Essen-Werden. Das Ziel: andere Frauen kennenlernen und sich mit ihnen in einem geschützten Umfeld unterhalten. Wie dieses neue Netzwerk-Format funktioniert.

Bei „Girls Talking & Walking“ treffen sich Frauen verschiedenen Alters; soziale oder ethnische Hintergründe spielen keine Rolle, ebenso wenig die sexuelle Orientierung. Manche sind offen und geradezu redselig, andere zunächst schüchtern. Die Idee dahinter? Sie alle möchten andere Frauen kennenlernen und sich mit ihnen in einem geschützten Umfeld unterhalten können. Alle zwei bis drei Wochen wird gewalkt, getalkt und „connected“.

Der vierte Essener Walk beginnt am Werdener Ruhrufer. Startpunkte waren auch schon in Kupferdreh oder am Regattaturm. Demnächst ist es das Zollvereingelände und der Grugapark. Die Sonne knallt und der Biergarten lockt mit kühlen Erfrischungen.

Die Idee von „Girls Talking & Walking“ kommt aus den USA

Doch davor haben die beiden Organisatorinnen erst noch eine kleine „Wanderung“ gesetzt. Ebru Dolap und Evelina Muntendorf warten auf Mitspaziergängerinnen. Gemeinsam versuchen die engagierten Frauen, eine nicht nur aus ihrer Sicht geradezu bestechend einfache Idee umzusetzen, die in New York aufpoppte und nun über den großen Teich wanderte: „Girls Talking & Walking“. Frauen gehen „After Work“ ein Stück miteinander und reden. Das gibt es in Berlin, Budapest und Lyon, sogar auf Teneriffa und seit Mai auch in Essen.

Die Essenerinnen Evelina Muntendorf (l.) und Ebru Dolap organisieren die Treffen, die einen geschützten Raum für die Teilnehmerinnen bieten sollen.
Die Essenerinnen Evelina Muntendorf (l.) und Ebru Dolap organisieren die Treffen, die einen geschützten Raum für die Teilnehmerinnen bieten sollen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Der Spaziergang fördert die Gesundheit und ist durchaus für Ungeübte schaffbar. Vor allem bei diesen schweißtreibenden Temperaturen. Aber es geht um viel mehr. Gespräche werden möglich, ein Kennenlernen, recht bald geht es auch um durchaus ernste Themen. Einsamkeit zum Beispiel. Hier gelingt ein ungezwungener Austausch, und frau freut sich, dass sie nicht alleine ist mit ihren Sorgen.

Neue Kontakte zu knüpfen, kann ganz schön schwerfallen

Denn hier gehe es durchaus auch um mentale Gesundheit, betont Ebru Dolap: „Wir setzen uns gegen das Alleinsein und soziale Ängste ein.“ Neue Kontakte zu knüpfen, etwa nach Umzug oder Beziehungs-Aus, kann nämlich ganz schön schwerfallen. Es ist vor allem die Unterstützung von Frauen untereinander, die Ebru Dolap und Evelina Muntendorf fördern wollen. Ohne jeglichen Druck. Wer nicht mit aufs Gruppenfoto möchte, kein Problem. Wer sich nicht wohlfühlt, kann jederzeit nach Hause gehen.

„Wir wollen Frauen aus ihrem Alltag holen, sie unterstützen und stärken. Wir wollen erreichen, dass Frauen sich mehr sichtbar machen.“

Ebru Dolap, Organisatorin

Ebru Dolap legt nach: „Es gibt wenig Plattformen, wo Frauen zusammen kommen und sich gegenseitig supporten können. Wir wollen Frauen aus ihrem Alltag holen, sie unterstützen und stärken. Wir wollen erreichen, dass Frauen sich mehr sichtbar machen. Sie sollen erleben, dass sie mehr zu bieten haben als klassische Rollentypen.“ Evelina Muntendorf sieht das so: „Die Frauen können einfach sein, wie sie sind, authentisch und offen.“

Die Gespräche unter den Frauen sind von Beginn an sehr intensiv

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Übers Stauwehr geht es, vorbei am Regattaturm. Vorbei an Pärchen, die hier am Wasser die Sonne und ihr verliebtes Glück genießen. An den Südtiroler Stuben angekommen, wird auf der Terrasse ein großer Tisch zur „Kommunikationszentrale“. Nun gibt es die versprochene Erfrischung, ob alkoholisch oder nicht, ist völlig freigestellt. Es darf auch ein Amarena-Eisbecher sein, warum denn nicht?

„Es ist eine gute Möglichkeit, mal rauszukommen und seinen Horizont zu erweitern.“

Evelina Muntendorf, Organisatorin

Die Gespräche gehen unverändert intensiv weiter. Eine Teilnehmerin renoviert gerade, die andere beschäftigt sich beruflich stark mit den Möglichkeiten, die KI bietet. Da könnte sie doch unter die Arme greifen beim Aufbau einer Homepage? Natürlich kann sie das. Eine Frau möchte als Sängerin durchstarten, eine andere entwickelt sich gerade beruflich neu.

Die Essenerinnen wünschen sich, Gleichgesinnte zu treffen

Wie sind sie alle auf das Essener „Girls Talking & Walking“ gestoßen? Auf Facebook, aber auch beim Schauen einer Reportage des WDR-Fernsehens. Andere haben es ganz klassisch in der Zeitung gelesen. Daneyla zum Beispiel wurde über den Instagram-Auftritt aufmerksam und ist schon zum dritten Mal mit von der Partie.

Diesmal erkundete die Gruppe Werden und das Ruhrufer, demnächst soll das Zollvereingelände Treffpunkt sein.
Diesmal erkundete die Gruppe Werden und das Ruhrufer, demnächst soll das Zollvereingelände Treffpunkt sein. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Ihre Beweggründe? „Ich gehe gerne spazieren und lerne gerne Menschen kennen. Auch der Aspekt der Achtsamkeit spiegelt mich wider. Meine Hoffnung war es, hier Gleichgesinnte zu treffen, die ich in einem anderen Kontext niemals getroffen hätte.“ Was zu ihrer Freude auch gelang: „Ich habe hier nette Mädels kennengelernt, mit denen ich nun gemeinsame Projekte starte oder mit denen ich mich privat treffe. Ein enormer Zugewinn.“

Weitere Social Events geplant

Alle Frauen sind bei den kostenlosen Walks willkommen. „Egal wie alt sie sind oder wo sie herkommen“, betonen die Organisatorinnen.

Am Donnerstag, 4. Juli, findet im Nesifa Café & Bar an der Franziskastraße die erste „Authentic Party“ statt, mit einem Mix aus Tanzen und Meditieren. Weitere Social Events sollen folgen.

Der nächste Walk findet am Sonntag, 14. Juli, statt. Start ist um 11.30 Uhr am Regattaturm. Wer möchte, der kann auf Instagram @essen.girlstalkingwalking oder ganz neu dem WhatsApp-Kanal „Essen Girls TalkingWalking“ folgen.

Evelina Muntendorf nickt: „Es ist eine gute Möglichkeit, mal rauszukommen und seinen Horizont zu erweitern.“ Was Ebru Dolap noch unterstreicht: „Hier gehen so viele verschiedene Frauen mit, die ich sehr inspirierend finde. Bei unserem ersten Walk war da eine Frau, die ich superspannend fand. Sie ist ein Cutscene Artist, also Regisseurin für Video Games. Eben kein Allerweltberuf.“

Der Walk endet dort, wo er angefangen hat. Die Spaziergängerinnen gehen auseinander und versprechen sich ein Wiedersehen: „Bis zum nächsten Mal.“

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