Kreis Kleve. Am Sonntag könnte die Debatte um den Nationalpark Reichswald ein Ende finden. Wenn bis dahin das Ergebnis vorliegt. Das Auszählungssystem.

Es ist 11.40 Uhr an diesem Mittwoch, 11. Dezember, und die Aula des Berufskollegs Kleve füllt sich langsam mit geschäftiger Atmosphäre. Hier beginnt die langersehnte Auszählung der Stimmen, die über das Ja oder Nein zum Nationalpark Reichswald entscheiden werden.

Wer jetzt auf ein schnelles Ergebnis hofft, wird sich gedulden müssen. „Unser Ziel ist es, die Auszählung bis Sonntag abzuschließen, aber da ist eher der Wunsch Vater des Gedankens“, erklärt Denise Bormann von der Kreisverwaltung.

170 freiwillige Helfer, zehn Stunden täglich

Die Helfer trudeln nach und nach ein, 170 Mitarbeiter des Kreises haben sich freiwillig gemeldet, um über mehrere Tage hinweg die Stimmzettel zu prüfen und zu zählen. Der Countdown läuft.

Auszählung NAtionalpark
Die Tische mit Zuordnung zu den Kommunen. © NRZ | Petra Zellhofer-Trausch

In der Aula herrscht Struktur: Überall stehen Tische, die den einzelnen Kommunen zugeordnet sind. Schilder mit Namen wie Wachtendonk, Straelen, Uedem, Kalkar, Kleve, Goch, Emmerich, Rees oder Kerken geben den Überblick. Auf der einen Seite der Tische stapeln sich gelbe Postkisten, auf der anderen Seite warten große, graue Wahlurnen.

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Zunächst die kleineren Kommunen

In den nächsten Tagen werden alle 170 Freiwilligen abgleichen, zählen und akribisch arbeiten. Rund 50 von ihnen starten an diesem Mittwoch von 12 bis 18 Uhr. An den folgenden Tagen wird in zwei Schichten gearbeitet: von 8 bis 13 Uhr und von 13 bis 18 Uhr. Zehn Stunden täglich.

Viele Tische bleiben allerdings auch um kurz vor 12 Uhr noch leer – warum das so ist, erklären Denise Bormann und Kreissprecher Benedikt Giesbers als Teil des Prozesses: Zunächst werden die Kommunen mit den wenigsten abgegebenen Stimmen bearbeitet. Dieses Vorgehen hat einen praktischen Hintergrund: Die geringe Stimmenzahl erlaubt eine zügige Abwicklung. Die ersten Schritte sind klar definiert: Briefumschläge öffnen, die Daten der Wähler mit der Personendatenbank abgleichen und die Stimmzettel auf die Wahlurnen verteilen.

115.830 Stimmbriefumschläge

Am Mittwoch, 11. Dezember, sind noch mehr als 3000 Stimmbriefumschläge im Kreishaus eingegangen. Die Gesamtzahl beträgt demnach ca. 115.830. Dies ist nicht die Zahl der abgegebenen Stimmen. Umschläge, in denen beispielsweise der Stimmschein oder der Stimmzettelumschlag fehlen, werden als „nicht eingereicht“ gewertet.

Abgegebene Umschläge (1), Abstimmungsberechtigte (2), bisherige Beteiligung (3)

Bedburg-Hau: 1: 6362; 2: 11.300; 3: 56,30 %

Emmerich: 1: 8422; 2: 26.870; 3: 31,34 %

Geldern: 1: 11.044; 2: 28.680; 3: 38,51 %

Goch: 1: 13.929, 2: 29.620; 3: 47,03 %

Issum: 1: 4300; 2: 10.200; 3: 41,75 %

Kalkar: 1: 5599; 2: 11.520; 3: 48,60 %

Kerken: 1: 4771; 2: 10.930; 3: 43,65 %

Kleve: 1: 20.067; 2: 42.750; 3: 46,94 %

Kranenburg: 1: 5196; 2: 9300; 3: 55,89 %

Rees: 1: 7744; 2: 18.000; 3: 43,02 %

Rheurdt: 1: 2547; 2: 5460; 3: 46,65 %

Straelen: 1: 5530; 2: 13.880; 3: 39,84 %

Uedem: 1: 3656; 2: 6880; 3: 53,14 %

Wachtendonk: 1: 3021; 2: 6720; 3: 44,96 %

Kevelaer: 1: 10.017; 2: 23.560; 3: 42,52 %

Weeze: 1: 3625; 2: 9670; 3: 37,49 %

Kreis Kleve: 1: 115.830; 2: 265.440; 3: 43,64 %

Abgegebene Stimmumschläge zum 11. Dezember, 12 Uhr – keine Angabe möglich, wie viele dieser abgegebenen Umschläge gültige Stimmen enthalten. Abstimmungsberechtigte zum 31. Oktober 2024 – Zahlen abgerundet. Die tatsächliche Zahl der Abstimmungsberechtigten kann erst nach der Auszählung abschließend benannt werden.

