Essen-Werden. Bei der 200-Jahrfeier des Alten Friedhofs in Essen-Werden haben die Toten viel zu erzählen. Wie sie fürs Publikum wieder „lebendig“ werden.
Am zweiten Sonntag im Juli jährt sich die Einweihung des Friedhofs an der Werdener Dückerstraße zum 200. Mal. Aus diesem Anlass lädt der Geschichts- und Kulturverein Werden am 14. Juli um 11.30 Uhr zu einer Feier ein. Es wird nähere Erklärungen zur Entstehungsgeschichte geben und beim „Friedhofsgeflüster“ werden sich in verschiedenen Spielszenen dort bestattete Menschen fiktiv unterhalten.
Edith Tekolf und Michael L. Maas präsentieren mit ihrem druckfrischen Buch „200 Jahre Alter Friedhof in Essen-Werden“ eine umfassende Dokumentation. Maas forscht seit Jahrzehnten zur Bestattungskultur in Essen und Tekolf beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der Historie des uralten Abteistädtchens Werden.
Ein bevorzugter Spazierort für die Bevölkerung in Essen-Werden
Ortstermin auf dem ehemaligen Friedhof. Für die Werdener heute eine gern besuchte „grüne Lunge“. Die etwa 1,5 Hektar große Parkanlage zeichnet sich durch eine dichte Begrünung und eine naturnahe Atmosphäre aus. Sie ist bevorzugter Spazierort für Nachbarn, für in Werden arbeitende Menschen in der Mittagspause, für Hundehalter und Müßiggänger. Sie alle genießen die ganz besondere, friedvolle Atmosphäre, den speziellen Baumbestand mit vielen „hängenden“ Bäumen wie Trauerbuchen oder Trauerbirken. Dazwischen die Grabmäler längst verstorbener Werdener Persönlichkeiten, deren Namen noch heute klingen.
Hier wurden Mitglieder der Familien Forstmann, Huffmann, Wintgen, Frielingsdorf, Mittweg, Mintrop, Albermann bestattet. Tuchfabrikant Matthias Wiese und Bauhistoriker Prof. Wilhelm Effmann haben Ehrengräber. Doch was huscht da für ein dunkler Schatten vorbei? In einen nachtschwarzen Umhang gehüllt, sucht Edith Tekolf den Kontakt zu den Verstorbenen.
Zwölf Darsteller werden auf dem Friedhof Zwiegespräche führen
Als Michael L. Maas mit der Idee kam, das Jubiläum zu begehen, habe man sich Gedanken darüber gemacht, wie man die Geschichte des Ortes und seiner Toten am besten „rüberbringen“ könne. Da sei in ihr das Bild eines Zwiegespräches aufgekommen, sagt Tekolf: „Es gibt andere, geradezu morbide Formate, wo in der Dämmerung unheilvolle Texte verlesen werden. Das fanden wir aber unpassend für diesen schönen Ort.“
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Fürs „Friedhofsgeflüster“ gebe es durchaus literarische Vorbilder: „Wir möchten Menschen von damals in fiktiven Gesprächen in heutige Zeiten holen. So können sie von sich erzählen: Was hat sie bewegt? Natürlich nur in Ausschnitten, und wir tun es in höchst unterhaltsamer Art und Weise.“ Sie habe sich mit rund 40 Persönlichkeiten intensiv beschäftigt: „Ich bin auf Dinge gestoßen, die mich erstaunten. Die nicht jeder weiß. Das wollte ich dokumentieren.“ Zwölf Darsteller werden hier beerdigte Menschen in Gespräche verwickeln und das Publikum darf lauschen. So werden die Toten des Dückerfriedhofes quasi zum Leben erweckt.
Der Friedhof in Werden wurde im Sommer 1824 eröffnet
Auf einem Gelände nahe der Luciuskirche bestand bereits seit dem 11. Jahrhundert eine Begräbnisstätte, die jedoch aufgegeben wurde. Im Laufe des 19. Jahrhunderts schritt die Industrialisierung immer rasanter voran, wodurch auch die Einwohnerzahl Werdens nach oben schnellte. Mehr und mehr Menschen zogen zu, sodass man sich zum Bau einer neuen Friedhofsanlage entschloss. Der ersten kommunalen auf heutigem Stadtgebiet.
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Der Friedhof wurde im Sommer 1824 eröffnet. Als erste Maria Elisabeth Grevendick wurde beigesetzt. Bereits nach wenigen Jahrzehnten wurde aber offensichtlich, dass die Kapazitäten nicht mehr lange ausreichen würden. Der Friedhof wurde 1876 still gelegt. Seitdem beerdigten die Werdener ihre Toten an der Kirchhofsallee. Als Werden 1929 nach Essen eingemeindet wurde, fiel die Verwaltung der geschlossenen Begräbnisstätte an die städtische Friedhofsverwaltung.
Die meisten der Grabmale und Grab-Erdplatten sind in den Sommermonaten unter wucherndem Grün verborgen, also normalerweise für Besucher der Parkanlage kaum wahrnehmbar. Doch Edith Tekolf freut sich: „Ein großes Lob an Grün und Gruga. Die Zugänge zu den Grabmälern wurden freigeschnitten.“ Es ist also alles bereit für eine stimmige „Geburtstagsparty“.
Entstehung, Symbole und Sprüche
Das 104 Seiten starke Buch „200 Jahre Alter Friedhof in Essen-Werden“ von Edith Tekolf und Michael L. Maas wird für 15 Euro zu erhalten sein. Die Autoren beschäftigen sich mit der Entstehungsgeschichte, mit Symbolen und Sprüchen. Da die meisten Inschriften kaum noch zu lesen sind, war viel Recherchearbeit fällig.
Das Buch zeigt auch Fotos von Wohnhäusern der hier Bestatteten und deren Familiendaten. Beigelegt ist ein völlig neu gezeichneter Lageplan mit den Grabmalen, der auch Bäume aufführt als Orientierungspunkte.
Das Folkwang-Posaunenquartett musiziert zum Jubiläum
Nach so langer Zeit der Vorbereitung kann Edith Tekolf es kaum noch erwarten: „Nach einer Begrüßung um 11.30 Uhr durch Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt wird die Geschichte des Friedhofs skizziert, dann läuten die Glocken der Katholischen und der Evangelischen Kirche, danach beginnt das Friedhofsgeflüster. Gegen 12.40 Uhr wird es Musik geben.“
„Wenn die Posaunen erschallen, erwachen die Toten aus ihren Gräbern.“
Michael L. Maas war nämlich die Inschrift auf dem Sockel des alten Friedhofskreuzes ins Auge gefallen: „Wenn die Posaunen erschallen, erwachen die Toten aus ihren Gräbern.“ Erfreulicherweise habe sich das Folkwang-Posaunenquartett bereit erklärt, den Spruch zumindest musikalisch umzusetzen. Nach einer Wiederholung des „Friedhofsgeflüsters“ gibt es um 14 Uhr eine Führung über den Alten Friedhof, anschließend ist bis etwa 15 Uhr ein geselliges Beisammensein geplant.
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