Duisburg/Oberhausen. 33 Prozent ihrer Hautoberfläche ist verbrannt: Als Alissa Gedert den Brandunfall überlebte, war sie 22 Jahre alt. Heute ist sie „wunschlos glücklich“.
Am Abend des Unfalls saß Alissa Gedert (27) mit ihrer Familie am Tisch, als sie ein Feuerstoß in Flammen hüllte. Ein Freund hatte Bio-Ethanol in den Tischkamin gegossen. Die Stichflamme veränderte ihr Leben. Zahlreiche Operationen, Hautverpflanzungen und lange Krankenhausaufenthalte prägten die nächsten Monate.
„Ich sprang auf und versuchte, mich auszurollen. Dann packte mich mein Mann und warf mich in den Pool“, erinnert sich Gedert an den Moment, der ihr Leben rettete. Dr. Raouf Onallah (52), der leitende Arzt der Verbrennungsintensivstation im BG Klinikum Duisburg, erklärt: „Wie man löscht, ist vielfältig. Existenziell ist, dass Frau Gedert sofort gelöscht wurde.“ Er hatte die junge Frau aus Oberhausen behandelt – eine von rund 100 Schwerbrandverletzten pro Jahr in der Spezialabteilung.
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Die ersten 72 Stunden gehe es darum, zu überleben
Die Krankenschwester deckte sie ab, das Wundwasser lief ihr in die Augen: Als der Hubschrauber sie in das Klinikum flog, war sie noch bei Bewusstsein. Ihre Haut war zu 33 Prozent verbrannt, vor allem an der rechten Seite. Fünf Wochen wurde sie auf der Intensivstation über einen Luftröhrenschnitt künstlich beatmet. Dann folgten mehrere Monate stationärer Aufenthalt. „Sie hat das gesamte Ausmaß der Intensivmedizin durchlebt“, sagt Onallah. Das ist nun dreieinhalb Jahre her.
In den ersten 72 Stunden nach einer schweren Verbrennung gehe es darum, zu überleben, erklärt der Arzt. Die Patienten werden stabilisiert und die Wunden gereinigt und desinfiziert, um Infektionen zu verhindern – denn diese können tödlich sein. Danach folgt das Abtragen des verbrannten Gewebes. Später wird an gesunden Körperstellen die Haut oberflächlich abgehobelt. Die dünnen Hautstreifen werden dann auf die sauberen Wunden gelegt und befestigt. Bei weniger schweren Fällen reicht es, die gesäuberten Wunden mit Spezialverbänden zu versorgen. Auch ein Teil von Gederts Verbrennungen konnten so abheilen.
„Man fühlt sich wieder wie ein Kleinkind. Ich war hilflos.“
Zum langen, schmerzhaften Heilungsprozess zählte auch, auf die Hilfe der Pfleger und Pflegerinnen angewiesen zu sein. „Man fühlt sich wieder wie ein Kleinkind. Ich war hilflos.“ Verbrennungspatienten liegen lange, mehrere Monate seien es immer, so der Arzt. Begleitet werden sie von einem spezialisierten Personal. „Ich habe gelernt, geduldig zu sein und mein Schamgefühl verloren“, offenbart die 27-Jährige.
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Innerhalb weniger Sekunden wurde sie aus ihrem bisherigen Leben gerissen. Sie lernte, wieder zu gehen und zu sprechen. „Als die Physiotherapeutin das erste Mal kam, dachte ich, ich schaffe es nie.“ Beides kann sie mittlerweile wieder, doch teils nur eingeschränkt. So kann sie bis heute keine hohen Töne treffen und hat noch immer Probleme mit ihrem Arm.
Langer Heilungsprozess: „Der Mensch ist anpassungsfähig“
Trotzdem begreift Gedert ihr Schicksal schnell als zweite Chance. „Alle anderen haben mehr gelitten als ich. Sie wussten nicht, ob ich überlebe, und hatten jedes Mal Angst, wenn das Telefon klingelte“, erinnert sie sich. Für ihren Vater war der Anblick der schwer verletzten Tochter traumatisch: „Ich sah nicht mehr wie ich selbst aus, ohne Haare und völlig aufgeschwollen.” Auf der Station, erklärt Onallah, hängen daher keine Spiegel. Um das Geschehene zu verarbeiten, werden die Patienten psychotherapeutisch begleitet.
„Ich habe Glück gehabt und gelernt, wie kostbar das Leben ist.“
Gerade bei Schwerbrandverletzten beobachte Onallah einen beeindruckenden Lebenswillen und Optimismus. So auch bei Alissa Gedert: „Ich habe Glück gehabt und gelernt, wie kostbar das Leben ist.“ Wenige Monate nach ihrer Entlassung heiratete sie und begann, wieder in der Verwaltung zu arbeiten. Anderthalb Jahre später war sie schwanger. „Es wurde alles besser danach.“ Heute hilft sie mit permanenter Kosmetik anderen Schwerbrandverletzten, mit ihrem veränderten Aussehen zu leben. Trotz der fortlaufenden Physiotherapie, die sie wahrscheinlich ihr Leben lang begleiten wird, ist sie „wunschlos glücklich“.
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