Essen. Sigi Domke ist ein Tausendsassa. Seine Komödie „Rolle rückwärts“ wurde ein Hit. Jetzt ist sein erstes Kinderbuch in Essen erschienen.
Sigi Domke war künstlerisch schon immer auf unterschiedlichen Pfaden unterwegs: Er stand mit Knebels Affentheater auf der Bühne, spielte in verschiedenen Bands, führte Regie, schrieb Romane, Gedichte, Ratgeber und wurde vor allem bekannt mit unzähligen Ruhrgebietskomödien („Freunde der italienischen Oper“). Jetzt entwickelt er sich mit 67 Jahren endgültig zum Tausendsassa. Nach der Premiere des Zeitgeist-Stücks „Rolle rückwärts“ im Mondpalast veröffentlicht er nun mit „Benni träumt“ sein erstes Kinderbuch. Ein Gespräch mit dem Autor über das Lesen, die eigene Kindheit und das Kürzertreten im Beruf.
Anlässlich der Premierenkritik von Jens Dirksen zu „Rolle rückwärts“ hier nochmal das Gespräch mit Sigi Domke.
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Was Knebel- und Komödienautor Domke an Kinderbüchern schätzt
Herr Domke, wurde Ihnen als Kind vorgelesen?
Domke: Mir wurde auch vorgelesen, aber ich habe früh selbst gelesen. „Alfons Zitterbacke“ zum Beispiel, die Geschichte eines ziemlichen Pechvogels. Dann Karl May, „Der Schut“ und die Winnetou-Bände, Hesse, Steinbeck, Hemingway - also nicht nur Bücher, die wir im Unterricht gelesen haben.
Haben Sie es bei Ihrer inzwischen erwachsenen Tochter auch so gehalten?
Meiner Tochter habe ich „Die kleine Raupe Nimmersatt“ vorgelesen. In ziemlich vielen Kisten im Keller finden sich aber auch neben „Harry Potter“ und „Die wilden Hühner“ Klassiker der Kinderbuchliteratur, wie Paul Maars „Das Sams“, „Der Wunschpunsch“ von Michael Ende und Geschichten von Janosch.
Was sollten Kinderbücher transportieren?
Ich schätze an Kinderbüchern die oft anarchische Fantasie, wie zum Beispiel bei „Karlsson vom Dach“. Bei „Pippi Langstrumpf“ sowieso. Figuren, die sich behaupten, sind ein gutes Vorbild und Anreiz in der Entwicklung zum selbstbestimmten Leben. Spannung und Humor sollten nicht fehlen und die Emotionen, die wir alle teilen - Freude, Begeisterung, Einsamkeit, Furcht. Und natürlich sind Tiere wichtig. Dann begegnen uns unsere Mitgeschöpfe zumindest noch in Büchern.
Warum Sigi Domke in Essen sein erstes Kinderbuch herausbringt
Warum haben Sie das Kinderbuch „Benni träumt“ geschrieben?
Ich probiere gern Dinge. Ich wollte für Kinder angemessen schreiben über die Wichtigkeit von Fantasie und Freundschaft in eiligen Zeiten.
Warum in eiligen Zeiten?
Unsere Zeiten werden immer schnelllebiger, wenn ich sehe, was schon Kinder für ein Pensum bewältigen müssen. Benni sitzt viel im Elterntaxi und wird zu Aktivitäten gekarrt. Dabei sitzt er lieber nur da und fantasiert sich etwas zusammen. Er erfindet sich in Geschichten, die immer wieder unterbrochen werden. Er fühlt sich oft als Außenseiter, wird gemobbt. Die Freundschaft zu einem sehr selbstbewussten Mädchen lässt ihn erkennen, dass man aus dem Talent Fantasie einen Beruf machen kann. Es ist ein Stück Zeitkritik, die auch in einem Kinderbuch vorkommen kann.
Wie sah Ihre Kindheit aus?
Meine Familie war relativ arm. Ich hatte wenig Spielzeug und habe damit meine Geschichten erfunden. Ich bin mir sicher, dass mir das gutgetan hat.
Waren Ihre Eltern damit einverstanden, dass Sie Musik machen, auf die Bühne gehen, schreiben?
Meine Eltern haben nie gesagt: Das machst du nicht. Meine Mutter war diejenige, die das Musische gefördert hat. Ihr Vater hat tolle Gedichte geschrieben.
Sigi Domke jetzt auch Blogger
Seine neue Komödie „Rolle rückwärts - Früher war (doch nicht) alles besser“ ist im Mondpalast in Wanne-Eickel zu sehen. Karten: telefonisch unter 02325 588999 oder www.mondpalast.com
Sein Kinderbuch „Benni träumt“, 152 Seiten, 13,80 Euro, ISBN 9-783910-971202, erscheint mit dem Cover der Illustratorin Rebecca Meyer im Essener Verlag Hummelshain. Es ist für Kinder ab sechs Jahren gedacht.
Auf seiner neuen Homepage www.sigidomke.com stehen Auftrittstermine seines Duos, die Aufführungstermine seiner Stücke, Infos zu seinen Büchern und Wissenswertes zur Person. Seine Meinung zu Ereignissen der Zeit gibt es im Blog obendrein.
Wofür Sigi Domke neben dem Schreiben künftig mehr Zeit braucht
Sie sind jetzt 67 und schreiben weiter. Denken Sie nie an Rente?
In der Corona-Zeit habe ich viel produziert. Ich hätte gerne mehr Zeit für Dinge, die liegengeblieben sind: Ich möchte mein Testament machen. Meine Frau und meine Tochter sollen nicht vor einem Wust von Papieren stehen, wenn mir etwas passiert. Ich möchte gerne Musik hören. Ich habe 6000 Tonträger. Es gibt also zu Hause noch viel zu entdecken, zum Beispiel die Klavierkonzerte von Schostakowitsch. Ich möchte auf der Gitarre noch fit bleiben für die Auftritte mit Veronika Maruhn.
Also doch Ruhestand?
Ich möchte weiter Kabarett-Texte für das Ratinger Tragödchen schreiben. Und ich bin jetzt Blogger. Ich habe meine erste eigene Webseite. Ich bin sozusagen Spätgebärender. Da gibt es Infos zu meiner Person, meiner Arbeit und meine Meinung. Aber es wird weniger werden. Es ist nicht so, dass die Arbeit keinen Spaß mehr macht. Der Mondpalast bleibt als Arbeitgeber erhalten. Ich weiß aber nicht, ob ich noch ein Buch schreiben werde.
Das hört sich traurig an.
Es ist eine Entscheidung für mehr Zeit.
Ihr neues Stück „Rolle rückwärts“ ist im Mondpalast zu sehen. Es geht um die Verherrlichung der Vergangenheit und die Bewältigung der Gegenwart. War früher alles besser?
Natürlich nicht. Viele Dinge sind besser geworden, wobei die neue Zeit eine Bedrohungslage hat. Ich kann durchaus nachvollziehen, wenn Menschen sich überfordert fühlen. Es gibt eine Tendenz, dass man die früheren Zeiten zurückholen will. Der Rückgriff auf faschistoide Parteien hilft nicht weiter.
Was wünschen Sie sich?
Schreiben, solange die Gesundheit mitmacht. Dass die schlauen Konzepte für eine lebenswerte Zukunft - die es gibt - Gehör finden. Und mehr Verstand - vor allem bei Männern.
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