Emmerich/Kleve. Gibt es in den Niederlanden etwa keine Drogeriemärkte? Gerade vor Ostern gibt es um Waschmittel & Co wieder ein nerviges Hasenrennen.

Wagenweise rollt das Duschgel über das Band. Ob in Emmerich, Kleve oder Kranenburg: Wenn die Holländer kurz vor dem Wochenende wie Shampoo-Junkies die Drogeriemärkte stürmen, bleiben die Regale leer. Mit prall gefüllten Einkaufskörben und ellenlangen Kassenbons verlassen unsere Nachbarn die Läden. Aber warum ist das so? Fehlt es in den Niederlanden an Shampoo, Seife oder Tagescreme? Gerade vor Ostern gibt es in deutschen Drogeriemärkten wieder ein nerviges Hauen und Stechen um Feinwaschmittel, Geschirrspültabs, Feuchttücher und Kosmetika.

Familie Mooms aus Tiel kommt einmal im Monat nach Kranenburg, um hier ihre wichtigsten Einkäufe zu erledigen. Für ihre kleine Tochter kauft das Ehepaar viele Feuchttücher, Baby-Breis und Toilettenpapier. Allein die Fruchtdrinks seien enorm viel günstiger als in den Niederlanden. „Ein Breigläschen kostet bei uns 1,50 Euro, hier ein Euro. Das ist schon ein Unterschied“, so die Mooms. Nach dm stehe dann noch der Einkauf in anderen Supermärkten an: „Wir klappern alle Geschäfte ab“, lachen die Eltern.

Drogerie-Produkte werden auf Flohmärkten in den Niederlanden weiterverkauft

Aber was bei dm vom Band läuft, landet nicht immer direkt im Kinder- und Badezimmer oder im Vorratsschrank. Wo die einen nur für den Eigenbedarf einkaufen, müssen andere systematische Geschäftsstrategien verfolgen. Denn im niederländischen Handel erzielen Duschgel, Zahnpasta und Co. horrende Preise. Lukrativer und günstiger als in den hiesigen Drogerien lassen sich die Produkte auf Flohmärkten weiterverkaufen. 

Die deutschen Kunden werden langsam sauer, wenn sie - wie jetzt kurz vor Ostern - vor leeren Regalen stehen oder der Parkplatz vollgestopft ist. In Kranenburg bilden sich fast jedes Wochenende lange Staus rund um das Einkaufszentrum am Haag. Die einen fordern eine Mengenregulierung, die anderen kritisieren genau das. Die NRZ hat nachgefragt. 

dm und Rossmann in der Grenzregion freuen sich über Kundenströme

Dass deutsche Drogeriemärkte das Ziel niederländischer Einkäufer sind, ist nichts Neues. „Entlang der Grenze, vor allem in Emmerich und Kleve, verzeichnen wir nach wie vor einen starken Zulauf niederländischer Kundinnen und Kunden“, bestätigt Oliver Leson, Gebietsverantwortlicher bei dm. Günstigere Preise und steuerliche Aspekte führten einfach zu einem „günstigeren Einkaufserlebnis“. 

Andere Entwicklungen seien nicht zu beobachten. Im Gegenteil: Die hohe Kundennachfrage in allen Sortimentsbereichen werde eingeplant, die Warenversorgung sei also rundum „gesichert“. Kaufempfehlungen oder gar Einschränkungen, wie sie viele während der Pandemie erlebt haben, seien daher nicht geplant. Das gilt auch für die Rossmann-Filiale in Kleve, wo man lieber aufräumt, als auf steigende Verkaufszahlen zu verzichten. Sollte es dennoch zu leeren Regalen kommen, ist Nina Kieslinger von der Unternehmenskommunikation zuversichtlich: „Dann werden wir natürlich schnell für Nachschub sorgen.

Es klingeln die Kassen

Für die Märkte klingeln also die Kassen. Die Konzerne wollen keine Regulierung, bei den deutschen Kunden ist die Situation sensibler. Bei einer nicht repräsentativen Umfrage im Emmericher dm-Markt gab es von den deutschen Kunden nur Schulterzucken und Kopfschütteln. „Ich finde es nicht gut, dass die Situation ausgenutzt wird. Es wird ja auch viel gekauft“, sagt die 56-jährige Bianca aus Emmerich. Ihren Nachnamen möchte sie nicht in der Zeitung lesen.

Bei dm in Kranenburg macht jemand den Einkaufswagen besonders voll.
Bei dm in Kranenburg macht jemand den Einkaufswagen besonders voll. Meist sind es Niederländer, die solche Artikel auf Flohmärkten verkaufen © (...) | Anja Lamers

Bisher habe sie noch auf kein Produkt verzichten müssen. Doch die Angst davor wächst: „Solange noch genug da ist, kann man doch wenigstens empfehlen, nur für den Eigenbedarf einzukaufen. Ich habe das Gefühl, die Einkaufswagen werden immer voller.“ Ähnlich sieht es eine Rentnerin aus Elten, die nicht namentlich genannt werden möchte. Beim Einkaufen habe sie schon Niederländer beobachtet, die das gleiche Produkt gleich wagenweise durch den Markt karrten: „Das geht zu weit. Die Sachen sind nicht dazu da, um teurer weiterverkauft zu werden.“ 

„Warum regt man sich darüber auf? Es ist doch eine Win-Win-Situation“

Denise
aus Emmerich

Eine Win-Win-Situation

Eine Handvoll Kunden hat sich in der Befragung klar für eine Regulierung ausgesprochen. Etwas mehr zeigten sich unbeeindruckt. „Warum regt man sich darüber auf? Es ist doch eine Win-Win-Situation“, begann die 44-jährige Denise aus Emmerich. Die deutschen Märkte hätten hohe Verkaufszahlen und die Niederländer könnten ihr Duschgel günstig kaufen: „Und wenn es auf Flohmärkten ist“. 

Dass der Ruf nach einer Beschränkung typisch deutsch sei, will sie nicht sagen, „aber man kennt das ja, Probleme zu machen, wo keine sind“. Solange die Kassen in den Märkten klingeln und die Regale aufgefüllt werden können, dürfte die Diskussion ohnehin fruchtlos bleiben. Wo die einen mit den Sorgen der Kunden abrechnen, erwarten die anderen weiterhin, dass die Quittung fernab der Kassen bald folgt.

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