Essen. Für die Großdemo hat die Stadt Essen ein eigenes Sicherheitskonzept entwickelt. Bei mehr als 45.000 Menschen gehen am P2 die Schranken runter.
Wenn die frisch installierten Zählanlagen mit Infrarottechnik am Zugang des Messeparkplatzes 2 in Essen-Rüttenscheid am 29. Juni 45.000 anzeigen, gehen die Schranken runter: Wer es am kommenden Samstag bis dahin nicht bis zur zentralen Kundgebung gegen den AfD-Parteitag geschafft haben sollte, muss Geduld mitbringen, bis es am gegenüberliegenden Ende des Geländes wieder die ersten Abgänge gibt - oder die Segel streichen. Exakt 45.000 und keine Nase mehr - das ist die maximale Anzahl von Menschen, die ein von der Stadt Essen in Auftrag gegebenes Sicherheitskonzept erlaubt, um einen ungefährdeten und möglichst störungsfreien Ablauf der Großversammlung zu gewährleisten.
Ordnungsdezernent Christian Kromberg stellte am Montag Einzelheiten vor und formulierte dabei eine „klare Botschaft“: Man werde im Verbund mit Polizei, Rettungskräften, Feuerwehr und anderen Partnern der kritischen Infrastruktur „alles geben, damit sich die Menschen auf dem P2 und im Umfeld sicher bewegen können“. Was nicht nur für Teilnehmer der Proteste gelten soll, sondern auch für Anwohner. Denen versichert der Beigeordnete: „Keiner wird eingesperrt, jeder kann sein Haus oder sein Geschäft erreichen.“
Keinerlei konkrete Anhaltspunkte für gewaltsame Störungen
Weil die Unsicherheit spürbar groß ist, will Kromberg noch einmal klarstellen: Man könne in die Sperrzone einfahren, wenn man sich durch einen triftigen Grund und seinen Personalausweis legitimiere. Was auch für Patienten, Besucher oder Beschäftigte des Krupp-Krankenhauses gelte. Einschränkungen darüber hinaus seien nur dann vorgesehen, wenn es die Sicherheitslage erfordere, es „heikel“ werde, so Kromberg: Auch wenn es bislang „keinerlei konkrete Anhaltspunkte für gewaltsame Störungen“ gebe, „kann es aber alles etwas länger dauern.“
Zusätzlich zur Alfredstraße, die von der Polizei bereits am Donnerstagabend zumindest für den motorisierten Verkehr dicht gemacht wird, ist bekanntlich auch die Rüttenscheider Straße für Autos und Co. gesperrt. Dort übernimmt die Stadt die Regie: Die Nord-Süd-Verbindung muss für die Rettungskräfte frei befahrbar sein, erläutert der Ordnungsdezernent den Grund. Das Parken allerdings ist dort weiterhin erlaubt. Wer seinen Wagen am kommenden Wochenende absehbar bewegen möchte, sollte ihn außerhalb des Sperrgebiets abstellen.
Rund 300 Ordner und elektronische Anzeigetafeln
Denn es wird eng: Alle in Essen verfügbaren Kräfte des Katastrophenschutzes werden am 29. Juni, dem Tag der zentralen Demo, im Einsatz sein, umliegende Städte zudem Verstärkung nach Rüttenscheid schicken. Rettungshelfer sind in Zweier-Teams unterwegs, rund 300 Ordner sollen neben elektronischen Anzeigetafeln zudem die Besucherströme in Richtung des Versammlungsorts und auf dem Kundgebungsgelände lenken. Auf dem Messeparkplatz selbst gilt eine Art Einbahnstraßensystem: Der Zugang bis zur Bühne wird über die Alfredstraße gesteuert, der Hauptausgang liegt hinter dem „Markt der Möglichkeiten“ in Richtung Veronikastraße.
Das ganze Geschehen wird nicht nur von einem Versammlungsstab aus Vertretern unterschiedlicher Behörden durchgängig unter Sicherheitsaspekten immer wieder bewertet, sondern auch von einem sogenannten „Crowdmanager“ beobachtet. Ein solcher Experte, der sich mit der Steuerung von vielen Menschen auf engem Raum auskennt, wurde extra von der Stadt engagiert, „um notfalls korrigierend einzugreifen“, so Kromberg.
Binnen 25 Minuten kann der Platz entfluchtet werden
Dem Sicherheitskonzept, das binnen eineinhalb Monaten erarbeitet wurde, liegt eine Simulation zugrunde, die die verschiedensten Szenarien durchgespielt hat. Ein Ergebnis davon ist neben der gedeckelten Anzahl von 45.000 Menschen im Maximum die Erkenntnis, dass trotz dieser schieren Masse im Notfall eine Entfluchtung des Areals in angemessener Zeit, so Fachleute, möglich sei: „Es braucht nicht länger als 25 Minuten, um den Platz leer zu ziehen“, aber bei dieser Größenordnung eine bis eineinhalb Stunden, bis alle Teilnehmer der Demo, die morgens am Hauptbahnhof startet, auf dem Platz sind - wenn sie denn wollen. Je nach Andrang stehen auch noch Ausgleichsflächen zur Verfügung.
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Weil Fahrräder sich in Situationen potenziell drangvoller Enge als gefährliche Stolperfallen entpuppen können, haben sie auf dem Parkplatz 2 nichts zu suchen. Wer mit seinem Drahtesel anreist, findet auf dem Schulhof der Käthe-Kollwitz-Schule an der Christinenstraße und auf einer Grünfläche vor dem Krupp-Krankenhaus bewachte Stellplätze. Wer irgendwie kann, sollte sich im Sinne einer möglichst fixen Anreise mit den örtlichen Gegebenheiten vor Ort im Vorfeld vertraut machen, lautet eine Empfehlung Krombergs. Eine weitere: Angesichts der zu erwartenden sommerlichen Temperaturen sollte jeder Teilnehmer ausreichend trinken. Nichtalkoholische Erfrischungen in Plastikflaschen sind erlaubt. Gegen Geld gibt‘s Speis und Trank auch an den Ständen am Rande des Messeparkplatzes. Wer sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen schlapp macht oder sich nicht wohlfühlt, sollte sich nicht scheuen, sich an einen der zahlreichen Helfer, die Feuerwehr oder die Polizei zu wenden.
Die zusätzliche Sicherheit kostet eine mittlere sechsstellige Summe
Noch liegt die Schlussrechnung für den ganzen Aufwand, der gefahren wird, nicht vor. Doch schon jetzt geht die Stadt davon aus, dass das Konzept für eine zusätzliche Sicherheit und dessen praktische Umsetzung sie eine „mittlere sechsstellige Summe“ kosten wird. „Das sind Demokratiekosten, die der Steuerzahler tragen muss“, sagt Kromberg, der überzeugt ist, dass für politische Versammlungen dieser Art die selben Sicherheitsmaßstäbe angelegt werden müssen wie an jede andere in der Dimension vergleichbare Großveranstaltung auch.
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