Essen-Frohnhausen. Die Sozialarbeiterin der Schule hatte im Gebäude keinen Platz für ruhige Gespräche. Die werden jetzt im Auto geführt.
Weil die Gervinus-Grundschule in Frohnhausen aus allen Nähten platzt, steht jetzt immer ein Mercedes-Bus vor dem Schulgebäude. Im Bus finden ab sofort die Gespräche statt, die Schulsozialarbeiter mit den Kindern führen. „Vorher habe ich solche Gespräche manchmal sogar auf der Treppe führen müssen, weil für die Schulsozialarbeit einfach kein Platz im Gebäude ist“, berichtet Sozialarbeiterin Jacqueline Rausch.
Der Bus ist innen eingerichtet wie ein Zimmer mit gemütlichen Sitzen, einem kleinen Tisch, es gibt auch Spiele und Kuscheltiere.
Frau Rausch, was ist eigentlich Schulsozialarbeit? „Es geht vor allem um Beratung“, sagt Jacqueline Rausch. Kinder kommen mit den unterschiedlichsten Nöten und Sorgen zu den Sozialarbeitern, und das Wichtigste ist erst mal, dass man eine vertrauliche, entspannende Atmosphäre schafft. „Das war allein deshalb vorher nicht möglich, weil wir keinen Raum für uns hatten und man ständig in den Gesprächen gestört wurde.“
„Wir hatten keinen Raum für uns, und man wurde ständig gestört“
Jacqueline Rausch ist beim Diakoniewerk angestellt. Das Diakoniewerk beschäftigt acht Schulsozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. An allen Essener Schulen gibt es derzeit insgesamt 121 von ihnen, angestellt bei den unterschiedlichsten Trägern. Manche Stellen werden vom Land, andere von der Stadt finanziert. Das Diakoniewerk hat jetzt diesen Bus angeschafft, der nur für die Schulsozialarbeit an der Gervinusschule gedacht ist. Ohne eine großzügige Spende der Krupp-Stiftung wäre diese Anschaffung nicht möglich gewesen, betont Gisela Strotkötter, die Leiterin der Abteilung „Soziale Dienste“ beim Diakoniewerk.
Es ist nicht vorgesehen, dass der Bus von Schule zu Schule fährt, sondern er soll dauerhaft beziehungsweise so lang wie nötig vor der Gervinusschule stehen: „Schulsozialarbeit benötigt sehr viel Vertrauen und verlässliche Bindungen zwischen den Kindern und den Sozialarbeitern“, sagt Gisela Stotkötter. Trotzdem wünscht sie sich, dass das Beispiel jetzt Vorbild ist für weitere Maßnahmen dieser Art: Dass man Schulsozialarbeit ausquartiert aus den überfüllten Schulgebäuden und vor Ort stationär anders anbieten kann. „Doch dafür braucht es vor allem Geldgeber.“
Unterricht und Betreuung in den gleichen Räumen
Die Gervinusschule hat zwei Standorte in Frohnhausen, acht Klassen, und die Zahl der Kinder wird nicht kleiner, sondern größer. „406 Schülerinnen und Schüler sind es mittlerweile“, sagt Schulleiter Rainer de Nuccio. Die Gebäude sind eng und es fehlen Räume, sodass inzwischen – auch das ist woanders auch leider auch schon fast die Regel statt die Ausnahme – die Klassenräume vormittags Unterrichts- und nachmittags Betreuungsräume sind. Der Offene Ganztag hat keine eigenen Bereiche, was vor allem für die Mitarbeitenden ein Problem ist; ihnen fehlen eigene Schreibtische, ganz zu schweigen von Büros.
So gesehen, ist das Projekt des Diakoniewerks nur das, was man als Notlösung bezeichnen kann, auch wenn Miriam Matenia vom Fachbereich Schule der Stadt betont, dass die Kommune stadtweit mit Hochdruck daran arbeitet, mehr Platz zu schaffen durch Schulneubauten. Tatsächlich ist die Summe der Investitionen in Schulgebäude, die die Stadt Essen derzeit tätigt oder ernsthaft plant, noch nie so hoch gewesen wie jetzt. Drei Milliarden Euro sind es in den nächsten Jahren, grob überschlagen, und dazu zählen nicht nur Großprojekte wie der Neubau der Gesamtschule Altenessen-Süd (Erbslöhstraße), der Neubau des Gymnasiums Nord-Ost oder der Neubau der Gesamtschule Bockmühle. Nein, auch acht Grundschulen sind zurzeit neu geplant und 39 Erweiterungen an bestehenden Grund- und Förderschulen.
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Trotzdem ist die Not jetzt so groß, dass es Lösungen braucht, und zwar zum gegenwärtigen Zeitpunkt, und „von einem solchen Bus träume ich eigentlich schon lange, es war nur eine Frage der Finanzierung“, sagt Gisela Strotkötter.
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