen.

Die Initiative „Klimagerecht mobil Werden“ regt mit ihren Vorschlägen eine intensive Diskussion im Stadtteil an. Die Werdener, Besucher und Kunden der Altstadt sollen nach wie vor innenstadtnah kurzeitparken können, mit Ausnahmeregelungen. Langzeitparker sollen etwas außerhalb Platz finden. Die damit verbundene Neuaufteilung des öffentlichen Raums könne Treffpunkte für Menschen möglich machen, für Kühlung und Grün sorgen. Der geplante Neubau mit Lebensmitteldiscounter findet Zustimmung der Initiative, trotz nicht weniger kritischer Gegenstimmen. Einem Parkhaus an der Brehminsel wird allerdings eine Absage erteilt.

Die Initiative hat ihre Vorschläge noch einmal präzisiert und entwirft eine mutmachende Zukunftsvision für ein klimagerechteres Werden. So präsentiert Martin Kaiser eine Vorher-/ Nachher-Simulation mit einer Heckstraße kurz vorm Kollaps, die durch beherztes Eingreifen in eine Wohlfühloase mit  Sitzmöglichkeiten, einer Außengastronomie, vielen Schatten spendenden Bäumen und Retentionsflächen für Regenwasser verwandelt werden könnte.

Widerstände aus der Kaufmannschaft im Stadtteil Essen-Werden

Zugegeben, das sieht ansprechend aus. Doch wie verwirklichen? Es gibt Widerstände aus der örtlichen Kaufmannschaft, die zumindest in Teilen darauf beharrt, dass wegfallende Parkplätze zu sinkenden Umsätzen führen würden. Stimmt nicht, betonen die Umweltaktivisten. Das sei längst mit Studien widerlegt. Verbesserte Aufenthaltsqualität mit Luft und Raum zum Atmen und deutlich mehr Straßengrün würden vielmehr zusätzliche Kundschaft in die Stadtteile locken.

So stellt sich die Verkehrssituation in der Altstadt von Essen-Werden derzeit dar: parkende Autos zu beiden Seiten und häufig Stau.
So stellt sich die Verkehrssituation in der Altstadt von Essen-Werden derzeit dar: parkende Autos zu beiden Seiten und häufig Stau. © Martin Kaiser

Doch wie finanzieren? Nach jüngster Finanzprognose klafft im städtischen Haushalt zum Jahresende eine Lücke von knapp 60 Millionen Euro. Aufschiebbare freiwillige Leistungen solle es nicht geben, so Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp. Diese Überlegung treibt auch Michael Happe um. Es gebe entsprechende EU-Förderprogramme für nachhaltige Stadtteilentwicklung. Warum die nicht anzapfen?

Warum sich für den Diskussionsabend nur ältere Semester interessieren

Doch wer ist da eigentlich gekommen ins Haus Fuhr? Rund 40 Werdener, die Veranstalter inklusive. Das waren schon mal mehr. Ist dem Thema etwa die Puste ausgegangen? Hier sitzen durchweg ältere Semester, mit knapp unter 40 ist man der Jüngste. Kein neues Phänomen bei vergleichbaren Infoabenden zur Entwicklung der Stadtgesellschaft. Wer fehlt also? Primär die jungen Menschen. Dabei dürften der Klimawandel und seine Folgen auch fürs Abteistädtchen doch das Zukunftsthema Nummer Eins sein?

Junge Eltern seien nun mal gefangen im Spagat zwischen Arbeit und Familie, da bleibe keine Zeit, auch keine Kraft für abendliche Diskussionsabende, wird gemutmaßt. Ariane von Massow von „klimagerecht mobil Werden“ wiegt den Kopf: „Wenn wir samstagvormittags vorm Rathaus stehen und informieren, sind die jungen Familien da und haben durchaus eine Meinung. Es radeln auch viele mit, wenn wir zur Fahrrad-Demo einladen.“

Der Plan eines Parkhauses an der Brehminsel in Essen-Werden ist umstritten

Michael Happe von der Initiative sagt, man habe dem örtlichen Werbering die Vorschläge präsentiert und da keine grundsätzliche Ablehnung gespürt. In der Werdener Kaufmannschaft werde offensichtlich eifrig diskutiert, aber eben halt hinter den Kulissen. Aber Julia Giesen-Schleich und Franz Schleich von der „Jagi Immobilien“ sind erschienen, die auf dem Gelände der alten Post eine Kombination aus Verbrauchermarkt, Büroflächen und Wohnraum bauen möchte. Beide zeigen sich stark interessiert an den Vorschlägen: „Unsere Familie lebt schließlich hier in Werden.“

„Ich bin nicht sicher, ob das richtig ist. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es Leute gibt, die nicht 300 oder 400 Meter zu den Geschäften laufen wollen.“

Franz Schleich, Jagi-Immobilien, zur geplanten Parkpalette

Franz Schleich erläutert, wie es zu den Planungen des umstrittenen Parkhauses an der Brehminsel kam: Der Lebensmittelmarkt werde seine Parkplätze im Untergeschoss haben. Die Stadt glaube aber, dass es einen Ersatz für die wegfallende Parkpalette gebe müsse in unmittelbarer Nähe: „Ich bin nicht sicher, ob das richtig ist. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es Leute gibt, die nicht 300 oder 400 Meter zu den Geschäften laufen wollen.“ Ein Verkehrsgutachten solle prüfen, welche Auswirkungen so ein Parkhaus auf den Werdener Stadtkern habe. Den Umbau der Heckstraße zugunsten einer gesteigerten Lebensqualität sehe er positiv. Vielleicht könne das Parkhaus den Wegfall von Stellplätzen in der Heckstraße kompensieren?

Christiane Gregor von „Stadtwandel Werden“ sieht das so: „Autofahrer können durchaus mehr als zehn Meter zu Fuß gehen. Das wird von Busnutzern ja auch verlangt. Man kann schon eine Weile laufen vom Parkplatz zu den Arbeitsplätzen und Geschäften. Und nicht nur Autofahrer haben Geld. Fußgänger und Radfahrer lassen viel mehr Geld in Innenstädten.“ Zustimmendes Nicken.

Eine Online-Petition soll für das Thema sensibilisieren

Der von der Initiative geforderte Wegfall von gut 80 Parkplätzen im Altstadtbereich müsse durch ein Quartierparkhaus abgefangen werden, erklärt Michael Happe: „Die Stadt scheint eine zweite Parketage am Platz der Werdener Feintuchwerke zu präferieren.“ Doch bis dahin kämpft „klimagerecht mobil Werden“ weiter gegen ein Parkhaus an der Brehminsel. Die Online-Petition läuft seit April. Wer abstimmen oder sich mit Kommentaren beteiligen möchte: Dies ist der Link https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-eine-aenderung-des-parkhausstandortes-an-der-brehminsel-fuer-ein-attraktives-essen-werden.

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