Parallele Vorbereitung der größeren Kommunen

„Wir brauchen Platz – das ist unglaublich viel Papier, da darf nichts durcheinanderkommen,“ betont Denise Bormann. Genau deshalb beginnt die Auszählung mit den vier kleineren Kommunen Weeze, Wachtendonk, Uedem und Rheurdt. Hier kann der gesamte Auszählprozess in einem Stück abgewickelt werden.

Nationalpark Auszählung
170 Freiwillige sind bis mindestens Sonntag beschäftigt. Zuerst sind die kleineren Kommunen an der Reihe. © NRZ | Petra Zellhofer-Trausch

Parallel dazu laufen bereits Vorbereitungen für die größeren Kommunen. „Bei Emmerich und Rees beginnen wir schon jetzt mit der Öffnung der rosa Stimmbriefumschläge“, erklärt Bormann. Dies dient der Vorbereitung für den aufwendigeren Teil der Auszählung: den Abgleich mit dem Negativverzeichnis, der besonders viel Zeit in Anspruch nimmt.

Nationalpark Auszählung
Gut strukturiert: Die Aula des Berufskollegs Kleve. © NRZ | Petra Zellhofer-Trausch

Auch für die vier Startkommunen Weeze, Wachtendonk, Uedem und Rheurdt bedeutet das: Sobald alle Umschläge geöffnet sind, beginnt die eigentliche Auszählung – vielleicht noch am Mittwochnachmittag, möglicherweise aber erst am Donnerstagmorgen. Die gestaffelte Herangehensweise ist bewusst gewählt, um Fehler bei der großen Menge an Stimmen zu vermeiden.

Ergebnisse vielleicht am Sonntag

Und wann ist mit einem endgültigen Ergebnis zu rechnen? „Wir hoffen, dass wir bis Sonntagabend fertig sind“, so Bormann. „Aber meine Hand würde ich dafür nicht ins Feuer legen!“ Im Berufskolleg Kleve sind zu diesem Zeitpunkt bereits alle Stimmumschläge versammelt – mit Ausnahme derjenigen, die noch bis Mittwochmittag, 12 Uhr, eingegangen sind. Diese werden im Kreishaus vom Abstimmungsvorstand gesichtet, gezählt und sortiert, bevor sie in einer finalen Lieferung zum Berufskolleg gebracht werden.

66 Wahlurnen, die zuvor sicher verschlossen und versiegelt im Kreishaus gelagert wurden, sind bereits zum Berufskolleg transportiert und auf die entsprechenden Tische verteilt worden. „Die Sortierung der Kommunen hat schon im Vorfeld stattgefunden“, erklärt Benedikt Giesbers. „Das war eine umfassende Arbeit.“

115.000 Briefumschläge

Für die Helfer ist die schiere Menge beeindruckend: knapp 115.000 Briefumschläge insgesamt. Doch wie Giesbers betont, ist die Gesamtzahl zunächst zweitrangig. „Entscheidend wird die Zahl der gültigen Stimmen sein, nachdem die Umschläge geöffnet wurden. Es kommt darauf an, ob alle Unterlagen vollständig sind, wie beispielsweise die eidesstattliche Erklärung.“

Denise Burmann gibt an den Tischen noch letzte Instruktionen. Seit Mitte März beschäftigt die Mammutaufgabe die Mitarbeiter der Kreisverwaltung. „Wir mussten uns nicht nur mit dem Bürgerbegehren rechtlich auseinandersetzen, sondern uns parallel auch schon Gedanken zur Organisation eines etwaigen Bürgerentscheids machen.“ „Und die Fristen waren kurz“, ergänzt Benedikt Giesbers.

Zwischen Spannung und Erleichterung

„Ganze Arbeit geleistet“, freut sich Nationalpark-Befürworterin Ingrid van Gemmeren von der Initiative Internationalwald Reichswald, die natürlich das Geschehen vor Ort verfolgt. Für sie macht sich jetzt ein Gefühl zwischen Erleichterung und Spannung breit.

Nationalpark Auszählung
115.830 Stimmbriefumschläge sind eingegangen, davon allein am Mittwoch, 11. Dezember, mehr als 3000. © NRZ | Petra Zellhofer-Trausch

„Ich bin jetzt schon ziemlich platt. Seit März war ich fast jeden Tag mit dem Thema beschäftigt, jetzt brauche ich auch mal wieder Zeit für private Dinge. Natürlich ist die Anspannung noch da.“ Dass so viele abgestimmt haben findet sie sehr positiv. „Das zeigt, dass die Bürger bereit sind, sich zu engagieren. Jetzt muss man sehen, ob wir mit unseren Argumenten durchdringen konnten.“