Kreis Kleve/Emmerich. Die Polizei im Kreis Kleve soll künftig die Nationalität von Tatverdächtigen nennen. Warum der Emmericher Integrationsrat das Vorhaben kritisiert.

Es soll in den nächsten Wochen in Kraft treten. Die Polizei in NRW soll künftig immer die Nationalität von Tatverdächtigen nennen, egal ob es sich um deutsche oder ausländische Staatsbürger:innen handelt. Der Medienerlass des NRW-Innenministeriums für die Polizei werde entsprechend überarbeitet, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

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Mit der Nennung der Nationalität will das Innenministerium für mehr Transparenz sorgen und Spekulationen vermeiden. Die Nennung der Nationalität soll aber auch die Polizei entlasten, da sie häufig Teil journalistischer Anfragen ist. „Die Nennung der Nationalität im Kontext einer Straftat ist erfahrungsgemäß auch immer häufiger Teil von journalistischen Nachfragen. Zudem will die Polizei NRW Spekulationen vorgreifen sowie dem Vorwurf, etwas verschweigen zu wollen, entgegentreten“, so das Innenministerium.

Klever Kreispolizei begrüßt den Vorstoß des NRW-Innenministeriums

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Trotz heftiger Kritik soll der neue Medienerlass in den nächsten Wochen in Kraft treten. Auch die Kreispolizeibehörde Kleve wird den neuen Erlass entsprechend umsetzen. Allerdings „haben wir bislang nur die allgemeine Ankündigung zum Thema und erwarten noch den geänderten Erlass“, teilte die Kreis Klever Polizei-Sprecherin Christina Pitz auf NRZ-Anfrage mit.

Die Kreispolizeibehörde sieht hier eine positive Entwicklung. Der neue Erlass soll die Kommunikationsstrategie gegenüber den Medien verändern und damit mehr Transparenz in der Berichterstattung über Straftaten schaffen. „Wir als Kreispolizeibehörde stehen der Entscheidung durchaus positiv gegenüber und erhoffen uns eine entsprechende Steigerung der Transparenz in der Berichterstattung“, so Pitz.

6342 der Tatverdächtiger im Kreis Kleve waren 2023 deutsche Staatsbürger

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Laut der Kriminalstatistik der Kreispolizeibehörde wurden im Jahr 2023 über 23.000 Straftaten registriert. Das sind 2879 Straftaten mehr als im Jahr 2022. Doch nicht nur die Zahl der Taten ist gestiegen, sondern erfreulicherweise auch die Aufklärungsquote, die im Jahr 2023 bei 56,4 Prozent lag – ein Plus von 1,5 Prozent im Vergleich zu 2022.

Laut Kriminalstatistik der Kreispolizeibehörde lag der Anteil der nicht deutschen Tatverdächtigen im vergangenen Jahr bei 44,18 Prozent. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr kreisweit 11.362 Tatverdächtige, davon 6342 mit deutscher und 5020 mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit. Definition Nichtdeutsche Tatverdächtige sind Personen mit ausländischer oder ungeklärter Staatsangehörigkeit sowie Staatenlose.

Sabina Palluch, die Vorsitzende des Integrationsrats der Stadt Emmerich, kritisiert die Pläne des Innenministeriums.
Sabina Palluch, die Vorsitzende des Integrationsrats der Stadt Emmerich, kritisiert die Pläne des Innenministeriums. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Emmericher Integrationsrat: Der Vorstoß verstärkt Ängste

Sabina Palluch, Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Emmerich am Rhein, kritisiert das Vorgehen des Innenministeriums. Die Nennung der Nationalität von Straftätern führe dazu, dass die negativen Aspekte einer bestimmten Gruppe hervorgehoben würden, während die positiven Beiträge dieser Menschen oft unter den Tisch fielen. „Die Erwähnung der Nationalität von Tätern in Medienberichten oder offiziellen Mitteilungen wird keinen Täter von seinen Handlungen abhalten. Stattdessen sind es die unschuldigen Landsleute des Täters, die unter den negativen Konsequenzen leiden werden“, erklärt Palluch.

Die NRZ hält sich an den Pressekodex

Aber wie steht die Neue Rhein/Ruhr Zeitung (NRZ) zu dieser Änderung? Um Vorurteile und diskriminierende Stereotype in der Berichterstattung zu vermeiden, orientiert sich die NRZ bei der Frage, ob die Nationalität von mutmaßlichen Straftätern genannt werden soll, am Pressekodex.

Dieser verbietet die Nennung der Herkunft oder der Nationalität nicht, knüpft sie aber an Bedingungen. So muss die Straftat eine besondere Dimension haben, aus einer Gruppe heraus begangen worden sein – wie zum Beispiel in der Kölner Silvesternacht – oder die Biografie des Täters oder der Täterin spielt eine besondere Rolle. „Bis auf Weiteres halten wir uns an dieses Prinzip“, so Marc Hippler, stellvertretender Chefredakteur der NRZ.

Das Innenministerium argumentiert, dass die Änderung zu mehr Transparenz führen und Spekulationen verhindern soll. Palluch weist diese Argumentation jedoch zurück. „Die Erwähnung der Nationalität wird zu mehr Verallgemeinerungen und voreiligen Schlussfolgerungen führen. Für die Transparenz ist es wichtiger, fundierte und kontextbezogene Informationen bereitzustellen, die nicht zur Stigmatisierung beitragen“, teilte sie auf NRZ-Anfrage mit.

Mittlerweile befürchtet der Integrationsrat Emmerich, dass durch die Nennung der Nationalitäten Vorurteile und unnötige Ängste verstärkt werden. „Deshalb appelliere ich an die Verantwortlichen, diese Änderungen zu überdenken. Die Konsequenzen solcher Maßnahmen sind weitreichend und betreffen uns alle“, so Palluch.