Düsseldorf. Dorothée Scriba ist verzweifelt: Ihr geliebter Hahn muss weg, weil eine Nachbarin geklagt hat. Die Frist läuft ab - doch keiner will „Bigfoot“.
Als Dorothée Scriba über den kommenden Sonntag spricht, kann sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Nur noch vier Tage bleiben ihr, um ein neues Zuhause für ihren Hahn Bigfoot zu finden. Am 30. Juni läuft die Frist ab, die ihr die Stadt gesetzt hat. Dann muss das Tier vom Grundstück verschwunden sein. „Ich kann das gar nicht glauben, dass ich in ein paar Tagen vielleicht meinen kerngesunden Hahn einschläfern lassen muss“, sagt sie und schluchzt. Ein letzter Funken Hoffnung bleibt, dass sich doch noch jemand findet, der das tierische Opfer eines erbitterten Nachbarschaftsstreits aufnehmen kann.
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Was ist da los in der Tannenhofsiedlung in Düsseldorf-Vennhausen? Kurz nachdem der Hahn Bigfoot am 5. Mai 2019 im Wohnzimmer der Familie Scriba geschlüpft war und gemeinsam mit seinen Brüdern das Krähen entdeckte, begann der Streit mit einer Nachbarin, deren Haus an den Garten mit Hühnerstall angrenzt. Nach vielen Diskussionen setzte die Frau, die sich in ihrer Ruhe gestört fühlte, durch, dass die Familie zwei ihrer drei Hähne abgab. „Aber Bigfoot haben wir behalten, er war unser erstgeborenes Küken.“
Die Stadt Düsseldorf hatte die Beschwerde der Nachbarin zunächst abgelehnt
Die Nachbarin aber gab keine Ruhe und klagte gegen die Stadt, die ihre Beschwerde über die Hühnerhaltung zuvor zurückgewiesen hatte. Denn die gehört sogar traditionell zum Konzept der Vennhauser Siedlung. Bei der Gründung der Siedlung wurden in den Selbstversorgergärten die Ställe gleich mitgebaut. Die Nachbarin klagte weiter, der Fall ging bis vor das Oberverwaltungsgericht in Münster. Das entschied im Mai 2024, kurz nach Bigfoots fünftem Geburtstag, dass sich der Hahn nicht mehr in Stall und Garten aufhalten darf.
Das Urteil ist gesprochen, der Hahn muss weg und die Traurigkeit im Hause Scriba ist groß. Es waren die Kinder, die sich damals den Namen Bigfoot ausdachten, weil er schon als Küken so riesige Füße hatte. Anfangs lebte er mit seinen ebenfalls frisch geschlüpften zwei Brüdern und drei Schwestern in einem Mini-Gehege im Wohnzimmer. „Es gibt Bilder, da sitzt Bigfoot bei uns auf dem Sofa und schaut Fernsehen“, sagt Dorothée Scriba und lächelt bei der Erinnerung an diesen Moment.
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Als Bigfoot kräftig genug war, zog er mit den anderen in den gemauerten Stall im Garten. „Er hat nie vor sieben Uhr gekräht, weil er sich unserem Tagesrhythmus angepasst hat.“ Andere Hähne in der Siedlung höre man schon viel früher am Morgen krähen, aber der Groll der Nachbarin habe sich nur gegen ihren Hahn gerichtet. Und auch das Gericht habe nicht interessiert, dass an anderen Orten in der Nachbarschaft Hühner und Hähne ihr Leben leben dürften.
Bigfoot ahnt nichts davon, dass sich seine Zeit im Vennhauser Garten dem Ende zuneigt. Er ist damit beschäftigt, seine drei Damen in Schach zu halten. Als Dorothée Scriba die Klappe vom Hühnerstall öffnet, stolziert das Oberhaupt heraus und ruft die Hennen herbei, damit sie ihm nach draußen folgen. Sein Gesicht ist unter den üppigen Federn der Rasse „Cream Legbar“ kaum zu sehen. Der Hahn plustert sich auf und kräht.
Dorothée Scriba hat frische Maiskolben geholt und wilde Erdbeeren aus dem Garten. Bigfoot hat die Leckereien als erster gesehen und macht Lockgeräusche, damit auch die Hennen Emmy, Coco und Leo etwas von dem Festmahl abbekommen. Er pickt die Erdbeeren für sie aus dem Futternapf und legt sie ihnen hin. „Der ist sozialer als so manche Menschen.“
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Wie geht es jetzt weiter? Dorothée Scriba zuckt mit den Schultern. Sie hat schon all ihre Kontakte ausgeschöpft, um eine neue Bleibe für ihren Hahn zu finden. „Ich habe sogar Gnadenhöfe in Österreich angeschrieben.“ Das Problem ist, dass Bigfoot ein Hahn mit starkem Charakter ist. Er verteidigt seine Hennen und hackt je nach Laune auch mal durch den Zaun, wenn man sich ihm nähert. Frei laufend auf einem Bauernhof wäre er nicht gut aufgehoben. „Er braucht einen abgegrenzten Bereich, wo er mit anderen Hühnern sein kann.“
Die SPD-Bezirksvertreterin Astrid Bönemann unterstützt die Familie bei ihrer Suche. Sie hat kürzlich einen Aufruf auf Facebook zur Rettung des Hahnes gemacht und danach einige positive Rückmeldungen bekommen. Aber etwas Konkretes ist noch nicht dabei. Astrid Bönemann schüttelt den Kopf über die Klage gegen den Hahn. „Man hört hier, dass diese Nachbarin die ganze Siedlung terrorisiert.“ Sie soll auch bellende Hunde angezeigt haben und sich neulich über die Geräusche eines Polterabends beschwert haben.
Eine Skulptur mit ausgestrecktem Mittelfinger steht im Fenster der Nachbarin
Das Haus der Klägerin ist vom Garten aus zu sehen. In einem der Fenster steht eine Skulptur. Die habe die Nachbarin nach dem gewonnenen Gerichtsprozess aufgestellt. Zu sehen ist eine Hand mit ausgestrecktem Mittelfinger. Dorothée Scriba wischt den Groll weg. Jetzt geht es um ihr Tier. Wenn sie bis Sonntag keine Rettung für den Hahn findet, wird sie ihn nach Ablauf der Frist ins Haus holen und dann die Tierärztin anrufen müssen – um Bigfoot einschläfern zu lassen.
Kontakt per E-Mail: bigfoot.duesseldorf@web.de