Essen. In einem Ratsantrag fordern CDU, Grüne und FDP eine Nutzungssatzung mit strafbewehrten Selbstverpflichtungen für viele städtische Immobilien.
Noch ist nur in erster Instanz entschieden, dass der Bundesparteitag der AfD in der Essener Grugahalle über die Bühne gehen darf, da schickt sich die örtliche Politik bereits an, erste Konsequenzen aus dem laufenden Rechtsstreit zu ziehen: In einem Antrag für die nächste Sitzung des Stadtrates am 26. Juni fordern CDU, Grüne und FDP, die Vermietung städtischer Gebäude künftig grundsätzlich von der Abgabe einer strafbewehrten Selbstverpflichtung abhängig zu machen.
Mit einer solchen nachträglich eingeforderten Regelung hatte die Stadt Essen versucht, die „Alternative für Deutschland“ für mögliche strafbare Äußerungen während ihres Parteitags zur Verantwortung zu ziehen. Dass man der Partei diese Vertragsergänzung mehr als ein Jahr nach Anschluss des Mietvertrags abverlangte, begründete die Stadt mit dem Hinweis auf eine massive Radikalisierung der AfD in den vergangenen Monaten. Man fürchte, Delegierte oder Besucher des Treffens könnten etwa die verbotene SA-Parole „Alles für Deutschland“ oder ähnliche Slogans skandieren.
Der AfD hatte die Stadt per Ratsbeschluss ein einwöchiges Ultimatum gestellt, innerhalb dessen sie die Selbstverpflichtung unterzeichnen sollte. Die Partei ließ diese Frist aber ungenutzt verstreichen, kassierte dafür die Kündigung des Hallen-Mietvertrags mit der städtischen Messe-Tochter und beruft sich jetzt in drei Verfahren vor dem Verwaltungs- und Landgericht darauf, dass die Regelung „völlig unklar und unbestimmt“, „offensichtlich rechtswidrig“ und mit Blick auf die Strafe von bis zu 500.000 Euro für jeden Einzelfall in der Höhe „völlig unverhältnismäßig“ sei.
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Indem CDU, Grüne und FDP jetzt eine grundsätzliche Regelung überall dort fordern, wo städtische Immobilien zu parteipolitischen Zwecken vermietet werden, verhindert man zum einen, dass diese Auflage ausschließlich der AfD abverlangt wird. Zum anderen schafft ein solcher Vertragsbestandteil Klarheit von Anfang an, heißt es – und schließt eine bislang bestehende Regelungslücke, wie Oberbürgermeister Thomas Kufen am Donnerstag betonte.
Er jedenfalls fände es nachgerade „unerträglich“, wenn bei einer Parteiveranstaltung eine strafbare Äußerungen vom genannten Kaliber geäußert oder etwa das Existenzrecht Israels infrage gestellt würde. Der nun vorliegende Ratsantrag fordert deshalb eine Nutzungssatzung für städtische Immobilien, die zum Beispiel für bestimmte Gebäude eine Nutzung zu parteipolitischen Veranstaltungen von vornherein ausschließen soll. Zu denen könnte etwa das Haus jüdischer Kultur, die Alte Synagoge gehören.
Bei jenen Gebäuden, die für Parteitreffen infrage kommen, sollen sich die Veranstalter künftig dazu verpflichten, Straftaten – vor allem wohl strafbare Äußerungen – unverzüglich zu unterbinden, die Täter von der Veranstaltung auszuschließen und Beweismittel wie etwa Videomitschnitte zu sichern. Die Stadt will schlicht einen Fuß in der Tür haben, und das auch bei ihren Tochtergesellschaften, wie etwa der Messe Essen GmbH. Ob sich dieses Ansinnen angesichts des erstinstanzlichen Beschlusses vor dem Verwaltungsgericht halten lässt, ist noch offen.