Kreis Kleve. Die Polizei in NRW soll die Nationalität von Tatverdächtigen nennen. Keine Transparenz, sondern eine Munition für Rassismus. Ein Kommentar.
Das nordrhein-westfälische Innenministerium will künftig die Nationalitäten von Tatverdächtigen nennen. Dazu will das Innenministerium den Medienerlass für die Polizei entsprechend ändern. Ziel sei es, mehr Transparenz zu schaffen und Spekulationen zu vermeiden. Damit will das Innenministerium die Polizei in NRW entlasten, denn diese Frage ist Teil vieler journalistischer Anfragen.
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Bislang hielten sich die Medien, darunter auch lange Zeit die NRZ, an den Pressekodex. Dieser verbietet die Nennung der Nationalität einzelner Tatverdächtiger nicht – aber im richtigen Kontext. Wenn die Nationalität der Verdächtigen relevant ist – Wir alle erinnern uns an die Kölner Silvesternacht. Deshalb ist der Vorstoß des NRW-Innenministeriums völlig falsch. Denn bisher gibt es wissenschaftlich keinen Zusammenhang zwischen Nationalität und Kriminalität. Vielmehr hängt Kriminalität in erster Linie mit sozialen Faktoren wie sozialer Status, Alter und Geschlecht zusammen.
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Laut einer Studie des Mediendienstes Integration wird die Herkunft von Tatverdächtigen in deutschen Medien häufig genannt. Eine Untersuchung von über 400 Fernseh- und Zeitschriftenbeiträgen ergab, dass in 44 Prozent der Berichte über Gewaltkriminalität in überregionalen Tageszeitungen die Herkunft der Tatverdächtigen genannt wurde.
Der Vorstoß des Innenministeriums verstärkt die Diskriminierung
Außerdem weist die polizeiliche Kriminalstatistik jährlich aus, wie viele Straftaten in der jeweiligen Stadt begangen wurden und von wem sie begangen wurden, ob von deutschen oder ausländischen Tatverdächtigen. Diese Zahlen stehen sowohl für Medien als auch für die Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Nichterwähnung der Nationalität von Tatverdächtigen wird daher sicherlich nicht als intransparent empfunden. Sie ist vielmehr geeignet, Vorurteile und Stigmatisierungen gegenüber bestimmten Gruppen auch in der Berichterstattung zu verstärken. Dies belastet die gesamte Gesellschaft und wird von antidemokratischen Gruppierungen missbraucht, um Hetze und Rassismus gegen bestimmte Gruppen in der Gesellschaft zu verbreiten.
Es ist zu befürchten, dass Rechtsextremisten Straftaten, die mutmaßlich von Menschen ausländischer Herkunft begangen werden, nicht als Einzelfälle betrachten. Dies könnte dazu führen, dass sie auch gewalttätig gegen Einrichtungen von Migranten vorgehen, wie es derzeit in England und Nordirland geschieht. Statt Transparenz zu schaffen, wird dies als Munition für Hetze, Rassismus und Diskriminierung gesehen.