Essen. Mozarts Meisterwerk gehört zu den Kassenschlagern der Oper. Das Essener Aalto-Theater zeigt Magdalena Fuchsbergers Neuinszenierung.
Nein, mit Joachim Fuchsberger, dem einst populären Schauspieler und Moderator, ist sie nicht verwandt. „Ich werde das ständig gefragt“, sagt Magdalena Fuchsberger freundlich mit österreichischem Akzent. Sie ist Salzburgerin wie der Komponist, dem sie sich am Aalto-Theater samt seinem beliebtesten Werk widmet. „Man kann damit nur scheitern, weil ja fast jeder die Musik kennt. Aber man muss sich dem als Regisseurin auch stellen“, meint sie frohen Mutes. Wie ihr heutiger Zugriff auf „Die Zauberflöte“ ankommt, zeigt sich bei der Premiere.
Die verlief, wie erahnt. Das meinungsfreudige Publikum im Aalto-Theater machte aus seinem Herzen keine Mördergrube, verteilte viel Applaus für die Musik und auch Buh-Rufe für die Inszenierung, die Regisseurin Magdalena Fuchsberger mit Haltung entgegennahm. Wie unser Kritiker Lars von der Gönna den Abend bewertet, lesen Sie hier.
„Es ist tatsächlich mein allererster Mozart“, so die 43-Jährige Regisseurin nach 35 Inszenierungen und scheint selbst verwundert. Dabei ist Magdalena Fuchsberger quasi mit Mozart aufgewachsen: „Mir wurde die Begabung wirklich in die Wiege gelegt.“ Sie stammt aus einer Musikerfamilie, die einen kammermusikalischen Betrieb führte. Der Papa sang den Papageno zigmal. Die Tochter spielte jahrelang Geige, las Partituren, entschied sich jedoch nach der Matura (Abitur) für ein Studium der Musiktheater-Regie in Wien. Die Psychologie, die Literatur, die Musik, das Denken in Bildern haben sie gereizt - „das alles kommt in der Opernregie zusammen“.
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Regisseurin offenbart in der Essener „Zauberflöte“ aktuelle Bezüge
2000 war das ein männerdominierter Beruf. „Ich habe die alte Theaterwelt noch kennengelernt. Man war das kleine Mädchen, das den Kaffee holen sollte“, erzählt sie. 2008 gab sie ihr Debüt mit Händels „Acis und Galthea“, assistierte unter anderen bei Jossi Wieler und Andrea Breth in Stuttgart und gehört zu den Frauen, die von der Musiktheater-Regie leben können. „Es ist eine Frage der Autorität, indem man andere überzeugt, dass man weiß, was man will. Indem man einen angstfreien Raum schafft, in dem man gut und diszipliniert arbeiten kann“, sagt sie und dass sich viel verändert habe für Frauen am Musiktheater.
Mit ihrer ersten Mozart-Oper, die 1791 Mozarts letzte war und viele Theater- und Musikstile in sich birgt, hat sie sich Zeit gelassen. „Das sind Meisterwerke. Man braucht dafür ein tolles Haus, ein tolles Orchester, tolle Sänger“, erklärt sie. Und das ist für sie am Aalto-Theater gegeben: „Man kann hier gut Kunst machen.“ Jetzt mit dem Theaterereignis „Die Zauberflöte“. Da jede Arie ein Kassenschlager ist und bis in die Werbung hineinreicht, hat sie bis heute einen großen Unterhaltungswert. „Man glaubt, das Werk gut zu kennen. Es gibt so viele Inszenierungen. Zuerst muss man sich von dem Ballast befreien, um einen aktuellen Bezug zu finden“, weiß die Regisseurin.
Essener Inszenierung macht Ausgrenzung und Männerdominanz sichtbar
Dennoch kommt der nicht trist daher. Ein junges Paar, Pamina und Papagno, kehrt der heutigen Welt den Rücken und wird in eine sehr bunte, sehr surreale Zauberwelt gelockt, die Bühnenbildnerin Monika Biegler eingerichtet hat. Magdalena Fuchsberger will offenbaren, dass es kein guter Zauber ist, in den die Paare getrennt und eingelullt werden. „Es gibt Sexismus, Rassismus und Entmenschlichung - Dinge, die alles andere als lustig sind. Es ist ein Stück der Stunde, das zeigt, was Ausgrenzung und patriarchale Strukturen bedeuten“, führt sie aus.
Mit einem Kunstgriff werden sie sichtbar. Die Regisseurin schafft Paarungen, die im Original nicht bestehen. Die Königin der Nacht und Sarastro sind keine Gegenspieler, sondern vereinen ihre Macht als Paar. Pamina und Papageno werden in die vielen Partnerprüfungen geschickt. Doch darf dort keine Prinzessin mit einem Diener zusammen sein. „Es ist eine Welt, wie sie nicht sein soll, mit Verführung und Massenhypnose. Es sind Strukturen wie in einer Sekte“, erklärt sie. Und in Zeiten des Rechtsrucks und der AfD erkennt sie Menschen, die verzaubert werden.
Neuinszenierung der „Zauberflöte“
Magdalena Fuchsbergers Version ist die dritte Inszenierung der beliebten Mozart-Oper seit Eröffnung des Aalto-Theaters. Weitere Termine: 20., 22., 28. September.
Die musikalische Leitung der Essener Philharmoniker hat u.a. Christopher Moulds. Die Besetzung: Sebastian Pilgrim (Sarastro), Aljoscha Lennert (Tamino), Judith Spiesser (Königin der Nacht), Lisa Wittig (Pamina), Tobias Greenhalgh (Papageno), Elia Cohen-Weissert (Altes Weib, Papagena), Mykhailo Kushlyk (Monostatos).
Karten telefonisch unter 0201 8122 200 oder online auf www.theater-essen.de
„Es ist irrsinnig aktuell, aber nicht das Abbild der Realität“, bekräftigt sie. „Wenn ich die reale Welt sehen will, schaue ich mir die Tagesthemen an.“ Anderthalb Jahre hat sich Magdalena Fuchsberger auf die Inszenierung vorbereitet und den Spielraum genutzt, den das Stück ihrer Meinung nach bietet. „Es ist ein eigenwilliger Zugriff, kein Familienstück. Es gibt Elemente, die Kinder interessieren. Jeder wird etwas anderes darin sehen“, sagt die Regisseurin. Vom Aalto-Theater wird die Oper ab 12 Jahren empfohlen.
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