Rees. Waltraut Claaßen pflegt das Grab ihres Mannes. Für den Friedhof in Haffen-Mehr wünscht sie sich mehr Pflege. Nicht so einfach, sagt der Pfarrer.

Der Weg über den evangelischen Waldfriedhof in Haffen-Mehr ist an diesem Tag schon etwas abenteuerlich, vor allem, wenn man nicht mehr so gut zu Fuß ist. Große und kleine Äste auf den Wegen zu den Gräbern machen den Weg durch den Sturm vom Wochenende holprig. Zudem zieren diverse Unkräuter die Wegränder oder wachsen auf den Wegen, Löwenzahn findet sich in teilweise beeindruckender Höhe.

Waltraut Claaßens Weg zum Grab ihres Mannes ist ein gutes Stück vom Eingang entfernt, allein geht sie nicht gern. Aber sie muss, denn es ist niemand da, der sie begleitet. Was sie aber am meisten bedrückt, ist der Zustand rund um das Grab.

Viel Unkraut wächst auf den Wegen des evangelischen Friedhofs in Haffen-Mehr.
Viel Unkraut wächst auf den Wegen des evangelischen Friedhofs in Haffen-Mehr. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Gras und Unkraut machen die Arbeit schwierig

Das Grab selbst wird von 78-Jährigen, die inzwischen in Flüren wohnt, alle zwei Wochen gepflegt, soweit es ihre Gesundheit zulässt. Zehn Jahre lebte sie mit ihrem Mann in einem Haus in Haffen-Mehr. Als dieser 2003 starb, musste sie das Haus erst vermieten und dann verkaufen. 

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Für die Besuche auf dem Friedhof nimmt sie die etwa 15 Minuten mit dem Auto in Kauf „es bleibt mir nichts anderes übrig“. Aber auch das macht sie eigentlich nicht mehr so gerne, denn nach einer schweren Herzoperation und wegen anderer schmerzhafter Erkrankungen ist die Seniorin in ihrem Alltag eingeschränkt. Gerade im Sommer ist bei der Grabpflege nach zwei Wochen wieder viel zu tun, da möchte sie nicht noch zusätzliche Arbeit. Aber: Hinter dem Grab, auf einer kleinen Anhöhe, die zur Straße führt, wachsen Gras und Unkraut fast ungebremst.

Die Rasengräser sind teils nicht mehr zu erkennen und abgesackt. Mähen ist hier schwierig.
Die Rasengräser sind teils nicht mehr zu erkennen und abgesackt. Mähen ist hier schwierig. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Kein Laufen hinter dem Grab möglich

„Manchmal wird auch gemäht“, erzählt Waltraut Claaßen, „und dann liegt alles auf dem Grab.“ Hinter dem Grab kann sie gar nicht laufen, der schmale Pfad führt direkt ins Unkraut: „Da würde ich mir alles brechen“!

Vor langer Zeit habe man ihr versprochen, dass daran gearbeitet werde. Waltraut Claaßen wirft einen Blick über die Gräber und auf die Wege: „Wo ist denn hier gearbeitet worden?“ Dass für aufwendige Bepflanzung vielleicht nicht genug Geld da sei, das verstehe sie, aber zumindest für die Pflege müsse mehr getan werden, sagt sie. „Wenn ich das Grab sauber halten möchte, muss ich auch in den hinteren Bereich. Mir geht es nur darum, dass vernünftig gemäht wird, vielleicht etwas gepflanzt, damit das Unkraut dort gar nicht mehr so hochwachsen kann.“

Pfarrer Krämer nimmt sich Zeit für einen Rundgang

Auf Anfrage der NRZ nehmen sich Pfarrer Erwin Krämer und Kirchküster Torsten Quenter Zeit für einen Rundgang: „Es gibt Probleme, ja“, sagt der Pfarrer. Aber für die gebe es nicht immer eine einfache Lösung. Vieles sei finanziell einfach nicht machbar.

(v.li.) Pfarrer Erwin Krämer und Kirchmeister Torsten Quenter.
(v.li.) Pfarrer Erwin Krämer und Kirchmeister Torsten Quenter. © NRZ | Petra Zellhofer-Trausch

„Die Trauerhalle zum Beispiel würde pro Beerdigung 300 Euro kosten, die Kosten müssen nach dem Kommunalabgabengesetz abgerechnet werden“, erklärt Erwin Krämer. „Das wollten wir nicht, deshalb ist es jetzt eine Kapelle. Als Predigtstätte ist sie nun kostenlos, auch für Menschen, die keiner Kirche angehören.“

Hausmüll wird heimlich auf dem Friedhof entsorgt

Unnötige Kosten würden auch durch illegale Abfallentsorgung entstehen. In Hamminkeln – der Friedhof gehört zur evangelischen Gemeinschaft der drei Ortschaften Haffen, Mehr und Mehrhoog – wird der Müll gewogen. Oft wird heimlich und nachts Hausmüll in den Friedhofscontainern entsorgt. „Wird der Müll abgeholt und es wird Hausmüll gefunden, muss die Tonne teuer bezahlt werden“, gleiches gilt für Betonreste von Grabfundamenten. Torsten Quenter nimmt dann schon mal 400 Kilo mit nach Hause und entsorgt sie dort. 

Auf dem Weg zum Grab von Waltraut Claaßens Mann erklären Pfarrer und Kirchmeister: „Der Weg ist grün, ja. Und es gibt auch viel Unkraut.“ Bis vor drei, vier Jahren hätte eine Fachfirma noch spritzen dürfen. „Jetzt darf sie das nicht mehr. Also müssen die Wege händisch bearbeitet werden und das ist sehr zeitaufwendig. Eigentlich dürfen wir nur noch mit der Hacke ran, denn Gasflaschen zum Abflammen sind nicht gerade umweltfreundlich. Um das alles unkrautfrei zu halten, bräuchten wir eine halbe Stelle mehr. Und die muss wieder auf jeden Trauerfall umgelegt werden.“

Früher durften die Wege noch gespritzt werden, jetzt muss das Unkraut händisch entfernt werden.
Früher durften die Wege noch gespritzt werden, jetzt muss das Unkraut händisch entfernt werden. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

8000 Euro für Bewässerungsanlage

Die Rasengräber konnten wegen des sinkenden Grundwasserspiegels nicht mehr wie von allen gewünscht gepflegt werden. Die Installation einer Bewässerungsanlage für 8000 Euro war notwendig. Diese Grabform wird es daher auch in Zukunft nicht mehr geben, dafür sind in zwei Bereichen Baumgräber geplant. Die Senkung der Ruhefrist für Urnen von 25 auf 15 Jahre wäre positiv und käme vor allem auch Senioren entgegen.

Das Presbyterium würde viele Stunden ehrenamtliche Arbeit in die Pflege des Friedhofs investieren, es gebe viele „unschöne“ Stellen, aber die Arbeit müsse auch bezahlt werden. „Von wem?“, fragt Erwin Krämer.

„Es ist grundsätzlich gut, wenn uns Menschen auf Dinge aufmerksam machen. Wir finden manchen Zustand auch nicht schön“

Erwin Krämer
Pfarrer

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10.000 Euro Kostenvoranschlag

Das gilt auch für den Hang hinter dem Grab des Mannes von Waltraut Claaßen. „Die Probleme, die genannt wurden, gibt es – klar“, so Krämer. Hier hätte man auch einen Garten- und Landschaftsbauer angefragt. 10.000 Euro hätte der Kostenvoranschlag gelautet. Der Pfarrer rechnet: „Das würde dann vielleicht sieben Jahre halten. Bei etwa 33 Beerdigungen pro Jahr müssten die Beerdigungen also 50 Euro teuer werden. Das wollen wird nicht.“

Aber es wird an einer Lösung gearbeitet: „Im Herbst wird sich eine unserer Presbyterinnen ehrenamtlich und mit viel Erfahrung vor Ort gemeinsam mit dem Friedhofsgärtner um den Hang kümmern. Es ist grundsätzlich gut, wenn uns Menschen auf Dinge aufmerksam machen. Wir finden manchen Zustand auch nicht schön“, sagt Pfarrer Erwin Krämer.